„Auf ne Art berührt mich das alles“

Zum Vierte-Ausgaben-Jubiläum unserer Reihe 5 Fragen an… haben wir uns ein besonders spezielles Schmankerl an Mensch und Inhalt zurechtgelegt und durften ein wenig tiefer in die Gedanken vom am 4. August 1993 in Kandel geborenen Musiker Drangsal schauen, der den geneigten Leser*innen schon in Sebastian Goddemeiers Band Coming Out manch einen Einblick in sein Wesen gegeben hat. Wie auch im seinem Buch Doch, das eine Mischung aus Memoire, Kurzgeschichten und Autofiktion ist (und aus dem er auch hier und da liest).

Im Zusammenhang mit dem Erstgenannten begegneten wir dem Satz: Besser „Hand in Hand als Faust auf Faust“. Etwas, das dezent an Udo Jürgens und dessen Song „Eine Hand ist keine Faust“ denken lässt. Womit wir beim Kern angekommen wären: Musik. Diese ist es, der der Fokus Drangsals gehört und selbst in seinen Antworten zu favorisierten Filmen begegnen uns vor allem solche, die nicht zuletzt auch wegen des Einsatzes von Musik zu stimmungsgewaltigen Werken werden.

Alles Teil der Exit Strategy…? // Foto: © Max vom Hofe

Apropos Stimm(ungs)gewalt: Drangsal ist aktuell auf seiner Exit-Strategy-Tour; das zugehörige Album, inklusive „Mädchen sind die schönsten Jungs“ und „Urlaub von mir“, erschien vor bald einem Jahr. Zu seinem Geburtstag in wenigen Tagen, könnt ihr Drangsal im Kulturzentrum Faust in Hannover sehen, anschließend in der Markthalle Hamburg und am kommenden Samstag, 6. August 2022, dann schon in Berlin im Festsaal Kreuzberg. Danach gibt’s eine knappe Woche Pause (zurecht, nach drei Tagen Birthday-Concert-Bash) und am 13. August geht es in der Sputnikhalle in Münster weiter.

Zwei Dinge wollen wir euch ebensowenig vorenthalten: Vor zwei Wochen veröffentlichte Drangsal gemeinsam mit Lyschko die Single „Fremd“, die ihr selbstredend auch bei uns in der QUEER-SOUNDS-Playlist findet. Und ebenso sei auf diesen gemeinsamen Track mit Sam Vance-Law hingewiesen: „Ich will nicht älter werden“, zu finden auf der EP SVL – NDW.

Nun aber zu den fünf Fragen, die Drangsal uns an einem Mittwoch im Juli in einem entspannt-schlagfertigen – trotz Verfrühung und Poststress – Telefonat beantwortete. 

Welches Buch hat Dich zuletzt geprägt oder berührt?

Drangsal: Mein Problem ist: Ich bin so ein richtig schlimmer Leser und lese immer super viele Sachen parallel. Ich mühe mich immer noch ab an Tief unten von Joris-Karl Huysmans, was so eine Reclam-Ausgabe ist, die aber auch so fünfhundert Seiten mit winziger Schrift hat.

Das Buchcover zu Drangsals DOCH, erschienen bei Claassen

Gerade habe ich Helene Hegemanns neues Buch Schlachtensee gekauft. Da durfte ich bei der Buchpremiere, die mehr eine Performance war, die Musik machen und kannte so einige der Texte in der dafür aneinandergereihten Fassung und die hatten mich sehr berührt.

In meiner ganzen Wohnung verteilt liegen aufgeschlagene Bücher. Es sind oft so Musiker*innen-Biografien oder –Porträts. Ich hab immer noch eine Leihgabe über die Band DAF; im Berliner Kultlokal Das Klo hab ich mal so eine goldene Tischplakette bekommen und zu dieser feierlichen Einweihung hat mir jemand ein Buch geschenkt über den Mann, der das berühmt-berüchtigte Konzert der legendären Black Metal Band Mayhem damals in Leipzig veranstaltet hat, das lese ich gerade auch noch.

