Beitragsbild: Philipp (Sascha Weingarten) nascht von der verbotenen Frucht. // © Pro-Fun Media
Zwei beste Freunde, zwischen denen eine nicht ausformulierte Spannung steht, dazu noch das alles anschwellen lassende Thema Kraftsport und Sommer. Das gibt an sich einiges her für eine knisternde Geschichte samt Charakterbildung. Orfeos Traum jedoch weiß mit seinem Thema kaum umzugehen.
Fitness, Sand und Höhlen
Philipp und Enis sind beste Freunde, verbringen ihre Freizeit gemeinsam im Fitnessstudio. Philipp scheint allerdings nicht nur an seinem körperlichem Wachstum interessiert zu sein, sondern auch an Enis. Der allerdings checkt das nicht oder ignoriert es geflissentlich, zumal er eine Freundin hat (was, wie viele wissen, nichts heißen muss). Philipp gewinnt eine Reise nach Griechenland und überredet Enis mitzukommen (Hey, Griechenland gratis! – Na, überzeug mich!). Philipp macht sich Hoffnung, Enis allerdings sieht in der Sache eher einen entspannten (Bildungs-)Urlaub.
Sie erkunden gemeinsam die Insel, genießen die Sonne, feixen und verirren sich dezent. Dann treffen sie auf einen geheimnisvollen Kerl namens Hercules – weil, Olaf heißt man eben nur in Bottrop und bei Disney – Hercules jedenfalls erzählt eine phantastische Geschichte, deren Wirkung durch ein paar Kurze verstärkt wird. Nach der Nacht in der Höhle ist irgendwie alles anders. Jedenfalls etwas.
Handlungstechnisch sind das im Grunde schon zwei Drittel des Films, in Orfeos Traum allerdings geht es auch mehr ums Wie als ums Was. Das ist natürlich ein toller Ansatz, der jedoch nur dann überzeugen kann, wenn das Wie entsprechend fesselnd und zumindest einigermaßen nachvollziehbar ist. Da wird es leider schwierig.
„Orfeos Traum“ verharrt in Ansätzen
Zwar kommen die Dialoge in erster Linie authentisch daher, interessant sind auch die paar eingestreuten Bildungsmomente. So scheint insbesondere Enis in Griechenland wissbegierig zu sein. Aber er studiert ja auch, wie mehr als einmal deutlich betont wird. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern Julien Lickert (Enis) und Sascha Weingarten (Philipp) passt durchaus auch. Jedoch wirkt ausgerechnet ein Moment größter Nähe enorm forciert und unecht.
Ein großes Plus sind sicherlich die teilweise sehr tollen Bilder, die Kameramann Manuel Ruge hier liefert. Er schafft es gut, die unterschiedlichen Stimmungsbilder vom Alltagsleben in Berlin und dem hoffnungsvollen und aufgeladenen Urlaubsmodus in Griechenland einzufangen. So strahlen die Bilder der griechischen Landschaft und Küstenregion eine wunderbare Entspanntheit aus, die zum mythologischen Unterbau der Geschichte passt.
Die Geschichte wiederum ist… nun. Es werden ein, zwei Dinge angestoßen, die schließlich nie zum Tragen kommen (beispielsweise Philipps Problem mit seiner sexuellen Orientierung und sein daraus resultierendes machohaftes Gebärden). Orfeos Traum ist großes Stückwerk, wirkt teilweise wie inhaltlich lose zusammenhängende Short-Films. Dennoch gibt es ein einigermaßen rundes, wenn auch holpriges und nicht zu manch einer vorhergehenden Unterhaltung passendes, Ende.
Wie bereits erwähnt, weiß Regisseur und Autor Tor Iben in Orfeos Traum nichts aus seiner Geschichte zu machen, was schade ist, denn sein Drehbuch hat sehr gute Ansätze (und einer der besten Witze seit langem, Stichwort: Merkel und verheiratete Frauen). In seinen Ansätzen allerdings bleibt er stecken. Immerhin gibt es passend zum Titel träumerische Bilder und der Film ist durchaus kurzweilig, was ihn in der Hinsicht vom überambitionierten Lichtes Meer abhebt.
Orfeos Traum (OT: Orpheus’ Song); Deutschland 2019; Regie & Drehbuch: Tor Iben; Kamera: Manuel Ruge; Darsteller: Sascha Weingarten, Julien Lickert, Henry Morales, Kristina Kostiv, Murat Dikenci, Jasper Joseph, Wolfgang Reeb; Laufzeit: ca. 75 Minuten; FSK: 12; Pro-Fun Media; erhältlich auf DVD, als VoD und Download
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