Stil und Haltung bei der Führung zeigen

Wohin Führungsversagen in Politik und Wirtschaft führen kann, wird im Zuge von Corona oft deutlich – zuletzt durch einige Unionspolitiker. Der Manager Karl-Ludwig Kley und der frühere Bundesminister Thomas de Maizière schreiben sehr eindrucksvoll in ihrem gleichnamigen Buch, was „Die Kunst guten Führens“ ausmacht.

Wie heißt es so schön? Der Fisch stinkt vom Kopf her. Und es stimmt, wenn irgendwo etwas schiefgeht, dann muss die Führung dafür den Kopf hinhalten. Der Thematik guter Führung nehmen sich nun aber der Manager und ehemalige DAX-Vorstand Karl-Ludwig Kley sowie der frühere Bundesminister Thomas de Maizière an. In ihrem Buch Die Kunst guten Führens. Macht in Wirtschaft und Politik, das jüngst im Herder Verlag erschien, widmen sie sich gekonnt der Frage, wie gute Führung aussieht, was sie braucht und was vielleicht auch nicht so sehr.

Führung ist vielseitig und vielschichtig

Politik und Wirtschaft sind bekanntermaßen zwei sehr unterschiedliche Gesellschaftsbereiche mit unterschiedlichen Funktionslogiken und Anforderungen. Um diesen Unterschieden gerecht zu werden, nähern sich die beiden Autoren dem Themenkomplex erst einmal unabhängig voneinander an: Thomas de Maizière gibt einen Einblick in die Erfordernisse von Führung im politischen Betrieb, Karl-Ludwig Kley wiederum behandelt ausführlich die Führung in Unternehmen. Am Ende bringen sie diese beiden Perspektiven zusammen und halten fest, welche Gemeinsamkeiten, aber auch welche Unterschiede, sie in den Erfordernissen an eine gute Führung in Politik und Wirtschaft sehen.

Strukturell arbeiten sie dabei relativ ähnliche Punkte ab: Dazu gehören die Fragen, wie jemand in eine Führungsposition kommt und aus einem Amt ausscheidet, wie man mit seinem Umfeld und den zu führenden Personen umgeht und welche besonderen Führungserfordernisse es in verschiedenen Situationen gibt, beispielsweise in Krisen. Es geht darum, ob Führung kurz- oder langfristige Ziele verfolgt, beziehungsweise in welchem Verhältnis diese zueinander stehen oder auch um die Frage von Werten, Haltungen und Moral. Ganz am Ende geben sie überdies ihre gemeinsamen zehn Goldenen Regeln guter Führung zu Protokoll.

Logiken und Systeme unterscheiden sich und hängen doch zusammen

In der politischen Debatte wird oft über Lobbyismus geklagt, in der Wirtschaft über ausufernde Reglementierung. Es ist also offenkundig, dass es Wechselwirkungen gibt, auch was beispielsweise den oft nicht ohne Skepsis beäugten Wechsel von Politikern in die Wirtschaft betrifft. Die Entwicklungen um die auf beiden Hochzeiten zu tanzen versuchenden Unionspolitiker Nikolas Löbel, Georg Nüßlein und jüngst auch Mark Hauptmann zeigen sehr deutlich, dass Führen und Agieren auf beiden Feldern eines gewissen Fingerspitzengefühls bedarf.

Diese Skepsis dem jeweils anderen gegenüber zeigt sich nicht selten in gegenseitigen Vorbehalten. Beide Systeme teilen sich aber die Gegebenheit, dass sie einer Führung bedürfen, die die Ausübung von Macht umfasst. Es ergibt daher durchaus Sinn, sich der Thematik von beiden Seiten zu nähern, unterschiedliche Aspekte hervorzuheben und so das Verständnis von politischer und wirtschaftlicher Führung einerseits getrennt voneinander, aber andererseits auch im Vergleich zueinander zu betrachten.

