Unbestritten Nº 1: Coco Chanel und ihre Einlassungen

Kürzlich jährte sich der Todestag von Coco Chanel zum fünfzigsten Mal, was wir mit einem feierlichen Instagram-Gedenk-Post und der Empfehlung des Büchleins Coco und wie sie die Welt sah begingen. Am 10. Januar 1971 verstarb die nie um einen bissigen Kommentar verlegene Designikone im Alter von 87 Jahren. Geboren am 19. August 1883 als Gabrielle Bonheur Chanel im Ort Saumur in der Region Pays de la Loire, wuchs die sich später zur Ikone machende „Coco“ in ärmlichen und schwierigen familiären Verhältnissen auf. Nach dem Tod ihrer Mutter gab ihr Vater das zwölfjährige Mädchen in die Obhut eines von Nonnen geführten Waisenhauses, in dem Chanel auch den Beruf der Näherin erlernte.

„Couturiers halten sich für so wichtig.“

Eine Fügung, wie sich zeigen sollte. Jedoch schlug sie sich nach dem Erreichen der Volljährigkeit und anschließendem zweijährigem Gratisunterricht in einem Pensionat in Molulins mit Gelgenheitsjobs und den wenig erfolgreichen Versuchen einer Varieté-Karriere (aus der Zeit soll ihr Spitzname „Coco“ stammen) durch, bis sie schließlich 1906 Étienne Balsan kennenlernte, Erbe einer Industriellenfamilie und selber unternehmerisch tätig. Die 23-jährige Chanel wurde seine Mätresse und er ihr Förderer, wenn auch erst einige Jahre später, die sie primär für ihre eigene Fortbildung nutzte. In dieser Zeit lernte sie auch den guten Freund Balsans und ihre große Liebe Arthur Edward „Boy“ Capel kennen. 

Durch die Unterstützung in Form eines Kredits und einer Bürgschaft Capels konnte Chanel 1910  ein Hutatelier eröffnen und 1913 eine Modeboutique im Seebad Deauville, was den offiziellen Beginn der großen Geschichte des Modehauses Chanel markiert. Natürlich lief nichts ohne Erschütterungen, Zerrüttungen und beinahe ebenso viele gebrochene Herzen wie Sticknadeln ab. Hierzu sei weitergehende Literatur oder auch der eine oder andere Film empfohlen.

Ein taugliches Lebensmotto aus Coco und wie sie die Welt sah

Eine weitere tolle Möglichkeit Coco Chanel und ihre vielen Facetten besser kennenzulernen oder sich ihrer wieder besser gewahr zu werden, ist das hochwertig gebundenen und edel aufgemachten Büchlein Coco und wie sie die Welt sah, das kürzlich im Prestel-Verlag erschienen ist. Coco Chanel, niemals unumstritten, immer kritisch, eine so inspirierende wie schwierige Person, die über sich selbst sagte, sie würde sich wohl kaum aushalten können, wird uns hier in ihrer ganzen Klugheit und Schlagfertigkeit, aber auch brüsken Direktheit gezeigt. Charme und bohrende Garstigkeit gingen bei ihr oft Hand in Hand und das zeigt auch das Buch ganz hervorragend. Beinahe haben wir das Gefühl, dass die abwechslungsreiche Typografie dieses Verhältnis noch hervorheben soll.

„Bei dem Wort Urlaub bekomme ich Schweißausbrüche.“

Wie auch der erst kürzlich verstorbene Pierre Cardin soll auch Chanel bis kurz vor ihrem Tod an Kollektionen gearbeitet haben. Das dürfte in Anbetracht ihrer Liebe zu Mode, Eleganz und wertgeschätzter Arbeit kaum verwundern und passt auch zu der Attitüde des Mannes, der ihr Haus später zu erneutem Ruhm führte: Karl Lagerfeld.

Auf der Couch reisen lässt es sich mit dem Büchlein „Coco und wie sie die Welt sah“ ganz wunderbar. // © Prestel Verlag

Das Büchlein versammelt in wunderschöner Aufmachung diverse Zitate der Chanel. Eingeleitet wird das in Bereichen wie „Coco über Coco“, „Coco über Couture“, „Coco über Parfüm“ oder „Coco über Ideen“ aufgeteilte Buch von einem informativen und schön geschriebenen Vorwort von Patrick Mauriès (Chanel Catwalk Complete). Der Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker befasst sich nicht nur seit Dekaden mit Mode und Kunst, sondern ist auch ein Kenner Chanels – der Dame, ihrer Mode und der Marke. Ebenso arbeitete er länger mit Karl Lagerfeld an Veröffentlichungen. Insofern finden sich im von Isabelle Chemin stilvoll und schlicht-schön gestalten Band auch Zitate von „Karl über Coco“. Maruiès ist gemeinsam mit Jean-Christophe Napias Herausgeber von Coco und wie sie die Welt sah.

Die letzten Worte der unbestritten großartigen Designerin sollen übrigens „So stirbt man also“ gelautet haben. Dieses ihr zugeschriebene Zitat fehlt in dem Büchlein, aber dafür habt ihr ja uns. Darüber hinaus lädt die liebevolle und reichhaltige Zitatesammlung aber dazu ein, sich Coco Chanel und ihrer spannenden Lebensgeschichte wieder oder vielleicht auch erstmals zu widmen. 

Der so aufmerksam wie liebevoll und stilvoll gestaltete Band Coco und wie sie die Welt sah führt uns durch Zitate der Design-Ikone wieder ganz zu ihr und bringt sinnliche und motivierende Freude.

Patrick Mauriès, Jean-Christophe Napias (Hrsg.): Coco und wie sie die Welt sah; September 2020; Hardcover; 176 Seiten, 50 Abbildungen; Illustrationen: Isabelle Chemin; Format: 12,0 x 17,0 cm; ISBN: 978-3-7913-8697-3; Prestel Verlag; 15,00 €

AS

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