Boom! 💥
Nachts in Saarbrücken knallt es. In der stillen Stadt am Rhein… äh, an der Saar knallt es gehörig. Hauptkommissarin Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) sitzt schlaflos im Büro, geht einen alten Fall durch und macht sich auf zum Tatort im Tatort: Das Ende der Nacht. Ein Geldtransporter wurde überfallen, ein Wachmann starb dabei. Der zweite (Mücahit Altun) ist – Überraschung – tatverdächtig. Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Sträßer) vernehmen ihn so semi-sensibel. Sind geschockt ob des Anblicks und wundern sich über eine auf die Straße gesprühte Zahl…
Ich kenne die nicht
Schnell wird klar, dass es sich bei dem Fall um eine Tat oder möglicherweise Nachahmungstat einer international gesuchten Verbrecherbande handelt. Vor Jahren gab es eine Serie von Raubüberfällen, die zwar ohne Todesopfer, aber doch geplant brutal verliefen. So kommen die Ermittelnden auf die zurückgelassene Tochter Carla Radek (Lena Urzendowsky) des gesuchten Verbrecherpaares. Diese scheint die Unschuld vom Lande, gibt sich aber erstaunlich zugeknöpft.

Das irritiert nicht nur die Kommissar*innen, sondern natürlich auch die aufmerksamen Zuschauer*innen. Denken wir uns doch schnell: Die weiß was. Nur was? Weiß sie, wo ihre Eltern stecken? Ist sie die letzte Generation, die in die Fußstapfen der Eltern tritt?
Vier Fragezeichen
Fragen, die sich Hölzer, Schürk, Heinrich und Esther Baumann (Brigitte Urhausen) stellen. Letztere holt sich mit Commissaire Noémie Legrand (Sandy Lewis Godefroy) Hilfe aus Frankreich, denn hierhin führt die Spur. Ein wenig ziellos, alle Brotkrumen aufsammelnd gehen sie alle ans Werk, nichtsahnend, dass des Rätsels Lösung schon auf der Straße lag… oder stand.

Zunächst: Der Tatort: Das Ende der Nacht ist vergleichsweise vorhersehbar. Es ist kein Spoiler, zu erwähnen, dass das Töchterchen natürlich etwas mit dem Überfall zu tun hat. Wenn Urzendowsky der Figur auch eine starke Undurchsichtigkeit verleiht, wissen wir eben doch, wie so ein Tatort funktioniert.

Darüber hinaus entspinnt sich in diesen knapp neunzig Minuten ein feines Familiendrama. Oder zwei. Einmal die Radeks. Aber natürlich auch in der Polizeidienststelle, wo Schürk mal wieder an allem schuld sein soll. Hier wird es allmählich anstrengend: Immer mehr wird so getan, als sei der ein unberechenbares Mastermind (is’n Widerspruch, merkste selbst, ne?!), das alle in den Abgrund reißt, so ganz ohne deren Beteiligung.
Abzählreim
Nun gehören immer zwei dazu. Oder in diesem Fall drei bis vier. Brigitte Urhausen ist eine tolle Schauspielerin, die der recht plakativ geschriebenen Figur Baumann durchaus Ambivalenzen verleiht. Dass sie aber einfach immer nur sauer auf Schürk und „für uns“ die Stimme der Anklage zu sein hat, nutzt sich allmählich ab.

Das fängt wirklich an zu nerven. Selbst wenn der Adam weniger gut ist als der Rest, hat der Leo immer mitgemacht. Keine*r ist nur Opfer der Umstände. Und wozu auch ein Herr Hölzer in der Lage ist, haben wir im Glücksspiel-Fall gesehen. Allmählich lässt sich das so auch nicht mehr auffangen, lenkt die Wut auf Schürk doch immer wieder vom Fall ab.
Wenig Licht am Horizont

Dieser nimmt recht abrupt eine linksradikale Kurve, wird zu einer Aufräumnnuer, zieht Pia Heinrich mehr rein (natürlich durch Schürks Schuld… ugh) und stellt „das Team“ mal wieder auf die Probe. Es ist fein, dass Autorin Melanie Waelde und Regisseurin Tini Tüllmann die horizontale Erzählweise, die anfangs etabliert worden ist, beibehalten.
Allein es nutzt sich ab. In Dortmund funktioniert das besser, im Polizeiruf aus Rostock ebenso, in Magdeburg auch. Denn, und ich wiederhole mich, bis auf „Schürk, der missverstandene Arsch“ kommt hier seit zwei, drei Fällen nichts von Substanz dazu. Das ist schade.
Gern würde ich das Team wachsen und (ver)zweifeln sehen. Doch dieses Sich-Im-Kreis-Gedrehe ermüdet allmählich. Nutzt das Potenzial, das da ist. Und ruft mich an. Ich helfe gern bei den Drehbüchern aus. So geht es jedenfalls nicht weiter.
AS
PS: Da nicht viel gespoilert werden soll, ging ich nicht weiter auf sie ein – aber Sabine Timoteo spielt sich mal wieder Herz und Leber aus dem Leib. Sehr toll!

PPS: Apropos nicht weitergehen: Kommende Woche verabschiedet sich Karin Hanczewski aus Dresden.
PPS: „Nicht schon wieder Geld“ ist witzig.

Das Erste zeigt den Tatort: Das Ende Nacht am 26. Januar 2025 um 20:15 Uhr, one um 21:45 Uhr. Anschließend ist er für zwölf Monate in der ARD-Mediathek verfügbar.
Tatort: Das Ende der Nacht; Deutschland 2025; Regie: Tini Tüllmann; Drehbuch: Melanie Waelde; Bildgestaltung: Max Preiss; Musik: Jasmin Reuter, Tina Pepper; Darsteller*innen: Vladimir Burlakov, Daniel Sträßer, Ines Marie Westernströer, Brigitte Urhausen, Anna Böttcher, Gabriela Krestan, Lena Urzendowsky, Sabine Timoteo, Michaelangelo Fortuzzi, Daniel Séjourné, Sandy Lewis Godefroy, Mücahit Altun, Jean-Luc Bubert; Eine Produktion der Bavaria Fiction GmbH, Niederlassung Köln, im Auftrag der ARD Degeto Film und des Saarländischen Rundfunks für die ARD
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