Die Tatorte aus Zürich sind vergleichsweise umstritten. Was sicherlich an den sehr speziellen Ermittlerinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) liegt, wie auch an den teils recht abseitigen oder schwierigen Themen, die behandelt werden. Das dürfte auch im Tatort: Fährmann kaum anders sein. Hier haben die Macher*innen allerdings einen besonderen Coup für Sonntagskrimi-Fans gelandet: In einer Episodenrolle ist Polizeiruf-Ermittler Lucas Gregorowicz als Marek Kowalski zu sehen.
Advent, Advent, die Münze brennt
Diesen Marek lernt Grandjean auf dem Weihnachtsmarkt kennen. Spontan lässt sie sich auf ein Abenteuer mit dem verführerischen Unbekannten ein. Stunden später erhält sie eine kryptische Nachricht mitsamt GPS-Koordinaten. Ohne ihre Kollegin Tessa Ott zu informieren, fährt Grandjean zu dem Ort. Dort findet sie eine Leiche, die an einen früheren Fall erinnert: einen Doppelmord, dessen Aufklärung den Grundstein für ihre solide Polizeikarriere legte. Eine antike Münze im Mund des vergifteten Opfers lässt die Ermittlerin verschwinden. Während sich Tessa und die toughe Staatsanwältin Anita Wegenast (Rachel Braunschweig) einarbeiten, versucht Grandjean auf eigene Faust einen fatalen Fehler gutzumachen…

© SRF/Sava Hlavacek
Zugegeben: Klingt genauso kryptisch wie die Nachricht die Grandjean erhalten hat. Und das ist auch gut so, denn mit diesem von Stefan Brunner und Lorenz Langenegger geschriebenen Tatort haben wir einen wahren Mystery-Krimi auf dem Bildschirm. Zwar ist der von Michael Schaerer inszenierte Film vergleichsweise düster, hat jedoch alle Ingredienzien, die ein solider Thriller gut gebrauchen kann. Es wird persönlich, vieles bleibt bis nahezu zum Schluss im Dunklen und Vergangenheit und Gegenwart gehen eine feine Verbindung ein.
Eine Verteidigung
Was den Autoren dieser Zeilen an den Tatorten aus Zürich besonders gefällt, sind eben die sehr speziellen, durchaus polarisierenden Figuren Grandjean, Ott sowie Wegenast. Recht durchdacht ist die langsame Entwicklung der Figurenkonstellation (was ein wenig an die Saarland–Tatorte denken lässt). Und ja – das muss mensch mögen, sonst wird’s halt nix.

Die Produktions- wie auch Spielqualität der Filme ist immer hoch, die Handlungen durchdacht (gern auch mal zu kritischen Themen wie der Pharmaindustrie oder illegalem Tierhandel) und zu guter Letzt sind sie zumeist recht spannend. Nun mögen sich manche Leser*innen fragen, warum diese Review so im Allgemeinen bleibt. Weil es tatsächlich schwerfällt den Tatort: Fährmann (der Titel ist natürlich eine Anspielung auf die Münze) konkreter zu besprechen ohne allzu viel zu spoilern. Was natürlich Spaß und Spannung verderben würde.

© SRF/Sava Hlavacek
Also enden wir einfach damit: Gebt den Zürich-Tatorten eine Chance. Sie haben sie verdient. Und dieser hier ganz besonders.
AS (mit ARD-Material)
PS: Apropos Weihnachten I – habt ihr schon auf unsere diesjährige Festtagsbücherei geschaut?
PPS: Apropos Weihnachten II – am 26. Dezember geht es nach Dortmund. Da wird es ebenfalls recht eigenwillig und wir begegnen, wie erwähnt, einem aus Münster bekannten Haus wieder. In weiteren Filmen wird Recht sehr weit ausgelegt, es wird großspurig gestelzt und schlagkräftig pornös.

Das Erste zeigt den Tatort: Fährmann am heutigen Sonntag um 20:15 Uhr. Anschließend ist der Film für 30 Tage in der ARD-Mediathek verfügbar.
Tatort: Fährmann; Regie: Michael Schaerer; Drehbuch: Stefan Brunner, Lorenz Langenegger; Bildgestaltung: Gabriel Sandru; Musik: Mirjam Skal; Darsteller*innen: Anna Pieri Zuercher, Carol Schuler, Rachel Braunschweig, Aaron Arens, Lucas Gregorowicz, Peter Jecklin, u. v. a.
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