Repräsentation? Nicht mit der AfD

Das Prinzip der Arbeitsteilung geht auf den schottischen Ökonomen Adam Smith zurück. Jeder und jede macht das, was er oder sie am besten kann und am Ende profitieren alle davon, dass Menschen, die gewisse Dinge besonders gut können, ihre Erfolge auch an andere abgeben und gleichzeitig an den Entwicklungen teilhaben, die andere Spezialistinnen und Spezialisten vorantreiben. Das ist nicht zuletzt ein wichtiger Baustein, auf dem auch alle Gedanken der gesellschaftlichen Solidarität fußen.

Delegation und Repräsentation

Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, einen gewissen Teil der eigenen Aufgaben abzugeben und von jemandem anders erledigen zu lassen. Delegation würde man im Management sagen, Repräsentanz nennt man das in der Demokratie. Sie basiert auf dem gesellschaftlichen Vertrauen, dass der oder die andere, die für jemanden Aufgaben übernehmen, diese auch zur eigenen Zufriedenheit des oder der Repräsentierten ausüben. In der Demokratie gilt dieses Prinzip der Repräsentanz auch und wird in Deutschland beispielsweise durch Parlamente oder den Bundesrat ausgeübt. Durch das Instrument der Wahl gibt es alle paar Jahre die Möglichkeit, diese Übertragung von Aufgaben zu evaluieren und neu zu legitimieren.

Gerade eine Partei scheint mit diesem Prinzip allerdings ein Problem zu haben: die AfD. Wir haben bereits mehrfach erkennen lassen, dass wir diese Partei nicht nur für ungeeignet halten, unser Land zu lenken, sondern auch für gefährlich. Kürzlich haben wir das Buch Die Methode AfD der Journalistinnen Katja Bauer und Maria Fiedler besprochen, in dem sie sehr schön illustrieren, wie die AfD arbeitet, um ihren eigenen Erfolg zu sichern, indem sie unsere Gesellschaft weiter spaltet.

Was die beiden zwar in Ansätzen herausarbeiten, aber leider nicht bis zum Ende systematisieren, ist, welche Probleme die AfD tatsächlich mit dem Prinzip der Arbeitsteilung für eine repräsentative Demokratie hat. Gleichzeitig erklärt eine solche systematische Betrachtung allerdings sehr gut, warum die AfD eine enorme Gefahr für unsere Demokratie darstellt.

Ablehnung von Repräsentation in mindestens drei Dimensionen

Dieses Problem der AfD hat mindestens drei Dimensionen: eine parteiinterne, eine gesellschaftliche und eine in der Außenwirkung. Fangen wir mit letzterer an: Die AfD beklagt ständig lauthals, dass die „Eliten“, die „Altparteien“ und die „Systemmedien“ nicht das Wahlvolk repräsentierten. Sie machen das durch manch sinnentleerte Anfrage im Deutschen Bundestag deutlich, aber auch in generellen Statements. Nun ist es Aufgabe einer Oppositionspartei, Missstände aufzudecken und die Regierung zu kritisieren. Aber vollkommen destruktiv immer auf „die da oben“ zu schimpfen ist eben auch nur bedingt zielführend. Es zeigt vielmehr, wie sehr es der AfD darum geht, das repräsentative parlamentarische System zu untergraben anstatt durch Sachpolitik echte Alternativen aufzuzeigen.

Repräsentanz hat auch eine gesellschaftliche Dimension. Frauen- oder sonstige Quoten lehnt die AfD ohnehin ab (außer wenn es darum geht, wer innerparteilich das Sagen hat, da fordern die starken und radikalen Ostverbände schon mal eine Ostquote). Gleichzeitig spricht man bei der AfD allzu häufig von „Gender-Gaga“, wenn es um geschlechterneutrale Sprache geht. Zugegeben, manche Formulierung mutet skurril an und auch wir pflegen hier unseren jeweils eigenen Stil. Gerade Queers sollte es aber ein Anliegen sein, Diversität sprachlich abzubilden oder auch in repräsentativen Funktionen in der Gesellschaft. Jenseits von so mancher nicht ganz so gelungenen Streitschrift, die wohl nicht den Weg jenseits ihrer Blase findet, ist eine solche gesellschaftliche Repräsentanz nämlich durchaus ein erstrebenswertes Ziel, auch wenn sie nicht nur um ihrer selbst willen umgesetzt werden sollte (Stichwort: „Quotenfrau“).

Ein „gäriger Haufen“

Kommen wir damit zum dritten Punkt, der parteiinternen Repräsentation, denn auch hier hat die AfD ein massives Problem. Wenn man sich ansieht, wie viele Vorsitzende die AfD bereits verschlissen hat, welche (Ab-)Spaltungen es bereits gab – jeweils verbunden mit einer weiteren Radikalisierung nach rechts – und welche Flügelkämpfe die Partei noch heute austrägt (die SPD ist dagegen betreutes Wohnen), kann auch innerparteilich nur konstatiert werden: Die AfD hat ein Problem mit Repräsentanz.

Bauer und Fiedler gehen darauf ein, indem sie herausheben, dass die AfD teils Mitgliederparteitage veranstaltet, zu denen jedes Mitglied kommen und abstimmen darf. Basisdemokratie ist gut und wichtig und hat sogar Verfassungsrang. Auch die wohl basisdemokratischste Partei Deutschlands, die Grünen, sind nicht für langweilige Parteitage bekannt. Aber sie kann eben auch lähmen oder zur Instrumentalisierung des Parteitags führen. Busse voller Anhängerinnen und Anhänger der einen oder anderen „Seite“ werden bei der AfD herangekarrt, um Mehrheiten zu sichern und am Ende mündet alles in große Abrechnungen und Schlammschlachten. Das trägt immer weiter zur Spaltung bei, dazu, dass sich Fronten verhärten und die Radikalisierung zunimmt.

Wieso eine Partei wählen, die einen Sch*** auf Repräsentation gibt?

Es zeigt sich also: Die AfD hat ein massives Problem mit dem Prinzip der Repräsentation. Parolen wie „Wir holen uns unser Land zurück“ oder das Marschieren mit Querdenkern gegen die „Corona-Diktatur“ belegen, dass die Anhängerinnen und Anhänger der Partei ein Problem mit Repräsentation haben. Und das gilt ganz allgemein, denn wie wir gesehen haben, setzt die Partei das ja auch innerparteilich nur um, wenn es als Instrument zum Machtgewinn genutzt werden kann. Heraus kommen dann Beschlüsse wie der Austritt Deutschlands aus der EU, was keinem von uns gefallen kann.

Die Frage, die sich also jeder und jede daher stellen sollte, wenn er oder sie beabsichtigt, die AfD zu wählen: Wieso sollte ich mich von einer Partei repräsentieren lassen, die einen Sch*** auf Repräsentanz gibt? Das Prinzip der parlamentarischen und somit repräsentativen Demokratie hat sich bei uns bewährt und eine Partei zu wählen, die Repräsentation und Arbeitsteilung ablehnt, ist eine Stimme für den Mülleimer.

HMS

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