Theologen auf Fachtagung: Katholische Kirche darf homosexuelle Paare nicht ausgrenzen

Auf einer Fachtagung sind sich verschiedene Theologen einig: Die Katholische Kirche muss Segensfeiern für Homosexuelle anbieten und soll Menschen nicht verletzen. Mensch, toll. Ein kommentierender Bericht.

Auf der digitalen Fachtagung „Segen für alle. Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare“ der katholischen Akademie Die Wolfsburg haben mehrere Theologen für Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Partnerschaften in der katholischen Kirche argumentiert. Der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann sagte, es dürfe nicht bei einer „unverbindlichen Rede“ von der Achtung homosexueller Menschen bleiben, es brauche stattdessen eine grundlegende Änderung in jenem Kernbereich kirchlichen Lebens, wie unter anderem das Online-Magazin des Bistums Münster, Kirche-und-Leben.de, und das Portal katholisch.de auf Grundlage einer Meldung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag berichteten.

Kirche muss zu homosexuellen Paaren stehen

Der Erfurter Theologe Kranemann sagte ebenso in Bezug auf Segensfeiern für homosexuelle Paare in der Katholischen Kirche: „Für die Kirche ist das Angebot solcher Feiern zwingend.“ Ebenso müsse die Kirche Vielfalt im Glauben endlich als Chance begreifen, so Kanemann. Dies gelte ebenso für vielfältige Geschlechterbeziehungen: „Es ist unumgänglich, dass die Kirche endlich in aller Öffentlichkeit zu diesen Paaren steht und damit auch liturgisch mit einer langen Diskriminierungsgeschichte bricht.“ Das ist wahr, zumal diese Diskriminierung bei zunehmenden Austritten auch durchaus teuer werden dürfte. Allein gesunder Opportunismus sollte da doch Antrieb genug sein. Selbsterhaltungstrieb und so.

Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz kritisierte, dass die Argumentation des Lehramts immer noch „ein vormodernes Konzept“ weiter schleppe, dabei gelte Homosexualität als unwürdiges Verhalten, weil sie nicht einem natürlichen Zweck gehorche. Genau damit und mit dem angeblichen Willen Gottes untermauerte die Glaubenskongretation erst im März ihre Ablehnung der Segnung homosexueller Paare, was wir in einem Kommentar menschlich aufs Schärfste verurteilten und was darüber hinaus zu neuen Austrittsüberlegungen und -bewegungen führte.

Homosexualität als prägendes Moment

Somit fand die eigentlich für 2020 geplante, aber wegen der Corona-Pandemie verschobene, Fachtagung mit rund 100 Teilnehmer*innen unter den Vorzeichen der aktuellen Entwicklungen statt. Moraltheologe Goetz appellierte dann auch an einen neuzeitlichen Zugang, der die Würde mit der Autonomiefähigkeit eines jeden Menschen begründe: „Menschenwürdig ist dann eine Praxis, eine Institution, wenn sie dieser freien Selbstbestimmungsfähigkeit des Menschen gerecht wird.“

Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop, sagte, es sei auch Aufgabe der Kirche die Zeichen der Zeit zu erkennen. Dazu zähle heute (!) auch sexuelle Diversität. Auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnis gelte Homosexualität seit den 1970er Jahren in westlichen Gesellschaften als Normvariante menschlicher Sexualität. Theologisch könne dies als „Schöpfungsvariante“ übersetzt werden – als ein „vom Schöpfer gegebenes, prägendes Moment der Persönlichkeit, der Leiblichkeit, der Identität.“ Na Halleluja!

„Ein alarmierendes Signal“

Homosexualität ließe sich auch biblisch als Variante der Schöpfung begründen, erklärte der emeritierte Tübinger Neutestamentler Michael Theobald. Zwar stünden die Texte mitunter in Spannung zueinander und bräuchten daher Sachkritik. Er plädierte für einen Diskurs mit den Humanwissenschaften. Das ist schon eine deutliche Ansage, denn der Rückzug auf die vermeintliche Argumentationslinie „die Bibel sieht das nicht vor, sie verurteilt es, die Schöpfung will es nicht“ war bisher noch immer der letzte verbale Rückzugsort vieler, die nicht nur von Sünde, sondern auch von verurteilenswerten Subjekten sprachen.

Auf einer recht humanen und einfach nicht Menschen gegeneinander ausspielenden Ebene argumentiert auch der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer, der zuvor festhält, dass sich nach der römischen Verlautbarung „bemerkenswerter Widerspruch geregt“ habe (unter anderem auch von Bischof Georg Bätzing). So müsse die Entwicklung kirchlicher Praxis und Lehre von den Erfahrungen und Empfindungen von Menschen geprägt werden. Und: „Eine kirchliche Praxis, die Menschen verletzt, die Wunden reißt, die diffamiert und diskriminiert, ist ein alarmierendes Signal.“

Dem ist beinahe nichts hinzuzufügen, außer der Äußerung des Wunsches, dass diese Ansichten gehört und vernünftig weiter debattiert werden. Es geht ja nicht gleich um einen CSD im Vatikan, wobei der natürlich klimaschonend wäre, da die viele der Teilnehmenden wohl nur sehr kurze Anfahrtswege hätten. 

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