Pilgern mit Stolperfallen

Jeder hat sein Kreuz zu tragen. Jesus musste sich sogar an ebenjenes nageln lassen, aber auch die meisten von uns tragen Ballast mit sich herum. Das gilt auch für den Medienschaffenden Christian Busemann, der unter anderem durch seine Buchreihe Papa to go für (werdende) Väter einer breiteren Öffentlichkeit ins Bewusstsein rückte.

Ein Pilgertagebuch

Busemanns Kreuz ist vor allem der Stress, beziehungsweise mangelnde Regeneration. Also beschließt er, sich Zeit für sich selbst zu nehmen und auch seinem Vater näherzukommen, der verstorben war als Busemann noch ein Kind war. Da die italienische Stadt Assisi für seinen Vater eine Art Kraftspeicher war, beschließt Busemann auf dem Franziskusweg von Florenz dorthin zu pilgern. Seine Erfahrungen hat er in dem Mitte März erschienenen Buch Easy nach Assisi – Pilgern für Einsteiger aus dem Goldmann Verlag festgehalten.

Busemann beschreibt eingangs recht ausführlich, in welcher Situation er sich damals befand, wie er auf den Franziskusweg als Strecke kam und welche vorbereitenden Maßnahmen er traf bevor es losging. Im Mittelteil illustriert er seine Erfahrungen während des Pilgerns, welche Erkenntnisse er hatte und auch den einen oder anderen Fauxpas oder Fehlplanungen. In Assisi angekommen trifft er sich schließlich mit einem alten Freund seines Vaters und erfährt während des Sightseeings vor Ort trotz aller körperlicher Anstrengung durch die Pilgerfahrt, welche Kraft ein solcher Ort auf Menschen ausüben kann – auch auf ihn selbst.

Wanderungen mögen wohlgeplant sein

Zuerst einmal ist anzumerken, dass Busemann ein wirkliches Pilger-Greenhorn ist. Er kam eher durch Zufall auf die Idee und überhaupt war er wohl noch nie eine längere Strecke gelaufen. Das verhehlt er auch mit keinem Satz und es erklärt wunderbar, wieso er sich zu Beginn noch etwas unbeholfen durch Pilgerforen im Internet, den lokalen Globetrotter oder die Welt der Wanderführer manövriert. Auch wenn er versucht, sich trotz des weiterlaufenden Alltags auf die Reise vorzubereiten, wirklich erfolgreich ist er dabei nicht immer.

Das führt zu einigen Fehlschlägen: falsche Ausrüstung (für viel Geld) besorgt, schlechte Unterkunft am ersten Tag oder doch mal durchnässt unter dem Baum stehen, während die eigentliche Pilgerunterkunft gar nicht mehr so weit entfernt ist. Busemann beschreibt schonungslos und durchaus sehr selbstironisch, an welchen Kleinigkeiten er teils scheitern musste.

Mancher Fehler hätte sich durchaus vermeiden lassen. Dass er beispielsweise viel zu viel Gepäck eingepackt hatte – Christine Thürmer wäre im Dreieck gesprungen, hätte sie Busemanns Packliste gesehen – war von Anfang an offensichtlich. Und einfach eine Unterkunft für die erste Nacht zu buchen und das ganz bewusst, ohne sich darüber zu informieren, das kann halt auch schiefgehen.

Mitleid und Humor

Gleichzeitig beschreibt Busemann recht eindrücklich, welche Gedanken ihn während der Pilgerreise begleiteten und wie er doch ein wenig Kraft aus seiner Wanderung ziehen konnte. Auch wenn ihm der Glaube vielleicht nicht so viel bedeutet wie beispielsweise dem früheren CDU-Generalsekretär Peter Tauber, die Wallfahrt scheint für ihn durchaus einen Mehrwert gehabt zu haben und das illustriert er über die knapp 300 Seiten hinweg eigentlich sehr gut.

Als Leserin oder Leser ist man somit hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Empathie auf der einen sowie Schadenfreude und vielleicht auch ein klein wenig Häme auf der anderen Seite. Dafür sorgt aber auch ganz entscheidend der Ton des Buchs. Busemann ist alles andere als frei von Selbstironie oder Humor. Kleine Fehlschläge steckt er recht gut weg, kommentiert diese gerne über die Story hinweg und zieht zwischendurch sogar immer wieder kurze „Pilger-Lektionen“ für die Leserinnen und Leser. Außerdem gibt es immer wieder Hinweise und Hintergrundinfos zu Orten und vor allem dem Heiligen Franz von Assisi, die noch ein wenig zur Allgemeinbildung beitragen.

Mancher Gag zündet nicht

Das ist durchaus hilfreich, auch wenn man sich an den Ton hin und wieder gewöhnen muss. Ganz Medienschaffender ist Busemann wie gesagt um keinen Gag verlegen und somit passiert es leider auchab und an, dass der eine oder andere Witz nicht so zündet. Oder zumindest meinen Humor trifft. Die Lektüre erinnerte in der Tat an das eine oder andere Buch eines anderen Witzeschreibers, nämlich Tommy Jaud. Wer dessen Werke (u. a. Vollidiot) mochte, der wird ganz bestimmt auch mit dem Humor von Easy nach Assisi klarkommen und dem Buch sehr viel abgewinnen können.

Für alle anderen bleibt festzuhalten, dass Christian Busemann mit Easy nach Assisi ein einerseits nachdenkliches, andererseits aber auch humorvolles Buch geschrieben hat, auch wenn der Humor vermutlich eher „dem typischen BWL-Studenten“ unterstellt werden dürfte. Vermutlich ließe es sich gut als Urlaubslektüre am Strand lesen oder sonst auch als mit einem Augenzwinkern behaftete leichte Einführung in den Alltag und die Erfahrungen eines Pilgers. An Hape Kerkelings Bestseller Ich bin dann mal weg oder eher an Fern- und Langstreckenwanderer gerichtete Bücher, wie die von Christine Thürmer, reicht es allerdings lange nicht heran.

HMS

Eine Leseprobe findet ihr hier.

Christian Busemann: Easy nach Assisi – Pilgern für Einsteiger; 1. Auflage, März 2021; 304 Seiten; mit ca. 25 s/w-Fotos; Taschenbuch; ISBN: 978-3-442-17864-3; Goldmann Verlag; 10,00 €; auch als eBook, 9,99 €

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