Im unbekannten Inselland

Bali ist wohl das klassische Insel-Ziel in Asien. Aussteigerinnen und Aussteiger, Paare in ihren Flitterwochen oder sogar Fridays-for-Future-Aktivisten finden auf der wohl bekanntesten indonesischen Insel eine kurze oder auch nicht so kurze Auszeit. Dass Indonesien darüber hinaus aus vielen weiteren Inseln besteht, übersehen dabei nicht wenige.

Nicht Indonesien, sondern Mindoro auf den Philippinen bietet diesen Rastplatz // Foto: Hans Siglbauer

Und dass Indonesien nicht der einzige bereisenswerte Inselstaat in der Gegend ist, ignorieren auch viele. Ok, Brunei muss es mit seiner stark islamischen und homofeindlichen Politik nicht unbedingt sein (selbst wenn es bestimmt schöne Flecken gibt), aber es gibt weitaus liberalere und ebenfalls sehenswerte Länder in der Gegend. Taiwan zum Beispiel, das als queere Hochburg in Asien gilt.

Up to date

Oder auch die Philippinen, die sich mit verhältnismäßig großzügigen Rechten aus queerer Perspektive hervortun- gerade was Homo– und Transsexualität angeht. Mehr als 7 100 Inseln – bilden dieses Land, das für viele von uns weit außerhalb unseres Horizonts liegt. Und umso spannender kann ein Besuch dort sein. Das scheint auch die Frankfurter Buchmesse so zu sehen, immerhin sind die Philippinen 2025 Gastland.

Wie wunderbar kann ein Sonnenaufgang sein? So wie hier an den Chocolate Hills auf Bohol // Foto: Hans Siglbauer

Unterstützung bei einer solchen Reise bietet der Reiseführer Philippinen von Stefan Loose Travel Handbücher. Der Journalist, Autor und Fotograf Roland Dusik zeichnet für diesen verantwortlich und die 4. vollständig überarbeitete Auflage datiert zwar auf 2024, ist aber bereits im November 2023 erschienen. So oder so, mit diesem Buch haben Reisende einen der wohl aktuellsten am Markt erhältlichen Führer in der Hand.

Leichtes Gepäck trotz üppigen Inhalts

Ich hatte den Reiseführer im Gepäck – zumindest digital, denn dass ich die Philippinen bereisen würde, war vor meiner Abreise alles andere als sicher. Mit 560 Seiten und verhältnismäßig schwerem Papier landete das gedruckte Exemplar sodann auch nicht im Rucksack. Das E-Book hat an dieser Stelle seinen guten Dienst getan.

Und so sehen die Chocolate Hills bei Tage aus // Foto: Hans Siglbauer

Wie es von einem guten Reiseführer zu erwarten ist, gibt es zu Beginn ein einleitendes Kapitel mit Reisezielen und -routen sowie eines mit Reiseinformationen von A bis Z. Land und Leute werden ebenfalls übergreifend vorgestellt, wo es um Kultur, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Religion und vieles mehr geht.

Gefährlich und hässlich,…

Und dann gibt es spezielle Infos zu den Inseln oder zuerst vielmehr dem Großraum der Hauptstadt Manila und dann der Hauptinsel Luzon. Die Inseln um Luzon, die zentralen Visayas, die südlichen (und leider sicherheitstechnisch nicht unbedenklichen) Inseln Mindanao und den Sulu-Archipel sowie das beliebte Palawan bilden die weitere Struktur des Reiseführers – zuzüglich eines abschließenden Anhangs.

Diese Mangroven auf Siquijor faszinieren – zu dritt auf weiter Flur // Foto: Hans Siglbauer

Luzon ist die Hauptinsel der Philippinen und es gibt gerade im Norden wohl wunderschöne Gegenden mit Reisterrassen  und alten, kolonialen Überresten aus der Zeit, als das Land noch zu Spanien gehörte, später zu Amerika. Mit wenigen Ausnahmen ließ ich diese Insel jedoch dennoch bei meiner Reise außen vor und machte mich direkt auf die zentralen Visayas auf. In Cebu City, der Hauptstadt der gleichnamigen Insel, sollte ich wider Erwarten binnen eines Monats gleich dreimal landen, denn – auch wenn ich es erst später wirklich realisieren sollte – die Stadt ist der Dreh- und Angelpunkt für den Transport in und um die Visayas. Ähnlich wie quasi alle anderen Städte der Inselgruppe ist auch Cebu keine Schönheit und jeder Tag außerhalb der Stadt ist ein Gewinn.