Auf ne Art berührt mich das alles und ja… vielleicht les’ ich mal eins fertig [lacht]. Außerdem ist es oft eine wunderbare Experience in einen Buchladen zu gehen. 

Welcher Film/welche Serie ist Dir deutlich in Erinnerung?

Drangsal: Filme versuch’ ich ständig zu schauen. Neulich hab ich Cradle of Fear geguckt, der ist gerade auf Netflix. Ich hab ein ganz krasses Faible für schlechte Filme oder für solche, die als schlecht gelten. Da hab ich extrem Freude dran. Sowas wie Killer Klowns from Outer Space oder Daniel der Zauberer, den liebe ich und hab ich bestimmt schon fünf Mal gesehen.

Was schauen wir denn? // Foto: © Max vom Hofe

Aber ich mag auch gute Filme [lacht]. Delikatessen hab ich neulich geschaut, der ist auch ästhetisch einfach schön. Mulholland Drive und Lost Highway habe ich auch kürzlich mal wieder geguckt, das kann man irgendwie immer machen. Oder zum Beispiel Happiness von Todd Solondz, eine ganz bitterbös-schwarze Komödie. Den fand ich super.

Serien mag ich eigentlich nicht so, auch das Warten und Vergessen zwischen den Staffeln nicht, ich hab beispielsweise noch nie Stranger Things gesehen. Neulich aber mal Ozark geschaut. The Boys hab ich angefangen. 4 Blocks hab ich auch nochmal komplett durchgebinged, Einfach an zwei Tagen nochmal die kompletten drei Staffeln geguckt.

Gibt es auch was an Musik?

Drangsal: Ich hab in den letzten paar Tagen sehr oft zwei Songs gehört. Nämlich von Ixi „Knutschfleck“ und von Françoise Hardy den Song „Oh oh chéri“. Den zweiten, weil ich auf einer Feier war und da lief der und ich kannte nur die deutsche Version „Ach Ach Liebling“ von Stereo total, die ich sehr liebe und nicht wusste, dass das eine Coverversion ist. 

Ansonsten keine bestimmte Art, es kommt immer auf den Song an. Ich finde zum Beispiel „She Wolf“ von Shakira ist einer der besten Popsongs aller Zeiten. Aber ich mag auch ganz grauselige Musik wie Harsh Noise. Ich find einfach schön, was es so an Bandbreite an Musik gibt und wie sie es immer wieder schafft, neue Dinge in einem auszulösen.

Was kommt Schönes auf den Teller, und was auf gar keinen Fall?

Drangsal: Ich bin leider, leider, leider so’n krasser Fast-Food-Mensch manchmal. Das gibt mir so eine sehr kindliche Art des Komforts zurück. So Erinnerungen an die Zeit, wo man einmal im halben Jahr zu McDonald’s durfte oder so. Dann gibt’s wieder Phasen, wo ich das vermeide.

Was kommt mir auf gar keinen Fall auf Teller… hmmm. Ich glaube, ich würde zu nichts „Nein“ sagen. Doch: Muscheln und Schnecken, find’ ich irgendwie nicht gut. Das liegt an der Konsistenz; ich würd’s wohl probieren, versuche aber zu vermeiden, in die Situation zu kommen, dass ich es müsste. Allein das Wort für diese Konsistenz, gallertartig… nee.  Oliven mag ich auch nicht und Kapern finde ich auch nicht lecker. Mit mir kann man nicht schick essen, gehen, merkste schon, ne? [lacht]

Ein letzter Gedanke, der nicht fehlen darf?

Tattoo und Co. // Foto: © Max vom Hofe

Drangsal: In sowas bin ich ganz schlecht. Ich würde den Leuten empfehlen und wenn ich jetzt so an mir selber runterschaue: Man sollte sich glaub ich nicht tätowieren lassen, bevor man fünfzig ist. Das so als gutgemeinter Rat an alle.

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