Seite des Schwulen Museums von Facebook gesperrt

Facebook sperrt die Seite des Schwulen Museum wegen eines geplanten Posts mit Bildern der Fotografin Zanele Muholi. Mensch, toll, Facebook. đŸ€ŠđŸœ – UPDATE: Sperrung zurĂŒckgenommen, und doch
 stellen sich Fragen (siehe unten)

Nicht nur die Bundesregierung nutzt die Zeit um den Pride Monat fĂŒr queer-feindliche Politik, auch das zum gleichnamigen Unternehmen gehörende soziale Netzwerk Facebook agiert eher anti-queert, hat es doch am Donnerstag die Seite des Schwulen Museums gesperrt und diese selbst fĂŒr die Admins unzugĂ€nglich gemacht. Grund fĂŒr die Sperrung: Ein geplanter (!) Post mit Fotografien der sĂŒdafrikanischen KĂŒnstlerin Zanele Muholi. Auf den Bilder sind unbekleidete Frauen zu sehen, allerdings keine Genitalien oder sexuelle Handlungen.

„Katastrophe und Skandal“

Dies jedoch reichte laut Pressemitteilung des SMU bereits, „um die Facebook-Zensoren in Wallung zu bringen. Nachdem Facebook den fĂŒr kommenden Montag geplanten Post zunĂ€chst mit der Meldung versah, dass er gegen ‚Gemeinschaftsstandards zu Nacktdarstellungen‘ verstoße, wurde das gesamte Konto des Museums auf ‚nicht öffentlich‘ gestellt. Das Museum bekam noch die Gelegenheit, sich ĂŒber einen entsprechenden Button ĂŒber die Entscheidung zu beschweren.“ Danach sei die Seite am Abend nicht mal mehr fĂŒr die Administrator*innen zugĂ€nglich gewesen. 

FĂŒr das Museum, das nach langer Schließung aufgrund der Corona-Maßnahmen erst kĂŒrzlich wieder eröffnen konnte, „ist diese Entscheidung gleichzeitig eine Katastrophe und ein Skandal“, so SMU-Sprecher Daniel Sander. „Weltweit solidarisieren sich Unternehmen anlĂ€sslich des Pride Monats mit der LGBTIAQ+ Community – und das grĂ¶ĂŸte soziale Netzwerk nimmt dem Schwulen Museum wegen der Darstellung von queerer Kunst einer Schwarzen Fotografin seine Stimme.“

Das unzensierte Bild, wie es bei Facebook erscheinen sollte: Die Fotografien von Zanele Muholi, v.l.n.r.: Musa Ngubane and Mabongi Ndlovu, Hillbrow, Johannesburg; Nomsa Mazibuko and Fondo, outside the Hope Unity Metropolitan Community Church, a gay church, during Good Friday, Mayfair, Johannesburg; Katlego Mashiloane and Nosipho Lavuta, Ext. 2, Lakeside, Johannesburg; Katlego Mashiloane and Nosipho Lavuta, Ext. 2, Lakeside, Johannesburg, C-Prints, 2007 // Foto: © Ralf RĂŒhmeier/SMU

Im Moment bleibe dem Museum nichts anderes ĂŒbrig, als abzuwarten, ob Facebook die Entscheidung zurĂŒcknehme. Eine direkte Kommunikation sei laut Sander nicht möglich: „Die haben uns noch nicht mal eine E-Mail geschickt.“

„Das kann kein Zufall sein“

Dass man nichts anderes tun könne als zu warten und Druck auszuĂŒben schrieb auch der Historiker und PhD-Fellow an der Freien UniversitĂ€t Berlin, Ben Miller, der auch im Vorstand des Schwulen Museum ist, in englischer Sprache auf Twitter. Er ergĂ€nzte in seinem Thread darĂŒber hinaus die Titel der Fotografien und dass es kein Zufall sein könne, „dass queere Schwarze Frauen, trans und nicht-binĂ€re Menschen, die fotografiert von einer nicht-binĂ€ren Schwarzen Person, diese Reaktion auslösten. (Im Gegensatz zu den oberkörperfreien weißen Schnuckeln und Muskel Queens, ĂŒber die FB/Insta liebend gern Werbung verkauft.)“

https://twitter.com/benwritesthings/status/1403271365336109059

Das Schwule Museum wurde 1985 als weltweit erstes seiner Art gegrĂŒndet, um der Geschichte und Kultur schwuler MĂ€nner eine Heimat zu geben. Seitdem hat sich das Haus fĂŒr die gesamte LGBTIAQ+ Community geöffnet und zu einem international anerkannten Kompetenzzentrum fĂŒr die Erforschung, Bewahrung und PrĂ€sentation der Kultur und Geschichte queerer Menschen und sexueller und geschlechtlicher Vielfalt entwickelt.

Wir halten euch auf dem Laufenden.

UPDATE, 11. Juni 2021, 15:18 Uhr: Die Facebook-Seite vom Schwulen Museum ist wieder freigeschalten und erreichbar. Dennoch bleibt die Frage, egal ob es sich um ein Versehen handelte oder nicht: Was wĂ€re gewesen, hĂ€tte es sich hierbei nicht um die Seite einer gut beleumundeten Institution gehandelt, die sich auch auf ihre Stellung berufen und auf eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit setzen kann? Und viel wichtiger: Wie abhĂ€ngig sind wir, Corona hin oder her, als marginalisierte Gruppe trotz der WillkĂŒr und der Undurchsichtigkeit solcher Plattformen von eben diesen? Leider wohl sehr.

Eure queer-reviewer

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