Casta Pop-Diva

Was haben Madonna und Helene Fischer gemeinsam? Oder wo wird Helene Fischer nur von der legendären Band Queen abgehängt? Hmmm?! Wahre Fans mögen das wissen, für alle anderen folgt nun harter musikkultureller Input: Mit Madonna hat die 1984 in der damaligen Sowjetunion geborene Künstlerin gemeinsam, dass sie sich mit jeweils 33 Wochen den ehrenvollen Spitzenplatz der am häufigsten auf #1 der Album-Charts platzierten weiblichen Künstlerinnen teilen. Queen wiederum belegt den ersten Platz auf der Liste mit den am häufigsten in den Album-Charts platzierten Künstler*innen überhaupt. Helene Fischer folgt auf Platz zwei — quasi vergoldetes Silber.

Die Zukunft mit Helene Fischer

Da wir in recht schnelllebigen und immerfort unüberschaubarer werdenden Zeiten leben, ist es beinahe faszinierend zu sehen, wie lange Helene Fischer schon dabei ist. Auch, weil es mensch so vorkommen mag, als sei dies noch gar nicht so lang. Dabei gab es das Debütalbum „Von hier bis unendlich“ schon im Jahr 2006. Fischer war bei der Veröffentlichung im Februar 2006 gerade einmal 21 Jahre jung. 

Unser Herausgeber erinnert sich noch daran, wie er im TV in Bayern einmal eine Hitparaden-Sendung mit einem gewissen Florian Silbereisen sah. Dieser kündigte Helene Fischer damit an, dass sie zwar noch jung sei, aber schon zu den ganz Großen ihrer Branche gehöre — und ihr wiederum gehöre die Zukunft. Auch Hans muss wohl daran geglaubt haben, schließlich hat er diese Ansage nie vergessen. 

Sieben Studioalben, diverse Live- und Compilation-Alben sowie ein Weihnachtsalbum später ist vor wenigen Tagen ein mit „Das ultimative Best Of“ dem Titel alles in allem gerecht werdendes Album mit 24 Tracks und einer Laufzeit von gut 90 Minuten erschienen. Quasi als perfekte Einstimmung auf die „Rausch Live“-Arena-Tour, die die akrobatische Sängerin gemeinsam mit dem renommierten Cirque de Soleil von Mai bis Oktober 2023 bestreiten wird. 

Neugierige Experimentierfreude

Helene Fischer Live in München 2022 // Foto: © Sandra Ludewig/Universal Music

Ich muss gestehen, dass ich lange Zeit nur die gaaaanz „großen“ Songs Fischers bewusst wahrgenommen habe: „Ich will immer wieder… dieses Fieber spür’n“ (dies streng genommen auch erst wirklich durch die DSDS-Teilnahme der Schweizerin Beatrice Egli) und natürlich „Atemlos durch die Nacht“ (beide klar auf der neuen Compilation vertreten). So war ich quasi, ausgenommen mancher Hörmomente von beispielsweise „Phänomen“, „Mit keinem Andern“, „Hundert Prozent“ und Co. in manch einer urigen Kneipe, late to the game: Die Sängerin mit der klaren Stimme war da schon lange Stammgast auf den ersten Plätzen diverser Charts. 

Mir gefiel dann sehr ihr 2017 erschienenes, schlicht „Helene Fischer“ betiteltes Album, da es äußerst experimentierfreudig und neugierig daherkam. Hier arbeitete sie unter anderem mit Simon Triebel, Fabian Römer, Wincent Weiss, Peter Plate und Ulf Leo Sommer sowie Ingrid Michaelson zusammen. Anschießend, im Jahr 2021, veröffentlichte sie das sehr poppige, wunderbar flirrende, durchaus mit nicht wenigen gesellschaftskritischen Elementen versehene Album „Rausch“, das bei uns recht häufig lief und noch läuft. Dazu gab es im ZDF den Doku-Musikfilm „Helene Fischer — Im Rausch der Sinne“. 

Schlager oder Pop oder…?!