Thomas de Maizière kann dabei auf einen breiten Erfahrungsschatz aus seiner politischen Tätigkeit zurückgreifen, den er bereits in seinem ersten Buch Regieren illustrierte. Karl-Ludwig Kley blickt auf seine ebenfalls zahlreichen Erlebnisse in den Führungsgremien von Bayer, Lufthansa und Merck zurück. Ihre Erläuterungen untermalen die beiden daher stets mit guten und anschaulichen Beispielen und illustrieren gut, wie und warum sie in ihren Ämtern welche Entscheidungen getroffen haben. Beide beschreiben aber stets recht deutlich, was Führung in ihrem jeweiligen Bereich und der jeweiligen Situation bedeutet und geben so auch einen gewissen Leitfaden für die Leserinnen und Leser vor.

Spannend wird es natürlich da, wo man als Leserin oder Leser eine Perspektive gezeigt bekommt, die man ansonsten nicht unbedingt einnehmen könnte. Kley macht das an einer Stelle sehr gut, an der er beschreibt, womit die Lufthansa zu Beginn von Corona aus Managementsicht konfrontiert war, wieso die Pandemie sie trotz Vorkehrungen so stark getroffen hat und welche Schritte notwendig waren, um die Verluste so gering wie möglich zu halten. Aus politischer Sicht sieht man oft nur Missmanagement und die horrenden Summen, mit denen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nun haften und das bei nur geringer Mitbestimmung. Dabei ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass beherzte Führung bei der Lufthansa noch Schlimmeres verhindert hat.

Gute Führung führt zum Erfolg

Gerade Corona zeigt uns daher, dass ein gegenseitiges Verständnis der Funktionssysteme Politik und Wirtschaft den handelnden Akteuren, aber auch Unbeteiligten wie Bürgerinnen und Bürgern oder Aktionärinnen und Aktionären von großer Bedeutung ist. Auch die Führungsebenen dieser Systeme unterliegen diesem Mangel an Verständnis und immer wieder gibt es die Klagen, dass es zu viele Berufspolitiker gebe und zu wenige, die ein Verständnis für die Wirtschaft hätten. Die vergleichende Analyse zweier Führungspersönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ist daher in dieser Debatte sehr wertvoll und über Partei- und Weltanschauungsgrenzen hinaus empfehlenswert.

Sie kann einen sehr wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die eine Seite die andere womöglich künftig ein bisschen besser versteht, vor allem die Notwendigkeiten, auf deren Basis die Führung der jeweils anderen Seite handelt. Und auch für Dritte zeigt Die Kunst guten Führens ganz deutlich, welche Aufgaben mit guter Führung verbunden sind. Viele können daher aus diesem Buch etwas mitnehmen, ganz egal, ob es für das eigene Führungsverhalten gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist, die eigene Karriere und um selbst in Führungsverantwortung zu kommen, oder auch „nur“, wenn es um die Führung eines Vereins oder ähnlichem geht.

Führung per se ist nämlich nicht anrüchig, ganz im Gegenteil. Sie ist notwendig, um in einem gewissen Gebiet zum Erfolg zu kommen. Sie unterliegt aber auch verschiedenen Zwängen und Notwendigkeiten und sie erfordert einen sorgsamen Umgang mit der Macht einer Führungspersönlichkeit. Karl-Ludwig Kley und Thomas de Maizière teilen in Die Kunst guten Führens ihren breiten Erfahrungsschatz und das ist eine wertvolle Lektüre für alle, die Erfolg nicht nur haben, sondern auch verstehen wollen.

HMS

Hier könnt ihr einen Blick in das Buch werfen.

Thomas de Maizière & Karl-Ludwig Kley: Die Kunst guten Führens. Macht in Wirtschaft und Politik; 1. Auflage, 2021; Gebunden mit Schutzumschlag; 288 Seiten; ISBN: 978-3-451-38715-9; Herder Verlag; 25,00 €; auch als eBook

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