Pompös & glaubwürdig

Anlässlich des 300. Geburtstags der Habsburger Fürstin und von 1740 bis zu ihrem Tode 1780 regierenden Erzherzogin Österreichs und Königin von Ungarn und Böhmen, Maria Theresia, im Jahr 2017 gab es im österreichischen Sender ORF natürlich einen großen Programmschwerpunkt. Dessen Highlight war ein opulenter Zweiteiler um die jungen Jahre der Herrscherin, bis zu ihrer Krönung zur ungarischen Königin 1741. Diese zwei Teile kamen so gut an, dass man nachlegte und einen weiteren Zweiteiler bestellte, der sich mit den Erbfolgekriegen und der Zeit bis zu ihrer Krönung zur Königin Böhmens 1743 befasst. Im April lief der neue Zweiteiler auf arte und ist jetzt noch für eine knappe Woche online verfügbar. Wir sagen euch, warum ihr euch Maria Theresia noch dringend anschauen solltet.

Charme & Chuzpe

Zur Handlung ist das wichtigste bereits gesagt und wer sich für dieses Thema, das Genre, etc. ohnehin nicht interessiert, den wird auch diese opulent ausgestattete semi-fiktionale Aufarbeitung nicht umstimmen. Semi-fiktional heißt hier, dass es natürlich kein Dokudrama ist, sondern ein historischer Stoff, voller Personen, deren Existenz wie auch Ableben verbürgt sind, aber natürlich ist es als Unterhaltung aufgemacht. Es sticht aber absolut positiv heraus, dass auch bei der einen oder anderen Freiheit, die sich die Macher.innen nehmen, sich dabei im Prinzip um Kleinigkeiten handelt. Hier werden also nicht mal Beteiligte früher oder anders als sie es wirklich taten sterben gelassen (abgesehen vom preußischen Marschall Grumbkov, der eines natürlichen Todes starb), gänzlich ignoriert oder was es sonst noch so an Methoden gibt. Das freut und zeigt, man kann unterhalten und sich an die Fakten halten.

Die ersten beiden Teile, die sich in erster Linie darum drehen, dass Maria Theresia (Marie-Luise Stockinger) ohnehin nicht davon ausgeht, jemals auf dem Thron zu landen und sie sich schon auf ein Leben mit Franz Stephan von Lothringen (Vojtěch Kotek) einstellt, nur um dann vielleicht doch eben genau dort zu landen, wo Frauen in Österreich doch eigentlich nicht hingehören sollten, sind einigermaßen verspielt, wenn auch nicht flapsig. Aber der Ton ist grundsätzlich leicht, was sehr passend ist, da – von einige Querelen abgesehen – Maria Theresia eben noch nicht jene Last trägt, die ihr später aufgebürdet werden soll. Da ist auch Marie-Luise Stockinger ganz wunderbar besetzt und erfüllt diese Figur mit einem Charme, einer Lebensfreunde, aber auch Eigenständigkeit und wenn es sein muss ordentlich Chuzpe.

In den Teilen drei und vier wird Maria Theresia von Stefanie Reinsperger verkörpert, was ein Glücksfall ist. Sie gibt der Herzogin die nötige emotionale Schwere, die es braucht, um zu vermitteln, wie ungern man wohl Soldaten im Krieg sterben lässt, zumal, wenn man ohnehin am Verlieren ist. Eine gewisse Härte ist gepaart mit der Einfühlsamkeit einer (Landes-)Mutter; ihre Desillusionierung über das Schwanken ihrer Ehe trifft auf den unbedingten Willen ihr Reich vor der Einflussnahme äußerer Kräfte zu retten. Maria Theresia steht auch bei aller Stärke niemals dem Fortschritt im Weg und weiß sich auch durchaus mal zu korrigieren. Das ist alles sehr glaubwürdig und spannend.

Auf einem Ball tanzt Maria Theresia (Marie-Luise Stockinger, 2.v.r.) mit Graf Kinsky (Alexander Barta, re.) und ihr Mann Franz Stephan (Vojtech Kotek, 2.v.l.) mit der Hofdame Elisa Fritz (Tatiana Pauhofova, li.). // Bildrechte: ZDF / © Cesk· televize/Karel CudlÌn

Augenzwinkernd & authentisch

Gelacht werden darf auch: Es gibt viel Augenzwinkerei, insbesondere in der Rolle von Maria Theresias Mutter Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel (Zuzana Stivínová) und Marias Schwiegermutter Mademoiselle de Chartres (Zuzana Mauréry). Maria Theresia wartet ohnehin mit ordentlich Frauenpower auf, ohne ins „Wir-machen-ein-Statement“ abzudriften. 

Die Kostüme, die Kulissen (Drehorte: Wien, Tschechien, Ungarn, Slowakei), die schauspielerischen Leistungen und auch die Musik (Roman Kariolou) sind größtenteils absolut überzeugend. Hier und da sieht man mal, dass es ein Greenscreen ist und auch nicht ganz so gelungene Gruppenszenen, oder solche die vorgeben sollen, die Gruppe sei weit größer, sind da zu verzeihen. Von ihrer Struktur und Herangehensweise erinnert Maria Theresia ein wenig an The Crown, auch schon, weil man bei beiden auf ein möglichst authentisches, regionales Team setzt.

Ein Brief ihrer Schwester Maria Anna erschüttert Maria Theresia (Stefanie Reinsperger) im vierten Teil zutiefst. // Bildrechte: ZDF / © ZDF/Julie Vrabelov

Damit sind die gut sechs Stunden pompöses Lieben und Taktieren dringend empfohlen und die Zeit allemal wert. Teile fünf und sechs sind übrigens in Planung.

Maria Theresia 1 – 4; Österreich, Tschechien 2017-2019; Regie: Robert Dornhelm; Drehbuch: Mirka Zlatníková, Miroslava Zlatníková; Musik: Roman Kariolou; Kamera: Tomáš Juříček; Darsteller: Marie-Luise Stockinger (1-2), Stefanie Reinsperger (3-4), Vojtěch Kotek, Karl Markovics (1-2), Fritz Karl (1-2), Julia Stemberger (1-2), Cornelius Obonya, Anna Posch, Zuzana Stivínová, Zuzana Mauréry, Balint Adorjani; Laufzeit je Folge: ca. 95-100 Minuten; Teil 1 & 2 derzeit nicht in der Mediathek verfügbar, Teil 3 & 4 sind erneut bis zum 13.3.2023 verfügbar.

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