Weihnachtszeit, Zeit der Heim- und Einkehr. Wenn es denn einen Ort und eine Familie oder Freund*innen gibt, wo und zu denen es sich heimzukommen lohnt. Manche verbringen Weihnachten auch einfach allein, was auch nicht schlimm ist. Ich erinnere mich an mein Weihnachten im Auslandsstudium. Es gab Lachs in Honig-Orangenkruste und Frühstück bei Tiffany, ausgeliehen aus der Unibücherei (die DVD, nicht den Lachs).
Peter Swanson beamt uns mit seiner Weihnachtsgeschichte zurück ins Jahr 1989, in dem die aus Kalifornien stammende Ashley Smith ein Auslandsjahr in London verbringt. Verwandtschaft in den USA hat sie keine, also beschließt sie, Weihnachten in Großbritannien zu bleiben. Von ihrer Kommilitonin Emma Chapham wird sie zu deren Familie in den Costwolds eingeladen. Unverhofft, aber doch eine nette Abwechslung…
In Swansons Krimi Das Weihnachts-Alibi jedoch ist es dann doch nicht so nett. Ja, Ashley verbringt ein paar schöne Tage bei den Chaphams, aber auch dort ist nicht alles in Butter. Die Eltern sind… speziell, der hübsche Zwillingsbruder von Emma, Adam, ein Typ, in den sich die Mädchen reihenweise verlieben können – und der unter Verdacht steht, Joanna Davies, eine seiner letzten Eroberungen, umgebracht zu haben.
So ist es in Das Weihnachts-Alibi, das Sepp Leeb für den Oktopus Verlag ins Deutsche übertragen hat, einerseits stimmungsvoll, aber andererseits hängt bereits früh ein Damoklesschwert über diesem Weihnachtsfest. Die Geschichte besteht aus zwei Teilen, Teil eins dem Tagebuch von Ashley, die die Tage bei den Chapmans bis Heiligabend schildert, und Teil zwei, der uns ins New York der heutigen Zeit holt und einen klaren Bruch mit der bisherigen Erzählung darstellt.
Hier wird auch schnell klar, worum es bei diesem titelgebenden Weihnachtsalibi geht, für wen es sein soll und welche Geschichte sich hierum entspinnt. Während die erste Hälfte die unschuldige Sicht einer jungen Gaststudentin wiedergibt, ist die zweite Hälfte eine vollkommen neue Perspektive auf die weiteren Ereignisse mit abschließender Läuterung – ist eben doch eine Weihnachtsgeschichte.
Das ist nicht wirklich vorhersehbar, auch wenn richtige Spannung zugegebenermaßen bei der Lektüre nicht aufkommt, aber das ist auch gar nicht die Intention, die Peter Swanson mit seiner Novelle verfolgen dürfte. Dessen unbenommen zieht sie ihre Leserinnen und Leser in ihren Bann, wir bleiben den erzählenden Figuren sehr verbunden und wollen dennoch immer wissen, wie es denn nun weitergeht.
Peter Swanson gibt abschließend zu Protokoll, dass es ihm wichtig war, eine Geschichte zu verfassen, die an einem grauen und vielleicht hässlichen Weihnachtsfeiertag in einem Rutsch weggelesen werden kann. Das ist ihm mit Das Weihnachts-Alibi auf jeden Fall gelungen: eine Geschichte, die vielleicht nicht so viel Spannung hat wie manch anderer Krimi, aber auch nicht als klassisches Whodunnit angelegt ist. Tatsächlich ein Büchlein, das sich unter dem Weihnachtsbaum gut macht und den Beschenkten einen unterhaltsamen Feiertagsnachmittag bescheren kann.
HMS
Eine Leseprobe findet ihr hier.
Peter Swanson: Das Weihnachtsalibi; Aus dem Englischen von Sepp Leeb; 128 Seiten; Hardcover, gebunden; ISBN: 978-3-311-30068-7; Oktopus Verlag; 18,00 €
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