Der CDU-Parteitag am Wochenende hat nun nach fast einem Jahr Hängepartie Klarheit geschaffen: Armin Laschet ist der neue Vorsitzende der CDU Deutschlands, vielleicht sogar Kanzlerkandidat und nächster Regierungschef. Neben dem heimlichen Star Herrn Adams und dem etwas fragwürdigen Werbeblock von Jens Spahn in der Aussprache – den übrigens das ansonsten recht souverän agierende Tagungspräsidium um Generalsekretär Paul Ziemiak, die wiedergewählte stellvertretende Parteivorsitzende Silvia Breher und den Staatsminister Hendrik Hoppenstedt durchaus hätte abweisen können – bleibt im Nachhinein nicht zuletzt der Eindruck, dass Friedrich Merz nichts gelernt hat.
Anspruch mit Ansage
Schon wie vor zweieinhalb Jahren, als er gegen die ehemalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer unterlag, fordert er einen Posten im Kabinett Merkel, nämlich den des Wirtschaftsministers. Das hatte sich bereits letzte Woche angedeutet, denn schließlich hatte er gesagt, dass er im Falle einer Niederlage dem neuen Vorsitzenden und der Bundeskanzlerin seine Mitarbeit anbieten würde. Wieso der Kanzlerin? Sie ist nur mehr einfaches Parteimitglied und agiert sonst recht autonom als Bundeskanzlerin.
Egal, das Verhalten von Merz ist nicht nachvollziehbar. Nicht nur, dass er aus seinem Fehler von vor zwei Jahren nicht gelernt hat, sondern gleichzeitig zeigt sich, wie wichtig das von Armin Laschet stets bemühte Argument ist, dass er mit Regierungserfahrung aufwarten könne. Merz kann das nicht. Und das wird in seinem Vorschlag einmal mehr deutlich.
Nehmen wir nur einmal an, dass die Bundeskanzlerin ihren Wirtschaftsminister Peter Altmaier rauswürfe und durch Merz ersetze. Erstens wäre das Saarland düpiert, denn es wäre zwei führende Poste los. Nach AKK als Parteivorsitzender wäre der zweite Saarländer in einer Spitzenposition aus seinem Amt gedrängt – das somit schon jetzt vorherrschende NRW-Übergewicht in der CDU und der Regierung würde sich hingegen noch mehr verstärken. Insgesamt käme mit Jens Spahn und Anja Karliczek nämlich die Hälfte der CDU-Minister aus NRW.
Was kann, was will und was wird?
Aber einmal weitergedacht: Was stellt sich Merz denn vor? Ja, er hat in seinem jüngsten Buch Neue Zeit. Neue Verantwortung. durchaus ein Programm vorgelegt, wie er Deutschland und seine Wirtschaft reformieren könnte. Und manche davon wären bestimmt dem Standort zuträglich. Aber mal ehrlich: Glaubt er denn wirklich, dass er seinen Fokus in den verbleibenden sieben Monaten vor der Bundestagswahl auf eine vollständige Umsetzung seines „Wahlprogramms“ legen könnte?
Unabhängig von der Dauer eines regulären Gesetzgebungsprozesses – Erarbeitung von Gesetzesvorlagen, Abstimmung mit den Koalitionspartnern, parlamentarisches Verfahren, Ausfertigung eines Gesetzes – die Fragen, die uns dieser Tage in der Wirtschaftspolitik bewegen, orientieren sich nicht unbedingt am Inhaltsverzeichnis von Friedrich Merz‘ Buch. Statt Steuersenkungen, einer neuen Definition von sozialer Marktwirtschaft und seinen eher arbeits- als wirtschaftspolitischen Konzepten stehen wir heute vor ganz anderen Herausforderungen.
Bedacht statt Wut
Viel wichtiger als sein Programm wären heute die unverzügliche Auszahlung der Novemberhilfen, die Arbeiten an dem europäischen Cloud-Projekt GAIA-X, die Auswirkungen und Umsetzung der jüngsten Novellen des Wettbewerbsrechts und des EEG. Oder der Abfluss der Mittel aus dem bereits verabschiedeten Konjunkturpaket.
Nein, Friedrich Merz könnte in den verbleibenden Monaten – Wahlkampf ab dem Sommer nicht berücksichtigt – quasi kaum eigene Akzente setzen. Das müsste ihm doch eigentlich klar sein, oder? Oder geht es mit seinem Griff nach dem Wirtschaftsministerium doch eher um die Befriedigung seines Egos? Oder darum, eine kurze Schattenkanzlerschaft aufzubauen? Oder ist er einfach nur ein schlechter Verlierer, der seine Niederlage nicht einsehen will? Vermutlich ist die CDU daher mit Laschet als neuem, einem bedachten Vorsitzenden besser beraten als mit dem Friederich, dem Friederich. Der scheint tatsächlich ein echter Wüterich zu sein.
HMS
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