Pop-not-up bei den Grünen

Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Reihe Parlamentarische Pause ≠ politische Pause. Wir werden in der sommerlichen Zeit weiterhin politische Bücher besprechen, uns mit den Sommerinterviews von ARD und ZDF beschäftigen, selber Schwerpunktthemen setzen, Interviews führen und uns einiges Spannendes einfallen lassen. Am Ende steht ein Fazit, wie wir den Sommer mit und für euch erlebt haben.

Es ist gerade bemerkenswert still um die Grünen. Wenn statt freitäglich fürs Klima streikenden Jugendlichen nun zwischen 20 000 und 1,3 Millionen so genannte „Covidioten“ auf die Straße gehen, scheint der Ökopartei nicht viel einzufallen. Die meisten anderen Parteien poppen gerade viel mehr auf. Themen und Anlässe gäbe es allerdings genug. Seien es die Starkregen mit Überflutungen in Süddeutschland, der Streit um Coronatests für Urlaubsrückkehrende oder einfach nur die „neue Normalität“.

Das Leben erwacht, während alte Wahlversprechen im Dornröschenschlaf verharren

Auf dem Land und in den Städten ist das Leben nach dem Lockdown wieder voll erwacht. Pop-up-Radwege schießen aus dem Boden wie die Pilze und Bars und Kneipen sind seit Wochen voll – teils mit ausreichend, teils aber auch ohne den vorgegebenen Sicherheitsabstand. Schon früh wurde daher vieles getan, um vor allem die Gastronomie zu stärken und gleichzeitig den Gesundheitsschutz einzuhalten. Sogar Straßenflächen, die für parkende Autos vorgesehen sind, werden nach und nach freigegeben, um dort zusätzliche Tische und Stühle aufzustellen. In der Autofahrernation Deutschland war das bislang fast unvorstellbar.

Noch im Berliner Landtagswahlkampf 2016 gingen die Grünen mit der Vision einer autofreien Innenstadt hausieren. Mit den Pop-up-Radwegen in vielen Bezirken der Hauptstadt wird den Autos bereits heute klammheimlich Platz weggenommen. Und wer glaubt, dass diese im Winter wieder abgebaut werden, der dürfte von der Realität schnell eingeholt werden.

Ausgerechnet in der grünen Hochburg ist es verdächtig still

Bemerkenswert ist aber, dass ausgerechnet im grünen Vorzeigebezirk Friedrichshain-Kreuzberg vieles nicht so funktioniert, wie gewünscht. Der rbb berichtete vor einer Weile, dass die Beantragung von Außenflächen für Gastronomen von großen Schwierigkeiten begleitet sei. Das ist verwunderlich, denn so könnten die queere grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und ihre Mitstreiter gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen (nur bildlich versteht sich, wegen des Artenschutzes):

Die Gastronomie könnte mehr Flächen für ihre Kunden bereitstellen und gleichzeitig würde auf sozial höchst erwünschte Weise das ach so böse Auto aus der Innenstadt verdrängt. Dass die Grünen diesen Zusammenhang so noch nicht erkannt haben, ihre Bezirksverwaltungen entsprechend instruieren und priorisieren und dies an ihre Wählerschaft offensiv kommunizieren ist durchaus verwunderlich. Dass sie überhaupt im Moment Themen der Verkehrspolitik wie Stiefmütterchen behandeln und die Gelegenheiten nicht nutzen, die sich ihnen aktuell bieten, lässt Zweifel an ihrer politisch-strategischen Planungsfähigkeit zu.

HMS

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