Peter Plate und Ulf Leo Sommer übernehmen die Intendanz im Theater des Westens – Ein Kommentar von Frank Hebenstreit.
Tach zusammen,
das Theater des Westens war lange Jahre eine Institution in Berlin. Beim Verkauf an die Stage Entertainment GmbH gab es erwartungsgemäß den Aufschrei der Branche, aber es schien, als hätten im Laufe der Zeit alle Beteiligten ihren Frieden damit gemacht. Je häufiger sich die so genannten Erfolgsproduktionen der Stage aber in diesem Theater die Klinke in die Hand gaben, musste irgendwann auch der oder die Letzte einsehen, dass dieser Weg nicht der des Erfolges sein kann.
Probleme – mit und ohne Corona
Tanz der Vampire war eigentlich für das Haus viel zu groß, das wirkte auf der Bühne gepresst, Ghost – Nachricht von Sam konnte sich nicht zuletzt dank liebloser Gestaltung kein Jahr auf dieser Bühne halten. Liest man die Tabelle der Produktionen, dann wäre bald wohl ein stetiger Wechsel zwischen Tanz der Vampire und Mamma Mia angesagt gewesen, wobei die Corona Pandemie letzterem in diesem Haus den Garaus gemacht hat.
Wer auch immer den Schritt für den Neubeginn nach der Pandemie in Richtung Peter Plate und Ulf Leo Sommer gemacht hat, hatte den richtigen Riecher. Ku’damm 56 ging sowas von erfolgreich durch die Decke, dass es nach mehr als 14 Monaten stationärer Spielzeit zur Tour Produktion wurde. In ganz Deutschland wurden Stimmen des Bedauerns laut, dass sie es nicht gesehen hatten, da war der Weg in die Tour wohl nur folgerichtig.
Aber der Erfolg gab den beiden Herren recht, sodass ein weitaus gewagteres Projekt seinen Weg auf die Bühne des altehrwürdigen TdW finden konnte.
„Wir sind überglücklich, nicht nur die künstlerische Intendanz von einem der schönsten Theater Berlins zu übernehmen, sondern auch hocherfreut, damit verbunden die wunderbare Zusammenarbeit mit den fantastischen Kollegen intensivieren zu können.“
Peter Plate und Ulf Leo Sommer zu ihrer neuen Aufgabe
Romeo & Julia – Liebe ist alles. Ich habe selbst eine begeisterte Rezension über dieses Stück geschrieben und stehe auch nach Monaten immer noch zu jeder einzelnen Zeile. Und nicht nur ich habe wohl das Brillieren der Nebendarsteller*innen in diesem Stück gesehen. Auch vielen anderen scheint gerade Steffi Irmen in der Rolle der Amme aufgefallen zu sein. Wäre es nicht eine Schande gewesen diesen Charakter, den Steffi so leichtfüßig in die Herzen aller Zuschauer gespielt hat, mit dem Abspielen sterben zu lassen?
Und so fallen in diesen Tagen gleich mehrere erfreuliche Richtungswechsel und Richtungsweiser zusammen.
Ku’damm 59 hat bald Weltpremiere
Die Amme – Haube richten und weiter wird ein eigenes Stück. Was vielleicht nur als einmaliges Ereignis geplant war, wird nach 4 frenetisch gefeierten Previews seinen Weg als festes Repertoire Stück finden. An dieser Stelle verneige ich mich dankbar in Richtung von Steffi Irmen. Ich hatte selbst das Glück, Karten für eine Preview zu ergattern. Ich bin heute noch geflasht und dankbar die Ausstrahlung dieser großartigen und bescheidenen Frau allein die ganze Bühne ausfüllen zu sehen. Ich habe ihr, wie alle anderen an diesem Abend in diesem Haus auch, mein Herz überlassen und sie mich lachen, weinen und fühlen lassen.
Ein Abend, den ich mein Lebtag lang nicht vergessen werde. Danke!
Was also liegt näher, als den beiden eine solche Leitung zu geben, die die Chuzpe und den Willen haben solche Entscheidungen zum Wohle von Kunst, Schaffen, Kreativität und den Charakteren zu treffen und damit dann auch noch den wirtschaftlichen Erfolg neu zu entfachen.
Wird ihr Weg einfach sein?
Nein!
Wird es spannend zu sehen, was sie aus dem Haus machen?
Ja!
Will ich da wieder hin?
Jetzt erst recht!
Also, dieser Richtungswechsel ist richtig, wichtig und hoffentlich auch richtungsweisend. Nicht nur für Berlin, sondern für die Kunst und Kulturszene in ganz Deutschland.
Lasst uns wieder Qualität vor Quantität setzen. Niemand sollte sich zwischen künstlerischer Qualität und wirtschaftlichem Erfolg entscheiden müssen. Wenn das eine stimmt, dann kommt auch das andere. Das zeigt das Beispiel Theater des Westens ganz deutlich. Und wenn die monetären Erwartungen nicht gleich auf einen Goldesel, sondern auf ein redliches Auskommen zielen, dann wird das auch künftig was mit guter und begeisternder Kultur.
Denn immer daran denken: Ohne Kunst und Kultur wird’s still.
In diesem Sinne
PS: Am 18. März 2024 haben Peter Plate und Ulf Leo Sommer live im Theater des Westens eine Folge ihres (empfehlenswerten) Podcasts Liebe, Sex, Tod unter Moderation von Julian Hutter sowie mit Steffi Irmen als Gast aufgezeichnet und Marcella Rockefeller hat es sich nicht nehmen lassen, ebenfalls vorbeizuschauen. Hier könnt ihr das Video dazu anschauen. Anschließend gab es ein Pre-Listening zum Ku’damm 59-Album, das am 12. April erschienen ist. Eine Besprechung von uns gibt es in den kommenden Tagen.
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