Nun also nach gut siebzehn Jahren Musikkarriere „Das ultimative Best Of“-Album?! Warum auch nicht?! Fischer kann aus einer großen Menge an Songs wählen — ob nun Mitklatsch-Hymne, Ballade oder eingängige Hintergrundmusik; hat mit zig Personen von Rang und Namen zusammengearbeitet und duettiert. Vor allem aber: Eine krasse musikalische Vielfältigkeit, Wandelbarkeit und Entwicklung gezeigt. Dies fällt auch beim Anhören der 24 ausgewählten Stücke auf. Auf den wirklich wunderbaren Song „Regenbogenfarben“ mit Kerstin Ott (deren Produzent Thorsten Brötzmann mit Fischer auch beim vorgenannten 2017er-Album zusammenwirkte) folgt mit „Und morgen früh küss ich dich wach“ einer ihrer ersten Titel aus dem Jahr 2006.

Im Rausch mit Helene Fischer // Foto: © Sandra Ludewig/Universal Music

Klarer könnte es kaum werden, dass das Label „Schlager“ Helene Fischer mittlerweile kaum mehr gerecht wird. Kürzlich sprach ich mit einem Bekannten über die Sängerin und wir beide waren uns einig: Würde sie primär in englischer Sprache singen, würde sie in ganz anderen von den diversen Musik-Streamingsdiensten angelegten Playlists auftauchen, als „nur“ solchen wie „Schlager-Hits“ oder „Schlager Party 2023“. Wir würden sie in der Tat als (Deutsch-)Pop-Diva bezeichnen wollen; Diva hier selbstredend im besten Sinne. Eine Schwulen– respektive Queer-Ikone ist sie ohnehin.

Wüstenmusik

In Anbetracht all dessen scheint ein Best Of-Album also nur sinnvoll. Ganz abgesehen davon, dass es durch den musikalisch recht fein kuratierten Karriere-Ritt auch ein solides Album für jene Menschen sein dürfte, die womöglich noch nicht so ganz die Berührungspunkte zu Helene Fischer gefunden haben, grundsätzlich aber dem Schlager- und Deutschpop-Genre (auch mal mit Elektro-Momenten wie bei „Herzbeben“ versehen) nicht abgeneigt sind (die Grenzen sind ohnehin fließend — siehe Lea, Vanessa Mai oder auch Tristan Brusch). 

Und wer weiß, bei welcher Gelegenheit diese Personen das dann hören. Hier nochmals ein Schlag aus dem Leben unseres Herausgebers. Der befand sich im Jahr 2014 in Namibia und am Wochenende war regelmäßig Roadtrip angesagt. Da das Land flächenmäßig etwa doppelt so groß wie Deutschland ist, aber überwiegend aus Wüste besteht, besteht außerhalb der wenigen Städte nur selten Radioempfang. Wenn Musik laufen sollte, so musste es also (damals noch) CD sein. Hans erinnert sich:

„Eine davon war das Best Of Celine Dion in der Panflötenversion, auf einer anderen unter anderem ‚Atemlos…‘ von Helene Fischer. In Namibia fuhren wir also die Skelettküste entlang, rechts das Meer und gestrandete Schiffswracks, links die Wüste und mittendrin wir, wie wir Helene Fischer (oder Celine Dion) auf voller Lautstärke hörten und mitgrölten. Ein Moment, der sich mir ins Gedächtnis eingebrannt hat.“ 

„Rausch“ wie auch „Das ultimative Best Of“ hört er jedenfalls genauso gern wie der Autor dieser Zeilen. Wenn das mal keine Story ist. 

AS

Das ultimative Best Of“ von Helene Fischer ist am 12. Mai 2023 bei Universal Music erschienen. 

Hinweis: Inszeniert vom Cirque de Soleil ist Helene Fischer seit Anfang Mai auf der „Rausch Live“-Arena-Tour. Von morgen an wird sie bis zum 28. Mai 2023 in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen auftreten, anschließend vom 30. Mai bis zum 4. Juni in Berlin sowie u. a. in Hannover, Köln, Wien, Zürich, Arnhem (Niederlande), München und Frankfurt. Alle Termine und Informationen findet ihr auf der Helene Fischer-Homepage

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