Aufreißen kann weh tun

Die Dortmunder Tatorte greifen ja immer ganz besondere Familiengeschichten auf. Letztes Jahr war es das große Crossover mit dem Münchener Team in der Doppelfolge In der Familie und an diesem Sonntag gibt es pünktlich zur vierten Coronawelle die Folge Masken mit ebenfalls manch sonderbarer Familien- und Beziehungskonstellation.

Das vierblättrige Ermittlerkleeblatt aus Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Bönisch (Anna Schudt), Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und Jan Pawlak (Rick Okon – wir warten auf Staffel 3 von Das Boot) bekommt es hier mit einem ganzen Geflecht aus Partner- und engsten Freundschaften, Betrug und Seitensprüngen zu tun. Allerdings schält sich dies erst nach und nach heraus – wie es sich für einen guten Kriminalfall eben gehört. Eines aber bleibt: Faber wird trotz aller Verführungsversuche von Bönisch nicht zum Vegetarier!

Maske: Peter Faber (Jörg Hartmann, links) und Martina Bönisch (Anna Schudt, rechts) nahmen inkognito an einem Seminar teil, das Zahnarzt Dr. Johannes Oberländer hielt. // © WDR/Zeitsprung pictures/Thomas Kost

In den Tod gelaufen

Ausgangslage: Polizeihauptmeister Nicolas Schlüter (Daniel Kötter) ist auf seiner morgendlichen Joggingrunde im Park unterwegs und wird dort von einem (wie wir später erfahren: seinem) Auto in einer recht gut nachvollziehbaren Szene überfahren. Die Kolleginnen und Kollegen aus seiner Wache sind bald vor Ort, das Kleeblatt ebenfalls. Besonders betroffen scheint sein Streifenpartner und bester Freund Paul Lohse (Jonas Friedrich Leonhardi) zu sein, aber auch an Dienststellenleiterin Katrin Steinmann (Anne Ratte-Polle) scheint der Tod des beliebten Kollegen nicht spurlos vorbeizugehen. Bönisch und sie kennen sich übrigens von der Polizeischule vor 20 Jahren, der Kontakt riss aber schließlich ab.

Katrin Steinmann (Anne Ratte-Polle), Leiterin der Polizeiwache Hörde, tröstet ihre Tochter und Kollegin Jessica Steinmann (Michelle Barthel). Paul Lohse (Jonas Friedrich Leonhardi, hinten) und Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann, hinten rechts) beobachten die beiden am Tatort. // © WDR/Zeitsprung pictures/Thomas Kost

Schlüters Frau Simone (Kyra Sophie Kahre) wiederum ist schwanger, ihr Exfreund Lohse – ja derselbe – steht ihr aber mit Hand und Herz zur Seite. Steinmanns ebenfalls in der Dienststelle Dortmund-Börde beschäftigte Tochter Jessica (Michelle Barthel) wiederum rückt erst später in den Fokus des Ermittlerteams. Begleitet und umrahmt wird dies wie fast schon üblich von so mancher Liebelei der Kommissare Faber und Bönisch sowie dem am Rande erzählten Verschwinden von Pawlaks Frau – hier wird vermutlich Stoff für künftige Fälle aufgebaut. Aber auch das Mordopfer stellt sich als alles andere als ein Kind von Unschuld heraus.

Das Dickicht durchdringen

Es ist wie gesagt ein recht dichtes Geflecht von Beziehungen, das hier Stück für Stück aufgedeckt wird und die, teils lange zurückliegenden, Techtelmechtel der Ermittler verkomplizieren die Lage an mancher Stelle noch weiter, auch innerhalb des Teams – manchmal machen Kontaktbeschränkungen halt doch Sinn. Aber gleichzeitig ergibt sich aus diesem dichten Geflecht doch eine Reihe von plausiblen Motiven für verschiedene Verdächtige, denen das Ermittlerteam nach und nach nachgehen muss. 

Die Kommissare Bönisch und Faber mit KTUler Sebastian Haller (Tilmann Strauß) und Rechtsmedizinerin Dr. Greta Leitner (Sybille Schedwill, v.l.n.r.) // © WDR/Zeitsprung pictures/Thomas Kost

Dass sie dies mit einer gewissen Stringenz und Konsequenz erledigen, lässt den Fall in der Tat vor allem im Mittelteil ein wenig in den Hintergrund rücken, aber das tut der Spannung absolut keinen Abbruch. Im Gegenteil, unter der Regie von Ayse Polat sowie dem Drehbuch von Arnd Mayer und Claudia Matschulla ergibt sich ein packender Fall, der sehr gut inszeniert und erzählt ist. 

Selbst die ursprüngliche Befürchtung, die sich aus der Folgenbeschreibung ergab, dass Rick Okons Pawlak ob der Abwesenheit seiner Frau mit dem Kopf gänzlich an anderer Stelle sein dürfte, hat sich nur sehr bedingt bewahrheitet. Stattdessen bringt er seine Tochter in Latzhose und rosa T-Shirt mit ins Büro. Ist es Zufall, dass sich Rosa um das Mädchen in rosa kümmert? Egal, Office Schooling ist mittlerweile ja auch ein zunehmend bekanntes Phänomen.

Gepfeffert und gesalzen

Zurück zum Fall: Der ist wie gesagt überaus spannend, am Ende gibt es einen weiteren familien- und beziehungsbezogenen Twist, der zwar schon ein klein wenig an den Haaren herbeigezogen ist, aber wir wissen schließlich, dass im Pfefferpotthast, äh Pott vieles anders ist. Aber gut, wir sind ja für neue Beziehungsmodelle offen und in diesem Fall könnte man in der Tat sagen: Why not?

Polizeiwache Dortmund-Hörde: Pawlak befragt Paul Lohse, (Jonas Friedrich Leonhardi, rechts), den Freund und Kollegen des getöteten Polizisten // © WDR/Zeitsprung pictures/Thomas Kost

HMS

Tatort: Masken läuft am Sonntag, 28.11.2021, um 20:15 Uhr im Ersten, um 21:45 Uhr auf one und ist bis zum 21. Mai 2022 in der ARD-Mediathek verfügbar.

Tatort: Masken; Deutschland 2020/2021; Regie: Ayse Polat; Drehbuch: Claudia Matschulla, Arnd Mayer; Darsteller: Jörg Hartmann, Anna Schudt, Stefanie Reinsperger, Rick Okon, Sybille J. Schedwill, Tilman Strauss, Anne Ratte-Polle, Michelle Barthel, Jonas Friedrich Leonhardi, Kyra Sophia Kahre, Simon Böer, Daniel Kötter, Oliver Reinhard; Laufzeit: ca. 88 Minuten; Eine Produktion von Zeitsprung pictures GmbH im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks für Das Erste.

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