Am 27. Januar 2020 wurde der 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau begangen. Im Rahmen seiner Ansprache geißelte der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, in Anwesenheit unter anderem des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, des autokratischen ungarischen Präsidenten Viktor Orbán und natürlich des israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin, den weltweiten Antisemitismus mit den Worten: „Zu viele Menschen in zu vielen Ländern haben Auschwitz möglich gemacht.“ So sei es nicht nur die Reichspogromnacht, vom 9. auf den 10. November 1938, die den Weg in dieses [und andere, Anm. d. Red.] Konzentrationslager bereitet habe.
Schwerpunkt auf einem schweren Thema
Und doch ist die Geschichte der Juden und des Judentums, Deutschlands und seiner Bevölkerung, Europas und weiter Teile der Welt, wie auch das Grauen der Zeit des Nationalsozialismus nicht ohne jene schicksalshafte Nacht vor nunmehr 82 Jahren zu lesen. Und nun, lesen, das können wir hier ziemlich gut. Was in Corona-Zeiten von Vorteil ist, schließlich finden Gedenkveranstaltungen, Vorträge und Lesungen, sowie Podiumsdiskussionen in diesem Jahr quasi kaum bis gar nicht statt.
So legen wir in der Zeit bis Ende Januar einen Schwerpunkt auf den Themenkomplex der NS-Zeit, werden neben Büchern auch Filme und Dokumentationen besprechen, Gespräche führen und euch Museen und Gedenkstätten vorstellen. Selbstverständlich wird uns dieses weitreichende Themengebiet auch über den Januar hinaus beschäftigen.
Wir werden euch ausführlich das NS-Dokumentationszentrum in München präsentieren, das uns in Corona-Zeiten eine Art digitaler Führung ermöglichte, wie auch die dazugehörigen Standardwerke München und der Nationalsozialismus (C.H. Beck Verlag) und Erinnerung gegründet auf Wissen (Metropol), beide herausgegeben von Winfried Nerdinger, vorstellen, wie auch den Band zur Sonderausstellung Die Stadt ohne. Juden Ausländer Muslime Flüchtlinge (Hirmer Verlag). Ebenso die Dokumentation Obersalzberg, die zum Institut für Zeitgeschichte München-Berlin gehört, ebenso den dazugehörigen Begleitband Die tödliche Utopie.
Verfolgung Homosexueller und Vergessene Orte
Aus dem Campus Verlag besprechen wir Alexander Zinns „Aus dem Volkskörper entfernt?“ – Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus, ergänzt durch Homosexuelle im Nationalsozialismus – Neue Forschungsperspektiven zu Lebenssituationen von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen 1933 bis 1945, herausgegeben von Michael Schwartz in einer Schriftenreihe des Instituts für Zeitgeschichte. Außerdem das kürzlich im Querverlag erschienene, von Joanna Ostrowska, Joanna Talewicz-Kwiatkowska und Lutz van Dijk herausgegebene Buch Erinnern in Auschwitz – auch an sexuelle Minderheiten.
Besonders interessant dürfte eine neue Veröffentlichung im Metropol Verlag sein: Das KZ-Außenlager in Berlin-Lichterfelde – Erkundungen an einem vergessenen Ort von Klaus Leutner. Im selben Verlag ist Streitfall Antisemitismus – Anspruch auf Deutungsmacht und politische Interessen erschienen. Der Essayband versammelt vielseitige Stimmen und wurde von Wolfang Benz (Im Widerstand, Vom Vorurteil zur Gewalt) herausgegeben.
Neben diesen Analysen, Kommentaren und Aufarbeitungen möchten wir auch Erfahrungsberichte nicht zu kurz kommen lassen, so stellen wir neben Andrea von Treuenfelds bereits im Januar erschienenem Buch Leben mit Auschwitz unter anderem auch Hédi Frieds vor und machen heute den Anfang mit den prägnanten und aufwühlenden Erinnerungen von Ginette Kolinka: Rückkehr nach Birkenau (Aufbau Verlag).
Ebenfalls im Aufbau Verlag erschienen ist Ahawah Das vergessene Haus – Spurensuche im jüdischen Berlin. Und apropos Berlin: Das Centrum Judaicum werden wir euch natürlich nicht vorenthalten.
Auch im TV
Ihr seht also, wir haben viel vor und natürlich ist das auch noch nicht alles. An dieser Stelle auch der Hinweis auf den Film Das Unwort, der heute Abend um 20:15 Uhr im ZDF läuft, im Anschluss gibt es die Dokumentation Hey, ich bin Jude! – Jung.Jüdisch.Deutsch und um 00:50 läuft schließlich der zu Recht gelobte und gefeierte Doku-Film Lebenszeichen – Jüdischsein in Berlin von Alexa Karolinski.
In der ARD-Mediathek ist noch bis einschließlich 15.11.2020 der großartige Film Elser zu sehen, in dem es um den gescheiterten Bombenanschlag von Georg Elser auf Adolf Hitler am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller geht.
Wir sind offen für ergänzende Vorschläge, von euch eingereichte Beiträge und sind gespannt auf jedwedes sachliche Feedback.
Love & Peace & שלום ❤️✌🏽✡️🏳️🌈
Eure queer-reviewer
Beitragsbild: Großer Aufmarsch auf dem mit Flutlichtern & Scheinwerfern beleuchteten Zeppelin-Feld zum NSDAP-Parteitag im September 1937. Albert Speer hat diese sog. Lichtkathedrale entworfen. 152 Scheinwerfer strahlen rund ums Feld vertikale Lichtbalken in den Himmel. // © The Everett Collection