„Ich will keine Heterosexuellen mehr spielen.“

Instagram wird mehr und mehr zur heißen Adresse, wenn es darum geht, bahnbrechende Statements abzugeben, Kampagnen zum Erfolg zu führen oder auch sich zu outen. So hat der Schauspieler Wentworth Miller quasi ein zweites Mal ein Outing hingelegt: Er hat bekannt gegeben nicht mehr nur nicht mehr für die Serie Prison Break zur Verfügung zu stehen, sondern generell keine heterosexuellen Rollen mehr annehmen zu wollen. 

Er gab dies in einem lediglich mit weißem Hintergrund ausgestattetem Post an und begründete es ausführlich. Dieser Post löste eine solche Welle an Reaktionen aus, dass Wentworth sich motiviert fühlte, einen Follow-up-Post zu veröffentlichen, in dem er auch eine „hompbobe Untergruppe“ seiner Fanbase adressiert. Aber der Reihe nach.

„Liebevoll. Unterstützend.“ & „ Steinzeit-Werte“

Miller begann seinen ersten Eintrag mit dem Kommentar einer/eines Followerin/Followers: „Das ist mein Lieblings IG Konto.“ Er bedankte sich dafür und schrieb, dass er die positiven Kommentare und DMs (Direktnachrichten) sehen würde. „Liebevoll. Unterstützend. Geschätzt (von mir).“ Dennoch gäbe es auch Kommentare und DMs, die er weniger schätze. „Wer sind diese Leute? Auf meiner Seite? Aus welchem arschlings Steinzeit-Werten verhafteten Land kriechen die heraus? Den USA?“

Er werde allerdings nicht von Instagram verschwinden, „zu viele coole Sachen zum reposten“ (falls ihr es noch nicht getan habt: seht euch sein Insta an, es ist wie eine kleine, digitale, wohl kuratierte, sehr ästhetische Galerie mit essayistischen Einlagen). Die Kommentarfunktion wolle er aber möglicherweise deaktivieren. Er sei nicht um sich selbst besorgt, würde sich da nicht schikanieren lassen, kann „Löschen. Blockieren. Deaktivieren.“ Aber er mache sich ernsthaft Sorgen um „queere Kids“, die sich womöglich gerade geoutet hätten oder sich damit auseinandersetzten. „Ich will nicht, dass sie diesem Scheiß ausgesetzt sind.“

„In diesem Zusammenhang… Ich bin raus. Aus PB. Offiziell.“

So fährt er fort. Und weiter: „Nicht wegen des Hintergrundrauschens in den sozialen Medien (auch wenn das das Thema zentriert hat). Ich will nur einfach keine heterosexuellen Charaktere mehr spielen. Deren Geschichten sind erzählt worden (und erzählt worden). Also. Kein Michael mehr. Wenn ihr Fans der Show wart und auf weitere Staffeln gehofft habt… ich verstehe, dass das enttäuschend ist. Es tut mir leid.“

Schließlich geht er noch auf die Leute ein, die ein Problem damit haben, dass ein schwuler Mann einen heterosexuellen spielt: „Falls du wütend und rasend (hot and bothered) bist, weil du dich in einen fiktionalen heterosexuellen Mann verliebt hast, der von einem echten schwulen Mann gespielt wird… Das ist dein Ding. – W.M. 🏳️‍🌈“

Dieses kompakte und doch sehr vollgepackte Statement vom Montag löste wie erwähnt viele verschiedene Reaktionen aus und brachte Wentworth Miller, der zuletzt u. a. in The Flash und Legends of Tomorrow den schwulen Charakter Leonard Snart aka Captain Cold spielte, dazu, eine weitere Stellungnahme abzugeben.

