Kreative Grundrechenarten bei der Deutschen Bahn

Frohes neues Jahr! Und wie immer zum Jahresbeginn gibt es viele Neuerungen zugunsten oder auch zulasten der Bürger. 

Die Klimastreiks des vergangenen Jahres haben durchaus einen Effekt bei der politischen Kaste hinterlassen, wie Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Neujahrsansprache durchscheinen ließ. Die Politik hat sich daher in den letzten Monaten auf einige Maßnahmen verständigt, die dem Klimaschutz dienen sollen. Auf eine davon möchte ich an dieser Stelle kurz eingehen: Die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes nun auch für den Fernverkehr der Deutschen Bahn.

Zum Hintergrund: Damit mehr Menschen die Bahn für innerdeutsche Reisen anstatt des Autos oder des Flugzeugs nutzen, hat die Politik die Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent im Fernverkehr beschlossen. Bei einer Reise von Bayern nach Berlin und zurück macht das mit Supersparpreis gut und gerne 20 Euro in der zweiten und 40 Euro in der ersten Klasse aus, was den Geldbeutel meiner besuchswilligen Mutter freuen wird. Um das Reisen mit der Deutschen Bahn attraktiver zu machen, ist das auch durchaus ein probates Mittel.

Und auch wenn die Posse um Greta Thunberg auf dem Boden des ICE sitzend aus dem Dezember anderes vermuten lässt, die Deutsche Bahn kann durchaus Kommunikation. Vollmundig wurde von ihr angekündigt, die Steuersenkung „eins zu eins“ an die Kunden weiterzugeben. Bahntickets im Fernverkehr (im Nahverkehr waren ohnehin seit Langem nur 7 Prozent Mehrwertsteuer fällig) wurden mit dem gestrigen Tag tatsächlich um 10 Prozent günstiger.

Warte mal: 10 Prozent? Lass mich nochmal nachrechnen. Von 19 Prozent (alter Satz) auf 7 Prozent (neuer Satz): Das sind doch 12 Prozent. Aber 12 ist mehr als 10! Greta Thunberg beklagte sich im Herbst bei den Vereinten Nationen lautstark („How dare you?!“) darüber, dass sie eigentlich in der Schule sein sollte. Glücklicherweise konnte ich meine Kenntnis der Grundrechenarten so weit ausbauen, um zu merken, dass es hier 2 Prozent Differenz gibt.

Die Bahn brüstet sich also öffentlich damit, die Steuersenkung vollständig weiterzugeben, behält aber fast unbemerkt ein Sechstel davon ein. Wenn das Geld in zusätzliche Investitionen fließt, ist das durchaus zu begrüßen. Wenn aber nicht, dann ist das eine verdeckte Preiserhöhung, die niemand wirklich bemerkt hat. Die Frage ist also, ob die Bahn entweder sehr kluge Öffentlichkeitsarbeit betreibt oder ob sie sich besser neue Buchhalter suchen sollte. Die aufgestellte Rechnung geht jedenfalls so nicht auf, wie uns Richard Lutz und Co. Glauben machen wollen.

In jedem Fall dürfte seit gestern ein kalkulatorisches Schlupfloch bei der Bahn gestopft sein: Barbara Schönebeger gab in einem denkwürdigen Auftritt bei „2019 – Das Quiz“ am Montag zu Protokoll, dass sie regelmäßig vier Flammkuchen im Bordbistro esse, aber ihr diese Menge nicht zugetraut würde (zumal auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin). Deshalb würden ihr sehr oft nur zwei Stück in Rechnung gestellt. Man kann sich ja über die neue Bonpflicht bei allen Kassen beklagen und ich gönne Frau Schöneberger von Herzen ihre beiden vermeintlichen gratis Flammkuchen (ok, ich nehme an sie bezahlt dann doch vier). Aber wenn die Bahn die dargelegte, verdeckte Preiserhöhung nötig hat, dann leisten die künftigen Einnahmen aus überteuerten Flammkuchen bestimmt auch einen guten Beitrag zur Deckung der Kosten.

HMS

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