…mobil und kompliziert, …

Von Cebu machte ich mich direkt auf, eines der 14 Highlights, die in Philippinen ausgewiesen sind, zu erkunden: die Chocolate Hills auf Bohol. Transport auf den Philippinen ist anders und komplizierter als in vielen anderen asiatischen Ländern. Zwischen den Inseln gibt es Fährverbindungen (wenn mensch Glück hat), und auf den Inseln, zwischen Städten etc. gibt es mehr oder weniger festgelegte Routen für öffentliche Busse oder das auf den Philippinen fast einmalige Transportmittel Jeepney, den umgebauten Jeep, auf dessen Ladefläche alles und jede*r gequetscht wird – erst kürzlich haben wir in der ersten Folge der aktuellsten Staffel von Princess Charming Jeepneys gesehen, die die Kandidat*innen in die Villa brachten.

Kein ÖPNV, aber der US-Einfluss ist nicht nur in diesem Lokal in Manila noch merklich // Foto: Hans Siglbauer

Klar, Linien ändern sich, aber gerade im „ÖPNV“ (oder was dem hier am nächsten kommt) gibt es doch recht feste Routen. Vermutlich ist es eine Herkulesaufgabe, diese zumindest für die wichtigsten Städte zusammenzustellen, aber dennoch wäre gerade solch eine Übersicht für viele Städte und Inseln sehr, sehr hilfreich, aber in diesem Buch fehlt dies leider.

…malerisch und verborgen

Dass Roland Dusiks Reiseführer eine*n jedoch nicht an die hübschen Orte brächte, davon kann allerdings wahrlich keine Rede sein. Auf Bohol, meinem persönlichen Highlight Camiguin oder dem fast ebenso schönen Siquijor bin ich in wunderschönen Ecken gelandet – und hin und wieder auch in der Pampa oder eben auch dreckigen und hässlichen Städten. Wie gesagt, das gehört dazu, denn die Städte sind eben wahrlich keine Schönheiten.

Versteckt auf Camiguin befindet sich der imposante Katibawasan Wasserfall // Foto: Hans Siglbauer

Natürlich gibt es auch immer wunderschöne Ecken und Orte, die in einem Reiseführer nicht auftauchen. Auf Mindoro – wo ich niemals hinwollte, aber mich dank der Osterfeiertage nach einer fast einwöchigen Odyssee eine knappe Woche mehr oder weniger im Nichtstun erging – landete ich beispielsweise in einem Bambushüttendorf am Strand, wo es außer einer wenig Englisch sprechenden (und noch weniger verstehenden) „Managerin“ – der Schwägerin des deutschen Besitzers, einem Restaurant (der Fisch war eine Delikatesse) und ein paar Häusern eigentlich nichts gab.

Ein Heimat-Flüchtling

Und doch waren diese Tage mit die ruhigsten und entspanntesten dieses Teils meiner Reise. Ein Ausflug in die nächste Stadt mit dem deutschen Eigentümer – AfD-Anhänger (O-Ton: „Ja, ich fürchte, dass Deutschland noch nicht reif ist für eine AfD-Regierung“ ( –> o weh!) und ironischerweise vor „der Merkel-Politik“ geflohen – gehörte dort zum Aufregendsten, was diese Tage zu bieten hatten. Und ja, das war deutlich nach der CORRECTIV-Enthüllung von Anfang Januar 2024.

Der Krater des Vulkans Hibok-Hibok liegt leider im Nebel // Foto: Hans Siglbauer

Manche Orte wie dieser waren in Dusiks Reiseführer nicht verzeichnet, andere hingegen schon. Klar, die Reisegeschmäcker sind verschieden und natürlich kann so ein Buch nur eine Auswahl sein, aber hin und wieder lohnt es sich doch, noch einmal selbst jenseits der hier versammelten Empfehlungen zu gucken.

