Reis deluxe

Schleimiger, klebriger Reis. Nein, es geht hier nicht um die Grundversorgung im alljährlichen Dschungelcamp, sondern um Risotto. Anders als viele Mahlzeiten, die sich mit dem meist weißen, geschmacklich recht neutralen Korn verbinden, scheint Risotto (wie Koriander) ein eher umstrittenes Gericht zu sein: mensch mag es oder eben nicht.

Ein vielfältiges Korn

Verwundern mag das eigentlich nicht, denn vielfach geht es ja auch um die Konsistenz und die ist bei verschiedenen Risottos tendenziell immer gleich, wenn sie gut gemacht sind. Damit vor allem letzteres klappt, hat der Berliner Profikoch und Risotto-Weltmeister von 1999 Holger Zurbrüggen sein Buch Die Risotto-Bibel herausgegeben. Erschienen ist das Buch im Juli 2022 im Christian Verlag.

Risotto-Kuchen // Foto: © the little queer review

80 Variationen dieses eigentlich eher simplen Klassikers hat der Autor in seinem Buch versammelt. Von vegetarischen Gerichten über solche mit Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchten erleben wir die große Wandelbarkeit dieses manchmal umstrittenen Klassikers. Ausgewählte Rezepte einiger weiterer Weltmeister gibt er am Ende seinem Buch bei, das er mit Informationen zum „perfekten Risotto“ sowie einem Grundrezept einleitet und den Basisrezepten für verschiedene Arten von Brühe beschließt.

Standard und ausgefallen

Die Vielfalt des Gerichts Risotto kommt dabei in voller Breite zur Geltung: Ein Rezept für Risotto mit Herbsttrüffel oder ein Hokkaido-Risotto mit Amaretto sind herbstliche Klassiker, die vielen in der einen oder anderen Abwandlung bereits untergekommen sein dürften – und auch verhältnismäßig leicht selbst zu kochen sind.

Wenn es etwas ausgefallener sein darf: Risotto mit tête de moine, Safran und Steinpilzen // © Marcin Jucha/Christian Verlag

Etwas komplexer sind da schon Rezepte wie ein Dashi-Risotto mit gezupftem Lachs und Daikonkresse, das ohne Zweifel der Zeit Zurbriggens in Japan entlehnt sein dürfte. Auch ein Honig-Berbere-Risotto mit Kalbsfilet, Blutorangenzabaione und Spargel oder das Tomaten-Dashi-Risotto mit Salzwassergarnelen dürften eher weniger Leute hierzulande bereits auf dem Teller und im Magen gehabt geschweige denn selbst zubereitet haben.

Haupt- oder Nebenattraktion?

Vielfach ist das Risotto hier auch eher eine edle Beilage oder wird in einem anderen Kontext weiterverarbeitet, so beispielsweise in einer Quiche mit Oliven, Tomaten und Ziegenfrischkäse oder als Zugabe zum Springbockrücken oder BBQ-Rumpsteak. Selbst als sättigende Beilage zu einem noch edleren Gericht lässt sich Risotto also sehr gut zubereiten.

Wenn es süß sein darf: Schokoladen-Risotto im Frühlingsrollenteig // © Marcin Jucha/Christian Verlag

Erstaunlich dürfte für viele außerdem sein, wie häufig Zurbrüggen Obst und relativ süße Zutaten in seinen Gerichten verwendet. Wir finden Rezepte mit Feigen, Gojibeeren, Spekulatiusgewürz, Kirschen oder gar Schokolade, die in verschiedenen Gerichten eingekocht werden und gemeinsam mit herzhaften Zutaten – beispielsweise Pancetta, Gorgonzola oder Kalbsfilet – zu sehr besonderen Mahlzeiten zusammengeführt werden. Und selbstverständlich gibt es unzählige weitere Kombinationen, die sich aus diesen und vielen anderen Zutaten kreieren lassen.

Erneut: Die Vielfalt, die uns das Grundrezept Risotto bietet, ist ziemlich groß. Zurbrüggen zeigt uns die gesamte Kochkunst, die sich hinter einem so simpel scheinenden Gericht verbergen kann und welche Variationen und Kombinationen möglich sind, wenn wir nur unserer Kreativität am Kochtopf ein wenig Raum zur Entfaltung bieten.

Illustre, aber wenig illustrierte Komplexität

Kreativ müssen wir allerdings auch vielfach sein, wenn wir die Kreationen vor uns sehen wollen. Die vorhandenen Bilder von Fotograf Marcin Jucha sind zwar gut und anschaulich, aber leider nur bei ausgewählten Rezepten vorhanden. Vielfach sind wir leider nur mit schwarzen Zeichen auf weißem Papier konfrontiert, haben jedoch kein schön arrangiertes Bild des angestrebten Ergebnisses vor Augen. Dabei dürften Abbildungen aber gerade für Hobbyköchinnen und -köche eine große Unterstützung und Animation sein.

Dass das Buch sich aber doch eher an Personen richtet, die sich regelmäßig an etwas speziellere Rezepte wagen, zeigt auch die Zutatenliste. Wie bereits erwähnt finden wir Springbock und Salzwassergarnelen oder auch Lammkarree und saure Kalbsnieren. Unabhängig davon, dass manche dieser Zutaten nicht automatisch dem eigenen Geschmack (oder dem der Gäste) entsprechen dürften, sind viele dieser Rezepte doch sehr speziell. Und bei manchen Zutaten stellt sich für Hobbyköchinnen und -köche ohnehin die Frage, wo sie oder er nun einen Springbockrücken herbekommen soll (gerade Springbock schmeckt allerdings vorzüglich).

Eher nichts für Laien

So schön und anregend Holger Zurbrüggens Risotto-Bibel also ist – die Rezepte sind wie gesagt äußerst exquisit und auch die Zubereitung ist zumeist sehr gut nachvollziehbar –, scheint es sich hier doch eher um ein High-End-Produkt zu handeln, das, wenn es „einfache“ Köchinnen und Köche in die Hand bekommen, ihnen vielleicht das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

Wenn es etwas mehr sein darf: Greyerzer-Risotto-Kroketten // © Marcin Jucha/Christian Verlag

Es steht aber auch zu befürchten, dass viele Menschen ob einiger Schwierigkeiten und Herausforderung eher vor manchen Rezepten zurückschrecken lässt, da die meisten Rezepte für Alltagsköchinnen und -köche eher schwer nachzukochen sein dürften. Einen leichten Einstieg in das Thema bietet diese Bibel also eher nicht.

HMS

Holger Zurbrüggen: Die Risotto-Bibel. 75 feine Variationen des italienischen Klassikers. Die besten Tipps & Rezepte vom Risotto-Weltmeister; Juli 2022; Hardcover, gebunden; 224 Seiten, ca. 30 Abbildungen; ISBN: 978-3-9596-1667-6; Christian Verlag; 32,00 €

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