„Interessant. Inspirierend. Richtig.“

Er geht darauf ein, ob er es so gemeint habe, dass schwule Schauspieler [im Englischen unterscheidet er nochmals zwischen „gay“ und „gay men“, Anm. d. Red.] nur homosexuelle Rollen annehmen sollten? „Nein. Ich habe nur von mir gesprochen. An diesem Punkt in meinem Leben/meiner Karriere, ist es das, was sich interessant, inspirierend, richtig anfühlt.“

Wentworth Miller, hier auf der San Diego Comic-Con 2016, will keine heterosexuellen Rollen mehr spielen. Adé Prison Break. // Foto: © Gage Skidmore

Und weiter: „Gleichwohl, möchte ich mehr Homo-Rollen von homosexuellen Schauspielern gespielt sehen? Ja. Es macht einen Unterschied in der Vorstellung (m. E.), aber auch weil Heterosexuelle die ‚homo‘ spielen das Heterosexuelle ins Zentrum rückt. Spielt keine Rolle ob sie ‚spielen‘ – ich weiß, was ich da sehe.“ Er führt das kurz zu einem interessanten Gedanken zusammen, der sich mit Gay-for-Pay in der Pornografie und der Fetischisierung von „maskulin“ über „feminin“ in der schwulen Community befasst, schreibt aber, dies seien „Gespräche für einen anderen Zeitpunkt.“ Ja ,und wir werden aufmerksam lauschen und uns gern beteiligen.

Zurück zum Kern dieses Statements. Prison Break sei herausfordernd gewesen „vor und hinter der Kamera.“ Haben ihm Beteiligte explizit (!) gesagt, seine Homosexualität zum Wohle der Serie zu „begraben“? „Nein.“ Aber habe er reichlich Botschaften aus und von Hollywood, einer breiteren Kultur, den Schulen, die er besuchte, der Familie, von der er abstamme, erhalten, dass solche Dinge unausgesprochen bleiben sollten, falls man nicht Bestrafung und den Verlust von Rechten und Privilegien riskieren wolle? „Ja. Eine der Ironien des Heimlichen [of the closet, Anm. d. Red.] ist, dass ich mein eigener Gefängniswärter war. Tatsächlich Prison Break.

Die Scheiße der Homophoben

Es ist schon spannend zu sehen, bzw. zu lesen, wie engagiert sich Miller damit auseinandersetzt. Seit seinem späten Outing im Jahre 2013, was allein durch den politischen Hintergrund nicht für ein Festival ins homophobe Russland zu reisen, für Aufsehen sorgte, ist er ein unverblümter Fürsprecher für die LGBTIQ*-Community und das merkt man*frau auch im Weiteren seines Posts. 

„Ich habe meine Karriere nicht in Pose und Looking verbracht. So lief es nicht. Was ich gemacht habe ist eine Menge an Action und das kommt mit einer vielfältigen Fangemeinde. Innerhalb dieser gibt es eine homophobe Untergruppe und deren Scheiße ist an mein Ufer geschwemmt worden. Sie mögen „Michael“ haben aber ein Problem mit mir. Es strahlt diese ‚Liebe den Sünder, Hass die Sünde‘ Energie aus. Sie würden es vorziehen, ich wäre still, schalte einen Gang zurück. Erinnere sie nicht daran. Nein. Mein Schwulsein wurde größtenteils getilgt (von mir, für den Anfang) in den ersten Dekaden meiner Karriere. Es ist jetzt mein Bedürfnis es auf eine Weise in den Mittelpunkt zu stellen, dass es nicht ignoriert werden kann, nicht von mir oder irgendwem sonst. – W.M. 🏳️‍🌈“

Hui! Solide. Wentworth Miller ist inzwischen definitiv zu einer kräftigen Stimme geworden, mit der gerechnet werden sollte. Gut so.

Love & Peace ❤️✌🏼🏳️‍🌈

Eure queer-reviewer

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Comments

    1. Hallo Arnd, nein muss er nicht. Er hat die Freiheit Rollen nach ganz subjektiven Kriterien auszuwählen, wie jede*r andere Schauspieler*in auch. Alles frei von Wahnsinn. 🙂

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