Tauwetter in Malta?

Malta, ein schönes Urlaubsziel. Hape Kerkeling war dort, Filme und Serien wurden dort gedreht, beispielsweise Game of Thrones oder die dritte Staffel von Alex Rider. Und zu Nikolaus wird dort eine weitere besondere Show stattfinden, die eigentlich nur die wenigsten interessieren dürfte: die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) will dort ihr Treffen abhalten.

So weit, so gut und so wenig interessant für die meisten. Die Bedeutung der OSZE ist den wenigsten klar und hier ist nicht der Ort, um das in aller Ausführlichkeit zu erörtern. Und dennoch ist der Gipfel erwähnenswert, denn ein gewisser Sergei Lawrow, seines Zeichens Außenminister Russlands, möchte an dem Gipfeltreffen teilnehmen.

Mit den Sanktionen der EU aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wäre das vermutlich nur bedingt vereinbar und zu der gehört Malta nun mal. Also eigentlich müsste klar sein, dass sein Besuch nicht gestattet werden dürfte. Aber andererseits krakeelt es ja immer aus der AfD und von Sahra Wagenknecht, dass wir mit Russland im Gespräch bleiben sollen.

Nun gut, auch wenn wir uns von diesen Lautsprecher*innen nicht unsere Agenda vorgeben lassen sollten (was anderes als Krieg und Migration?), eine Ausnahme von den Sanktionen in diesem Fall scheint sogar angebracht. Zugegeben, es steht zu befürchten, dass Lawrow diesen Besuch nutzt, um seine Hetzpropaganda weiter zu verbreiten und ihm hier eine Bühne zu geben, ist ein Drahtseilakt.

Aber – und da geht es nun doch wieder in die Bedeutung der OSZE – gerade dieses Forum könnte eines sein, auf dem die anderen Mitglieder Russland konfrontieren könnten. Die OSZE ging aus der KSZE hervor, einer der zentralen Abrüstungs- und Friedensinitiativen des Kalten Krieges. Die Teilnehmer in den 1970er-Jahren, im Wesentlichen die USA, die Sowjetunion und die Staaten Europas – einigten sich unter anderem auf die Unverletzlichkeit der damaligen Grenzen und die territoriale Integrität ihrer Mitgliedsstaaten. Und auch die freie Wahl des Verteidigungsbündnisses – also Warschauer Pakt, NATO oder andere – waren Teil dessen.

Mit dem Zerfall der Sowjetunion wurde die KSZE als OSZE institutionell verstetigt und die Nachfolgestaaten, also auch Russland und die Ukraine, traten dieser bei. Beide Staaten sind somit den Prinzipien der OSZE unterworfen und dass Lawrow hier am Gipfel teilnehmen möchte, signalisiert offenbar Interesse an diesem Forum.

Der souveräne Umgang mit Lawrows Bitte zur Teilnahme wäre also, ihr stattzugeben. Allerdings sollten die Organisator*innen sich bemühen, die genannten Grundsätze der OSZE – Unverletzlichkeit der Grenzen und freie Bündniswahl – möglichst prominent zu platzieren, am besten im Abschlusskommuniqué. Vielleicht würde das Russland zwingen, öffentlich Farbe zu bekennen und einen diplomatischen Prozess in Gang setzen, der bisher nicht möglich war. Gerade wo wir nun eine Kehrtwende in der US-amerikanischen Ukrainepolitik erwarten dürfen, könnte es sinnvoll sein, diese Gelegenheit zum Dialog zu nutzen.

HMS

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