HelloFresh: Kochen ohne Stress, dafür aber mit Abstrichen

Es gibt ja in der Corona-Krise auch einige Profiteuere. Einer davon ist das Berliner Unternehmen HelloFresh, das Kochrezepte und die bereits abgewogenen Zutaten bis an die Haustür liefert. Während des gelockerten Lockdowns nicht nach draußen zu müssen, um Nahrungsmittel einzukaufen, ist auf jeden Fall eine wichtige und sinnvolle Maßnahme, um das Social (oder Physical) Distancing auch zu leben. Wir haben das Angebot noch während des strengeren Lockdowns ausprobiert und eine Box für zwei Personen und drei Mahlzeiten bestellt. Unsere Erfahrungen und Eindrücke mit unserer Lieferung möchten wir natürlich mit Euch teilen.

Einfache Registrierung und spannende Rezepte

Los ging es mit einer Registrierung auf dem Notebook oder alternativ auch per App auf dem Smartphone. Hier einige Daten zum Besteller, zum Lieferort und, nicht zu vergessen, zur Bezahlung angeben und schon ist der erste Schritt erledigt. Anschließend kann man den Lieferzeitpunkt (Wochenende kostet ein wenig Aufschlag, Mittwochmorgen wiederum ist günstiger) auswählen und bei Bedarf eine Abstellgenehmigung vor der Tür, auf der Terrasse o. ä. erteilen. Die erste Lieferung erfolgt dann ein bis zwei Wochen später. In der Regel schließt man aber ein Abo ab, das man noch eigenständig aussetzen oder kündigen muss, was einem nicht unbedingt leicht gemacht wird – dazu später mehr.

Nun stand die Auswahl der Rezepte an. Hier steht eine kleine zweistellige Zahl an vegetarischen und nicht-vegetarischen Gerichten zur Verfügung, die wohl im Wochentakt wechseln. Wir haben uns für ein zitroniges Seehechtfilet dazu Kartoffelsalat mit Gurke und Radieschen, ein pikant mariniertes Rinderhüftsteak mit Kartoffelpüree und Zucchinigemüse sowie einen cremigen Süßkartoffeleintopf mit Paprika, Spinat und gerösteten Mandelblättchen entschieden. Auf der Homepage, bzw. in der App unterstützen einen bei der Auswahl Bilder der fertigen Menüs sowie eine Auflistung der nötigen und später gelieferten Zutaten. Auffällig und ein wenig schade ist, dass die Auswahl der Menüs für vegetarische Kochboxen quasi identisch mit denen der nicht-vegetarischen zu sein scheint. Vereinfacht ausgedrückt: nicht-vegetarisch = veggie + Steak- und Fischrezepte. Als Veggie-Kunde würde man sich wohl etwas mehr Aufmerksamkeit wünschen.

Nach Absendung der Bestellung kam eine Bestätigung und zwei Tage später eine Info, dass die Lieferung wegen der aktuellen Corona-Situation einen Tag früher kommen würde. Das war uns zwar egal, aber es kann dennoch ärgerlich sein. Was ist, wenn ich einen Tag früher nicht anwesend bin? Sollen mein Fisch und mein Steak dann über Nacht vor meiner (Wohnungs-)Tür stehen? So lange hält der mitgelieferte Kühlakku vermutlich nicht durch. Hier würde man sich bei allem Verständnis für die Corona-Situation wünschen, dass es auch kurzfristig ein Rücktrittsrecht gibt.

Lieferung: pünktlich und gut (manchmal zu gut) verpackt

Unsere Lieferung kam dann aber pünktlich und wir konnten sie gut online verfolgen. Dafür ein großes Lob, denn da haben wir mit der Konkurrenz von DHL oder dpd auch schon andere Erfahrungen gemacht. Die Box war groß, die Freude auch und das Auspacken machte uns riesig Spaß. Die Lebensmittel waren wirklich sehr frisch und – soweit erforderlich – gut gekühlt. Die Portionen erschienen uns anfangs ein wenig klein, haben uns aber allesamt sehr satt gemacht. Das deckt sich mit einer am 2. Mai von HelloFresh veröffentlichten Studie zu Lebensmittelverschwendung, die besagt, dass sich Lebensmittelabfälle durch die Kochboxen um mindestens ein Drittel verringern. Die Qualität der Lebensmittel war überwiegend tadellos. Das Steak allerdings war ein wenig faserig. Da es sich hier um die zentrale und kostenintensive Zutat eines der Rezepte handelte, gibt das einen Minuspunkt.

