Ein Leben für 73 Cent

Beitragsbild: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, links) und Johanna Stern (Lisa Bitter) verfolgen einen Tatverdächtigen. // © SWR/Benoit Linder

Mord im Spätkauf: Dessen Betreiber Sandro Esposito (Christoph Gaugler) liegt erschlagen hinter dem Tresen. Der Kopf blutüberströmt, in der Kehle stecken ganze 73 Cent (das sind 1,42 DM, wie vermutlich manch prototypischer Tatort-Fan automatisch nachrechnen dürfte). Auch wenn es auf den ersten Blick nach Raubmord aussieht, ermitteln die Ludwigshafener Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, deren Autobiografie Ich muss raus am Montag erscheint) und Johanna Stern (Lisa Bitter) im Tatort: Der böse König auch in Richtung eines persönlichen Motivs.

War es der Narzisst oder der Dealer?

Unter Verdacht stehen die beiden „Sympathieträger“ Anton „Antoine“ Maler (Christopher Schärf) und Jannik Berg (Pit Bukowski, Das Boot), die ihre „Zuneigung“ zueinander offen zur Schau stellen. Maler ist irgendwas zwischen Paketbote und Programmierer und kümmert sich „aufopferungsvoll“ um seine Freundin (Lana Cooper, uns zuletzt bekannt aus unserem Haus) oder Ex-Freundin (aktueller Status: unbekannt), trägt aber mindestens leicht narzisstische Züge. Dem gegenüber steht sein Bekannter aus dem Dartclub, Berg, der dezent kleinkriminell mit Betäubungsmitteln handelt und mit der Tatwaffe in Verbindung gebracht werden kann.

Ein Zeuge, der nach seiner Befragung Selfies macht, ist Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) noch nie begegnet … Anton Maler (Christopher Schärf) demonstriert seine Gelassenheit. // © SWR/Benoit Linder

Im Tatort: Der böse König geht es ganz klassisch um die Lösung eines Kriminalfalls. Anders als so mancher Vorgänger, auch dem direkten Vorgänger Hetzjagd, werden hier keine großen gesellschaftlichen Themen aufgegriffen. Die Kommissarinnen Odenthal und Stern – letztere steht dieses Mal etwas mehr im Vordergrund – ermitteln gegen und teils mit zwei Alphatierchen. Der immer stärker nach vorne tretende Narzissmus des einen stellt die beiden Frauen aber zunehmend vor ein Problem und die Lösung des Falls erfordert daher ihr ganzes Geschick und vermutlich auch ein wenig weibliche Intuition.

Diese Intuition führt an einer Stelle aber auch auf eine falsche Spur und bringt an anderer Stelle Kommissarin Stern zumindest indirekt und eine ihrer Töchter direkt in Gefahr. So startet Der böse König erst ein wenig schleppend, entwickelt sich nach und nach jedoch zu einem spannenden und sehr fokussierten Fall, der sich stetig zum Finale hinarbeitet und die Spannungsschraube solide anzieht.

Warum ist Jannik Berg (Pit Bukowski) zunächst vor der Polizei geflohen? // © SWR/Benoit Linder

Fallgetriebene Spannung

Das liegt nicht zuletzt an der überzeugenden schauspielerischen Leistung der Protagonistinnen und Protagonisten, die allesamt eine mehr als solide Leistung abliefern. Ähnlich wie in Hetzjagd gibt es auch hier wieder ein, zwei eingestreute queere Momente, ohne dass diese die Handlung auffressen oder forciert wirkten. Dieses selbstverständliche Einbinden beispielsweise einer schwulen Beziehung freut. 

Das Drehbuch von Martin Eigler, der auch Regie führte, ist wie angedeutet zielgerichtet, erlaubt sich wenige Schlenker. Jedoch erklärt es den gewählten Titel Der böse König nicht. Oder falls doch, hat es sich uns nicht erschlossen (wobei wir eine Vermutung haben). Das macht am Ende aber auch nichts, denn wichtig ist vor allem, dass hier unterm Strich ein fallgetriebener, alles in allem sehr spannender und unterhaltsamer Tatort steht. 

Murat Korkmaz (Özgür Karadeniz, links) und Peter Neubauer (Bernhard Conrad) berichten Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) von einem Streit mit dem Ermordeten. // © SWR/Benoit Linder

Tatort: Der böse König läuft am 11.4.2021 um 20:15 Uhr im Ersten, um 21:45 Uhr auf one und ist bis zum 11. Oktober 2021 in der ARD-Mediathek verfügbar.

Tatort: Der böse König; Deutschland, 2021; Regie & Buch: Martin Eigler; Kamera: Andreas Schäfauer; Musik: Jens Grötzschel; Darsteller*innen: Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Christopher Schärf, Pit Bukowski, Lana Cooper, Özgür Karadeniz, Bernhard Conrad, Annalena Schmidt, Peter Espeloer, Kailas Mahadevan, Daniel Wagner, Christoph Gaugler; Laufzeit ca. 88 Minuten; Eine Produktion des Südwestrundfunks

Unser Schaffen für the little queer review macht neben viel Freude auch viel Arbeit. Und es kostet uns wortwörtlich Geld, denn weder Hosting noch ein Großteil der Bildnutzung oder dieses neuländische Internet sind für umme. Von unserer Arbeitstzeit ganz zu schweigen. Wenn ihr uns also neben Ideen und Feedback gern noch anderweitig unterstützen möchtet, dann könnt ihr das hier via Paypal, via hier via Ko-Fi oder durch ein Steady-Abo tun. Vielen Dank!

About the author

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert