Wer die Wahl hat, sollte sie nutzen

Puh! Das war’s dann wohl. Naja, jedenfalls fast. Ganz durch sind wir noch nicht; bis 18 Uhr darf und kann und sollte ja gewählt werden. Aber dann war es das. Obwohl eigentlich auch das nicht. Dann gibt es erstmal die Nach-Wahlberichterstattung und dann beginnt die Nachwahlzeit. Die in diesem Jahr vermutlich besonders… interessant werden dürfte. 

Gedanken und Kotze

Denn, ganz egal wie der Kram heute Abend ausgeht, diese Wahl ist nicht nur, wie es zwar etwas erschöpfend, dennoch nicht weniger richtig immer und immer wieder gesagt wurde, eine Richtungsentscheidung. Wir selber haben an verschiedener Stelle darauf hingewiesen, haben uns ebenso inhaltlich positioniert; haben uns an weniger inhaltsstarken, dennoch das Blaue-Vom-Himmel-Versprechenden Figuren abgearbeitet und vor Frust gekotzt, wenn mal wieder jemand fragte „Frau Baerbock, wie ist es denn mit Kindern und dem zu erreichenden Amt?“

Gestern, spätabends, sprachen wir darüber, ob wir uns nicht vielleicht ein wenig zu sehr in dieses ganze politische Zeug reinsteigern. Waren wir doch den ganzen Tag unterwegs und haben im Grunde nur darüber gesprochen. Ich hab dann kurz ein wenig nachgedacht und die Antwort war: Nö. Was denn sonst? Worüber sollen wir uns denn sonst Gedanken machen? In was sollen wir uns denn sonst reinsteigern?

Kuchen und Sex

Natürlich lese ich gern gute Belletristik und kann stundenlang über einzelne Momente und Charaktere nachdenken; ganz klar freue ich mich, mir endlich Ikonen der Kunst vorzunehmen; natürlich blättere ich wahnsinnig gern einen so feinen Bildband wie Cut Outs von Jessica Backhaus durch; selbstredend verbringe ich gern eine gewisse Zeit im Concept Store meines Vertrauens und philosophiere über den Wert und die Zusammenstellung von Düften. Kuchen mag ich auch. Sex auch

Aber was bringt es mir, wenn ich mir die ganze Zeit Sorgen machen muss, auf dem Weg in den Store von irgendwelchen Ersatz-Nazis auf die Fresse zu bekommen? Was bringt es mir, wenn ich unsicher würde, dass nicht bald jemand meine feinen Bücher verbrennen will? Und manche der Autor*innen gleich mit? Nicht so viel. 

Zwar glaube ich nicht, dass unser Land kurz davor ist zu kippen. Ich meine nicht, dass es hier am Ende des heutigen Tages so aussehen wird, wie in Ungarn. Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass wir an einer nur allzu genügsamen Bequemlichkeit leiden, die uns in falscher Sicherheit wiegt. „Wird schon!“ ist ein so vermeintlich beruhigender wie missführender Satz.

Seid aufmerksam; habt Freude

Das heißt nun nicht ran an die Fackeln und raus auf die Straße – nein, nein. Aber es heißt: Geht wählen. Seid auch nach der Wahl aufmerksam. Seid zumindest nicht gleichgültig gegenüber jenen Stimmen, die undifferenziert und geistig zündelnd unterwegs sind. Habt ein Auge für extremistische Züge auf der einen, wie der anderen Seite. Hört hin, ob sich jemand so äußert, dass man meinen könnte, der oder die hat die Demokratie ohnehin schon für tot erklärt und würde sie gern gleich begraben.

Seid nicht ignorant; seid nicht denkfaul; seid nicht ängstlich Fragen zu stellen. Demokratie ist eine feine Angelegenheit und es kann nicht oft genug betont werden: Es gibt mehr Diktaturen und Autokratien auf der Welt als Demokratien. Ist so: Demokratie ist was Gutes (außer für vielleicht für jene die mit und für Petra Hinz gearbeitet haben, aber nun ja).

Also geht wählen (wer nicht wählt, darf sich später nicht beschweren. Punkt.) und genießt es, der Demokratie bei ihrer Entwicklung zuzuschauen. Und stellt Chips und Popcorn für die Nachberichterstattung bereit, denn, wie oben erwähnt, es dürfte spannender werden als so mancher Tatort.

AS

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