Deutsche-Bahn-Feeling

Eine Sache allerdings muss doch sehr kritisch angemerkt werden: Mir ist es sehr häufig passiert, dass Verbindungen, die Dusik in seinem Führer vermerkte, nicht mehr existierten und ich sehr spontan umplanen musste. Viele Bus- und Fähranbieter – und gerade auf letztere sind Reisende auf den Philippinen angewiesen – haben nur unzulängliche Websites und umso wichtiger ist es, dass mensch sich auf die Informationen aus dem beschafften Buch verlassen kann. Dies gilt gerade dann, wenn das Buch scheinbar aktuell ist (zu meiner Zeit kein halbes Jahr alt).

Boote am Vulkanstrand von Camiguin – zum Glück ohne Fahrplan // Foto: Hans Siglbauer

Das gilt für die Frequenz oder überhaupt die Existenz von Verbindungen sowie deren Preise. Gerade letztere weichen oft von den Angaben des Buches ab. Und ja, er räumt zu Beginn des Buchs ein, dass die Preise ob der Inflation schnell überholt sein können, was ihm durchaus zugestanden sein mag. Aber leider stand ich oft auf einer Fähre oder an einem Bus- oder Fährterminal und musste feststellen, dass es Anschlussverbindungen, die ich bei Dusik fand (oft bereits seit Jahren) nicht (mehr) gab. Spontanes Umplanen vor Ort war also häufig angesagt.

Generalüberholung nötig

Das ist ziemlich ärgerlich, denn es erlaubt nur eine bedingte Planung der Reise und führt zu einem übermäßigen Bedarf an Improvisation oder dem Erfordernis eines (nicht verfügbaren) Individualtransportmittels. Natürlich macht gerade das auch den Reiz einer Rucksackreise aus, aber auf den Philippinen kam es leider allzu häufig vor.

Ein Puzzlemotiv – die Pangasfälle auf Bohol // Foto: Hans Siglbauer

Hier müsste vermutlich einmal nicht nur ein kleines Update erfolgen, sondern vielleicht sogar eine große Generalüberholung, was Preise und vor allem Fähr- und Busverbindungen und Abfahrtszeiten betrifft. Ja, gerade auf den Philippinen ist das ein sehr schwieriges Unterfangen, denn wirklich planbar ist dort vieles nicht – und darauf sollten sich auch Reisende einstellen. Aber gerade hierfür holt mensch sich ja einen Reiseführer. Wenn dieser dann allzu oft daneben liegt, ist das ärgerlich.

Gaumenschmaus primär mit Kiemen

Und noch eine letzte Sache, die allen Philippinen-Reisenden nicht vorenthalten werden soll: Das Essen in diesem Land ist nicht gerade gut, zumindest im Vergleich mit manch anderer Küche der Region oder auch europäischer. Erwartet keine kulinarischen Gaumenfreuden wie beispielsweise in Vietnam (unsere Einschätzung zu dem Stephan Loose-Buch für jenes Land ist hier zu finden), esst vor allem Dinge, die frisch zubereitet werden (Gegrilltes!) und vor allem Fisch und Meeresfrüchte sind trotz ökologischer Bedenken vermutlich die besten Alternativen. Etwas das Roland Dusik leider auch nicht sehr überzeugend vermittelt.

Fisch, fangfrisch – mit eine der besten Ernährungsalternativen auf den Philippinen // Foto: Hans Siglbauer

Alles in allem lässt sich also sagen, dass der Reiseführer Philippinen zwar eine gute Hilfe bei der Planung und Umsetzung einer Reise, aber an vielen Stellen und vor allem, was den Transport angeht, leider nicht ganz aktuell ist. Hier hilft es wohl nur, sich möglichst auf ein Abenteuer einzulassen und immer eine Alternativroute im Hinterkopf zu haben. Dennoch ist es zumindest im Moment wohl eines der umfangreichsten und aktuellsten Reisebücher, die es zu den Philippinen gibt und so durchaus eine gute Hilfe, wenn es spontan oder auch geplant auf diese oft vernachlässigte Inselgruppe gehen soll.

HMS

Roland Dusik: Philippinen; 560 Seiten, 81 Karten; ISBN 978-3770166275; Stefan Loose Verlag; 26,95 €

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