Zitroniges Fischfilet dazu Kartoffelsalat mit Gurke und Radieschen / Bild: © thelittlequeerreview

Einige weitere Sachen fielen uns eher unangenehm auf: Obwohl sich HelloFresh dem Umweltgedanken und nachhaltiger Produkte verschrieben hat – die Papiertüten inklusive des Verschlusses kann man im Biomüll entsorgen, das Wasser der Kühlakkus wird zum Gießen der Pflanzen empfohlen (wir haben sie für den Sommer erst mal ins Gefrierfach gepackt) – viele Produkte produzieren große Mengen an Müll. Klar, es ist schwierig kleine Mengen an Senf zu verpacken oder einzelne Kräuterstiele frisch zu halten – aber dennoch fällt für viele Dinge unverhältnismäßig viel Verpackungsmüll an. Das liegt wohl auch daran, dass die einzelnen Gerichte jeweils als abgeschlossenes Produkt gesehen werden. So kam es dazu, dass zwei kleine Netze Kartoffeln in unserer Box waren sowie für das dritte Rezept noch ein paar lose Exemplare. Mindestens ein Netz hätte man sich wohl sparen können, um ein (zugegeben geringfügiges, aber dennoch vorhandenes) Beispiel zu nennen. Bei vielen anderen Produkten, beispielsweise einigen Kräutern, geht es ja auch im Papiertütchen (was immer noch eine gute Menge an Müll ergibt, zumal diese auch teils mit Plastik verstärkt waren, aber wenigstens halbwegs ökologisch).

Punkt zwei: Kartoffeln. Wir mögen Kartoffeln. Wäre das nicht so, hätten wir nicht drei Rezepte gewählt, die ganz wesentlich aus Erdäpfeln bestehen. Nichtsdestoweniger machten sie einen ganz großen Teil der Lieferung aus. In der Regel sind Kartoffeln jedoch nicht teuer. Bei einem Preis von umgerechnet knapp 6 Euro pro Portion (wie einem bei der anfänglichen Bestellung auch vorgerechnet wird) machen die verhältnismäßig günstigen Kartoffeln also einen wesentlichen Bestandteil jeder Mahlzeit aus. Im Supermarkt im Drei-Kilo-Sack gekauft bezahlt man gut und gerne drei bis vier Euro für ein Vielfaches der Menge, Süßkartoffeln fallen etwas teurer aus. Klar, wenn man bei HelloFresh bestellt, geht es auch um die Lieferung, um die Zeitersparnis und die Kreativität bei der Vorbereitung der Rezepte. Heruntergebrochen auf das einzelne Menü aber zeigt sich, dass einzelne Lebensmittel wie beispielsweise Kartoffeln eben einen unverhältnismäßig hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen. Allerdings muss man dazu sagen, dass die Kartoffeln von ausgezeichneter Qualität waren. 

Und nun – Futtern

Nun aber zu den Rezepten und dem Kocherlebnis: Die Rezepte sind sehr abwechslungsreich, gut bebildert und enthalten auch Nährwertangaben. Sie sind in der Regel recht einfach nachzukochen und dank der frischen Zutaten ergeben sich auch sehr gute und ausgewogene Mahlzeiten. Allerdings kam es auch vor, dass wir in einem Arbeitsschritt eine Gurke aushöhlen und den festen Teil anschließend klein schneiden mussten. Was aber mit dem Kerngehäuse passieren sollte, war uns nicht klar und nirgendwo erläutert. Sollten wir die wegwerfen (haben wir natürlich nicht gemacht)? Oder in den Dip einrühren (haben wir gemacht)? Ab und zu sind die Rezepte also nicht bis zum Ende durchdacht, bzw. ein Hinweis („Kerne wegwerfen“) wäre dann sehr hilfreich.

Nicht direkt hilfreich, jedenfalls für uns, aber schlicht sympathisch und sehr kundenorientiert sind einige weitere Hinweise auf den kartonierten Rezeptblättern. Aufgrund der aktuellen Situation wird beispielsweise gesondert darauf hingewiesen auf Allergene zu achten, die Notwendigkeit des Händewaschens wird betont, die benötigen Küchenutensilien werden genannt und ebenso findet sich neben einer Nährwerttabelle auch eine Übersicht der Herkunftsländer der Zutaten. Das finden wir gut.

Aromatisch am ausgereiftesten fanden wir das Steak, hier ist das Mischverhältnis Marinade zu Fleisch und Aroma durch Beilagen am ausgewogensten und musste nicht ergänzt werden. Der Fisch war durchaus auch sehr gut, Seehecht ist ohnehin immer eine feine Wahl. Das Rezept war bis auf Kerngehäuse-Gate von vorn bis hinten gut beschrieben und somit auch für Leute geeignet, die sich nicht sonderlich gern ans Fischbraten wagen. Der Kartoffelsalat war nahezu perfekt. Ein wenig nachgewürzt haben wir hier und da, aber das ist schon okay und die einen mögen es eben zitroniger als die anderen. Mehr oder weniger enttäuschend fiel dann der Süßkartoffeleintopf aus, wenn auch auf hohem Niveau. Süßkartoffel kommt bei uns häufig auf den Tisch, cremige Eintöpfe sowieso. Da haben wir in Eigenregie schon pfiffiger und dennoch simpel gekocht und gewürzt. Außerdem ein Ärgernis, dass Petersilie und Thymian zusammen (in einem Plastiktütchen) verpackt waren und der Thymian bereits ein wenig zerfallen und braun war, die Pickerei hat schlicht genervt.

