„Das habe ich schon immer so gesagt“

Missverständnisse. Vergebung. Fehleinschätzungen.

Das ist quasi die Quintessenz des aktuellen Bremer Tatorts: Stille Nacht. Und still sind sie hier. Oder eher verschwiegen aus Angst, irgendwie irgendwen zu verletzen. Aber Seefahrer-Familien sind halt wohl per se die Schweig- und Genügsamen. Ganz doll schweigt der Kapitän Hendrik Wilkens (Matthias Freihof) am ersten Weihnachtsfeiertag. Da liegt er nämlich erschossen auf dem Boden.

Still…

Schnell richtet sich der familiäre Verdacht auf den philippinischen Matrosen Andy (Jernih Agapito), weil ein wenig internalisierter Rassismus auch in den besten Familien vorkommt. Einzig Hendriks Ehemann, Bjarne Wilkens (Rainer Sellien), scheint sich unsicher zu sein, ob hier nicht der Falsche verdächtigt wird.

Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) befragt Bjarne Wilkens (Rainer Sellien), den Ehemann des ermordeten Kapitäns // © Radio Bremen/Claudia Konerding

Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) drängen sich in das recht spezielle Familiengefüge und fragen sich: Wieso fragt hier eigentlich niemand nach. Tochter Fabienne (Pia Barucki) scheint sich sehr sicher, dass der Matrose es war. Sohn Marco (Robert Höller) ebenso – andererseits scheint er seine Frau Nahid (Rana Farahani) schützen zu wollen, die hatte nämlich dezent Beef mit Schwiegerpapa.

…ruht der…

Bis auf wenige Szenen haben wir es in diesem Tatort mit einem Kammerspiel zu tun. Und diese weihnachtliche „Enge“ zeigt uns, wie gut die Chemie zwischen Bauer und Wolfram ist. Mittlerweile sind sie ein solide eingespieltes Team, dem zu folgen durchaus Freude bereitet. Ebenfalls bereitet es Freude zu sehen, dass Selb hier mal ein wenig aus sich rauskommt. Wenn auch reduziert. Aber für ihre Verhältnisse ist das schon ordentlich.

Karaoke-Performance an Heiligabend: Fabienne Wilkens (Pia Barucki) / © Radio Bremen/Claudia Konerding

Zurück zum Anfang: Nichts ist, wie es scheint in Stille Nacht. Die Familie taktiert. Und am Ende hätte es so alles nicht sollen sein. Und doch sind die Fehler gemacht worden. Und so bringt eine sehr besondere Art von Schweigen eine arg ungünstige Verkettung unvorteilhafter Ereignisse mit sich.

…Verdacht

Dann ist jemand tot. Dieser Tod hätte nicht sein müssen. Hätte mensch mal gesprochen, müssten Moormann und Selb nicht ermitteln. Tja, Chance vertan. Definitiv sollte allerdings die Chance diesen von Daniela Baumgärtl und Kim Zimmermann eloquent geschriebenen und von Sebastian Ko sensibel bis zackig inszenierten Tatort zu sehen nicht verpasst werden.

AS

PS: „Nee, das hast du noch nie gesagt.“

Haben keine besinnlichen Weihnachten in diesem Jahr: die Bremer Tatort-Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) //
© Radio Bremen/Claudia Konerding

Das Erste zeigt den Tatort: Stille Nacht am 8. Dezember 2024 um 20:15 Uhr. Anschließend ist er für zwölf Monate in der ARD-Mediathek zu sehen.

Tatort: Stille Nacht; Deutschland 2024; Regie: Sebastian Ko; Buch: Daniela Baumgärtl, Kim Zimmermann; Bildgestaltung: Christoph Krauss; Musik: Jessica de Rooij, Hendrik Nölle; Darsteller*innen: Jasna Fritzi Bauer, Luise Wolfram, Matthias Freihof, Rainer Sellien, Jernih Agapito, Pia Barucki, Robert Höller, Rana Farahani, Miquel Francisco Bata, Helen Schneider, Luisa Böse, Alexander Swoboda

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