Jede und jeder hat ja etwas anderes, worauf sie und er sich im Laufe eines Jahres so freuen. Bei manchen sind es die Urlaubstage zum Verreisen, bei einigen die jeweiligen Fashion-Week-Seasons, bei anderen bestimmte Serien, bei unserem Gastautoren Alexander Schütz die Fantasy Filmfest-Reihen, bei vielen, vielen unserer Leserinnen und Leser auch die diversen Buchpreise — allen voran gern der Deutsche Buchpreis, der Preis der Leipziger Buchmesse scheint nicht im Ansatz einen solchen Hype auszulösen — und bei mir/uns ist es vor allem der Deutsche Sachbuchpreis, der seit 2021 vergeben wird.
In diesem Zusammenhang freut es mich als Herausgeber unseres kleinen Online-Magazins the little queer review mehr als sonst was, dass wir in diesem Jahr Teil von #sachbuchpreisbloggen sein dürfen. Und ebenso sehr, dass am kommenden Dienstag, den 18. April, endlich die Liste der acht nominierten Titel bekanntgegeben wird. Diese werden wir natürlich prompt nach Erscheinen anschauen und kommentieren. (FunFact: Am Abend des selben Tages präsentieren sich im Literarischen Colloquium Berlin die Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch. Wir sind natürlich mit unserer geschätzten Gastautorin Nora Eckert dort und werden berichten.)
Kürzlich schrieben wir schon in einem Instagram-Beitrag, wie sehr wir uns freuen, in diesem Jahr ganz offiziell zu sachbuchpreisen. Einer der Gründe the little queer review ins Leben zu rufen, war es, dass wir das Sachbuch in der öffentlichen Wahrnehmung ein wenig abschätzig betrachtet sahen und immer noch sehen (was mitnichten nur für queere Themen gilt, die wir natürlich reichlich rezipieren, zu erkennen am „Q“ in unserer Sachbuchübersicht).
Der Branchenanalyse Buch und Buchhandel in Zahlen 2022, die vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels herausgegeben wird, entnehmen wir immerhin, dass die Warengruppe Sachbuch im Jahr 2021 mit 11,2 Prozent Umsatzanteil den vierten Platz belegt. Hinter Belletristik (31,9 Prozent), Kinder– und Jugendbuch (18,8 Prozent) sowie Ratgeber (13,9 Prozent). Allerdings folgen dann „nur“ noch Schul- und Wissenschaftsbücher. (Wo wir doch gerade bei Zahlen sind: Das alles hier kostet solide Zeit und Geld und wir freuen uns über Unterstützung — bspw via Ko-Fi, PayPal oder einen Einkauf in unserem Shop mit selbst-designten Stücken.)
Dabei macht doch das Lesen von Sachbüchern genauso glücklich (und manches Mal genauso unglücklich) wie das anderer Schrifterzeugnisse. So lag unser Fokus lange auf diesen, liegt dort im Grunde noch. Wie nah sich Literatur und Sachbuch doch sind, lässt sich exemplarisch auch an zwei im Jahre 2021 für den Deutschen Sachbuchpreis nominierten Titeln darstellen: Andreas Kosserts Flucht und Michael Maars Die Schlange im Wolfspelz; wenn letztgenannter auch schon eine harte Nummer ist.
So ist es schön zu sehen, dass sich durch mehr und mehr erzählende Sachbücher bei vielen Leserinnen und Lesern eine (manches Mal womöglich nur vermutete) Barriere abzusenken scheint. Und hey, um nochmals nach Leipzig zu blicken, da ist in der Kategorie Sachbuch gar eine Graphic Novel nominiert, nämlich Rude Girl von Birgit Weyhe, erschienen im avant-verlag, die im letzten Jahr verdientermaßen mit dem Berliner Verlagspreis-Hauptpreis geehrt worden sind. Haben wir übrigens auch offiziell begleitet.
Wir haben uns hier geschlossen vorgenommen im Vorfeld des Sachbuchpreises mal keine Kaffeesatzleserei zu betreiben, wie wir es im Rahmen des Deutschen Buchpreises schon beinahe traditionell tun. Dennoch sind wir und bin ich natürlich gespannt, wie die Mischung aus biografisch geprägten Titeln, essayistischen Formaten (Asal Dardans differenzierte Betrachtungen einer Barbarin war eines der besten Bücher, die ich 2021 gelesen habe), historischen Stoffen, deren Relevanz doch bis ins Heute reicht und welch kulturgeschichtliche Überraschung mit unglaublicher Tiefe (wie etwa im vergangenen Jahr Am Rande der Glückseligkeit. Über den Strand von Bettina Baltschev) uns so erwarten werden. Vermutungen haben wir natürlich.
Das Schöne ist, dass egal welchem Sachbuch mensch sich einmal für eine gewisse Zeit verschreibt, das Lesen desselben (zumeist) auch eine ganz wichtige Sache befördert, die manch ein durchaus zu schätzendes Unterhaltungswerk gegebenenfalls nicht vermag: das kritische Lesen. Denn jedes Sachbuch ist anders und auch hier mischen sich Titel rein, wo es gelten kann, Spreu und Weizen voneinander zu trennen.
Wie wichtig dieses ist, lässt sich nicht nur daran festmachen, wenn wir uns anschauen welch ungefilterter Müll sich allein schon in mancher Tagespresse finden lässt (und wogegen beispielsweise Dirk Oschmann in seinem Essay Der Osten: eine westdeutsche Erfindung, dessen Rezension wir heute veröffentlicht haben, anschreibt). Nein, nein, auch und gerade mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Desinformation und Propaganda, der die Menschen in Russland und auch hierzulande ausgesetzt sind, wollen auch wir im Kleinen einen Teil dazu beitragen, den kritischen Blick zu schärfen.
In diesem Sinne schließen wir hier, wie in unserem Vorstellungstext zum #sachbuchpreisbloggen: Seid ihr selbst, schätzt euch und einander und #StandWithUkraine.
Euer Hans
PS: Nicht unerwähnt bleiben sollen die anderen Sieben (in alphabetischer Reihenfolge):
- Seda Çalışkanoğlu, instagram.com/echo_books
- Jule Gerwens, https://bionoema.wordpress.com
- Anja Kronen-Ekhard, instagram.com/wort.bildung
- Marius Müller, Buch-Haltung.com
- Juliane Noßack und Stefan Diezmann, www.poesierausch.com
- Bettina Schnerr, Bleisatz
- Anne, Literaturlärm
PPS: Ebenso nicht unerwähnt bleiben soll, dass unsere Gastautorin, die geschätzte Petra Wiemann, die den feinen Sachbuch-Blog Elementares Lesen betreibt, im Jahr 2021 Teil der ersten #sachbuchpreisbloggen-Runde war. Ihr Patenbuch damals war Heike Behrends Menschwerdung eines Affen. Ihre Besprechung findet ihr hier und meine hier.
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