Pikant marinierte Rinderhüftsteaks mit cremigem Kartoffelpüreee und Zucchinigemüse / Bild: © thelittlequeerreview

Generell aber waren alle drei Speisen lecker und ließen sich gut kochen sowie simpel verfeinern. Angemerkt sei, dass hier zwei nicht ganz unerfahrene Hobbyköche schreiben. 

Achtung: Aufpassen bei der Abokündigung

Zuletzt noch der Punkt Kündigung: Man schließt, wie bereits erwähnt, grundsätzlich ein Abo ab, wenn man bei HelloFresh bestellt. Darauf wird man zwar hingewiesen, muss sich aber dennoch darum kümmern, dass dieses nicht automatisch weiterläuft. Das allein ist schon einmal ärgerlich. Eine Abbestellung des Abos (oder ein ein- oder mehrmaliges Aussetzen der Bestellung, z. B. im Urlaub) ist möglich und zuweilen auch sinnvoll. Wir wollten das Angebot erst einmal probieren, um festzustellen, ob es etwas für uns ist. Ergo wollten wir das Abo dann erst einmal aussetzen.

Dies muss immer bis Dienstag, 23:59 Uhr, für die Folgewoche geschehen. Dadurch dass unsere Lieferung auf Dienstag vorgezogen wurde (s. o.) und wir aber erst mal abwarten wollten, ob wirklich alles passend ankommt, hatten wir de facto nur ein Zeitfenster von wenigen Stunden, um diese Abbestellung anzukündigen (und konnten kaum die Lebensmittel probieren). Das stellte sich jedoch als sehr schwierig heraus. Dienstagabend waren die Server überlastet als wir auf der Homepage unsere Abbestellung für die Folgewoche mitteilen wollten. Wir haben es an mehreren Notebooks, in verschiedenen Browsern und verschiedenen WLANs versucht. Die Seite hat aber stundenlang nicht geladen.

Im Chat mussten wir mehrfach mit Personen (oder Chatbots) vom Kundenservice schreiben. Alle schrieben, dass es „gerade technische Probleme“ gebe. Die ersten beiden sagten, dass sie auch keine Abbestellung direkt im Chat entgegennehmen konnten. Erst der dritte Chatpartner konnte dies tun und schickte dann auch prompt eine Bestätigung der Abbestellung per Mail. Dieser eigentlich einfache Schritt kostete uns aber insgesamt drei Stunden unserer Lebenszeit – und genau diese wollten wir ja eigentlich auch mit unserer Bestellung besser nutzen als sich Gedanken über Rezepte zu machen und durch Supermärkte zu flitzen. Das war extrem ärgerlich und da die Abbestellung für die Folgewoche noch vor dem ersten Kochversuch lag, wurde uns direkt die Lust am Ausprobieren ein wenig genommen.

Cremiger Süßkartoffeleintopf mit Paprika, Spinat und gerösteten Mandelblättchen / Bild: © thelittlequeerreview

Fazit: Gute Menüs, Verbesserungspotential aber durchaus gegeben

Das Gesamtfazit ist aber dennoch positiv. HelloFresh hat eine relativ große Auswahl an Menüs, die Zutaten sind tatsächlich frisch, die Portionen ausreichend und die Rezepte abwechslungsreich und überwiegend ausgefeilt – zumal wenn man selbst gerne kocht und auch selbst ein Gespür dafür hat, welches Gewürz aus der heimischen Küche an einer bestimmten Stelle noch passen könnte. Man bezahlt aber nicht nur für die eigentlichen Zutaten, sondern für die Kreativität der Rezepte, die Lieferung an die Haustür (wo man wie gesagt tatsächlich besser zu Hause sein sollte) und die Zeit, die man sich spart, weil man nicht in den Supermarkt gehen, Sachen einpacken und an der Kasse anstehen muss. Die Bestellung eignet sich also vermutlich für Leute, die gerne kochen, aber sich die Zeit sparen wollen, Kochbücher zu wälzen, sich Rezepte auszudenken oder keinen Bock auf den Supermarkt haben. HelloFresh sollte aber auf jeden Fall beim Service nachlegen und auch bei der Papier- und Plastikflut könnte man bestimmt noch mal etwas drauflegen oder vielmehr wegnehmen. Ansonsten gilt: guten Appetit!

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