SPD-Vorschlag zum Kurzarbeitergeld entwertet Arbeit

Die Umfragewerte für die SPD verharren im Tief. Das Forsa-Institut vermeldete gleich bleibende Zustimmungswerte von ganzen 16 Prozent für die ehemalige Volkspartei, die nun angesichts der massiven Konjunkturpakete nicht einmal mehr auf die Aufgabe der Schwarzen Null, des ausgeglichenen Staatshaushalts, pochen kann.

Was machen also Hubertus Heil, der Bundesarbeitsminister, gleichzeitig zweimalige frühere Generalsekretär und als solcher für Wahlergebnisse von 23 Prozent (Bundestagswahl 2009; damals minus elf Prozent) und 20,5 Prozent (Bundestagswahl 2017; damals minus fünf Prozent) mitverantwortlich, und seine Genossen? Richtig, sie springen auf den Zug auf, den die Gewerkschaften in Gang gesetzt haben. Das Kurzarbeitergeld solle von 60 – 67 Prozent des letzten Nettogehalts auf 80 – 87 Prozent erhöht werden.

Diese Forderung mag populär sein, aber sie schließt nahtlos an einen konsequenten Fehler im sozialdemokratischen Gedankengut an: Alles Geld, das irgendwo verteilt werden muss, muss zuvor auch erwirtschaftet werden. Natürlich, die deutsche Arbeitslosenversicherung sitzt nach den vergangenen Boomjahren auf Milliardenrücklagen und wann sollten diese eingesetzt werden, wenn nicht jetzt? Aber genau wie bei der Eindämmung der Corona-Pandemie sollte hier der Grundsatz gelten: flatten the curve – die Kurve abflachen. 

Keiner kann heute sagen, wie lange die aktuelle Situation andauern wird, wie lange Arbeiter, Eltern und Familien zu Hause sitzen und bis zur hoffentlich baldigen Wiedereröffnung ihrer Arbeitsstätten warten müssen. Was machen wir, wenn die Rücklagen aufgebraucht sind, weil sie zuvor unbedacht verteilt worden sind?

Viel wichtiger und sinnvoller wäre es, wie die Zeit in der Kurzarbeit oder auch im Home Office (mit vollem Gehalt bei Unternehmen, die sich das leisten können) sinnvoll genutzt werden kann. Viele Menschen haben auch im Zeitalter des Internet der Dinge noch viele Defizite bei der Digitalisierung. Wieso wird keine Debatte darüber angestoßen, wie man digitale Kompetenzen verbessern kann, wie Mitarbeiter besser für den digitalen Wandel geschult werden können? 

Die Digitalisierung wird den Produktionsstandort Deutschland massiv verändern und Corona wird hier wie ein Brandbeschleuniger wirken. Anstatt den Fokus hierauf zu richten, auf die mittelfristig viel größere Herausforderung, wird ein in vielen Fällen unnötiges Sicherheitsnetz gespannt, das die reguläre Arbeit fast entwertet (wieso soll man den arbeiten gehen, wenn man bis zu 87 Prozent des eigentlichen Gehalts auch daheim bekommen kann?). Die SPD und die Gewerkschaften verpassen hier für kurzfristige Wohltaten und mögliches Futter in einem kommenden Wahlkampf eine viel wichtigere Debatte, die ihre eigene Daseinsberechtigung sichern. Aber Heil hat ja schon in den Wahlkämpfen 2009 und 2017 bewiesen, dass er mit seinen Themen die SPD auf über 20 Prozent bringen kann.

HMS

Beitragsbild: Hubertus Heil spricht im Plenum / © Deutscher Bundestag, Achim Melde

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