Den Vater nicht mit dem Bade ausschütten

Aktuell scheint es eine Art Trend zu sein, Serien, Filme und Bücher darauf abzuklopfen, ob sie „gut gealtert“ sind. Die Urteile fallen dabei so vielfältig aus, wie es eine Menge an fiktionalen Schöpfungen gibt. An sich begleite ich dies größtenteils interessiert, manches Mal amüsiert, manches Mal irritiert, selten verärgert, vom Rand. Irritiert beispielsweise war ich, als ich vor gar nicht allzu langer Zeit immer häufiger hörte, dass How I Met Your Mother so schlecht gealtert sei. Bitte?! Irritierend ist das aus zwei, drei Gründen: Zum einen endete die Serie nach neun Staffeln erst 2014 und in ihren neun Jahren hat sie der konstant selbe Ton und Humor geprägt. HIMYM ist also in sich selbst schon einmal nicht gewachsen. 

Dann geh doch zum Lachen in den Keller

Zum anderen waren Ton und Humor bereits zum Start der Serie 2005 seit eigentlich zehn Jahren nicht mehr en vogue. How I Met Your Mother wirkte von Beginn an wie eine zu spät gekommene 90er-Jahre-Sitcom. Was sie auszeichnete, war das vermeintlich neue Konzept des zeitversetzten Erzählens; vor allem aber das Ensemble, zwischen dem die Chemie stimmte. Da verzieh man auch die nicht wenigen flachen, sexistischen und vorhersehbaren Witze. Zuletzt: Viele, die nun beklagen, dass es eigentlich gar nicht so gut gewesen sei, lachten vor nicht einmal zehn Jahren herzlich drüber (und ärgerten sich wohl über das unsägliche Ende) und, wie ich vermuten möchte, kriechen doch an manch grauem Wochenende unter die Decke und mummeln sich mit Ted, Robin, Barney und Co. ein. 

Sophie (Hilary Duff) und Valentina (Francia Raisa) in Episode 2 “FOMO” // Foto: © Patrick Wymore/Hulu

Für all jene, die bei ihren Sitcoms auch gern einfach mal abschalten, sich ein wenig berieseln lassen wollen und die das Grundkonzept vermisst haben, gibt es nun auch im Free-TV Abhilfe (auf Disney+ ist die Serie bereits seit Sommer 2022 platziert). Die Spin-Off-Serie How I Met Your Father mit YoungerHilary Duff als Sophie, die auch nach 87 Dates (Anfängerin!) noch immer an ihren Mr. Right glaubt, startet pünktlich zum Valentinstag an diesem Montag auf ProSieben. Sophie ist quasi die weibliche Version von Ted und Kim Cattrall erzählt als ältere Sophie rückblickend aus dem Jahr 2050 ihre Geschichte. 

Bekanntes Terrain, neue Gesichter

Im Gegensatz zur Mutterserie (ahahaha…), bei der wir den verstorbenen Bob Saget eher hörten als sahen (ihm ist auch die erste Folge gewidmet), ist Cattrall in persona präsent, was manchen Moment und Kommentar gut auflockert. Ansonsten ist das Setting der nun von Isaac Aptaker und Elizabeth Berger (Love, Victor) kreierten Serie, deren Titelsong „Hey Beautiful“ von Lennon Stella etwas aufgehübscht wurde, bekannt: Die eher romantisch veranlagte Sophie hat eine toughe beste Freundin, Valentina (nice: Francia Raisa, Grown-ish), und beide müssen sich als junge Frauen durch den nicht auf Work-Life-Balance achtenden New Yorker Dschungel schlagen. 

Jesse (Chris Lowell) und Sophie (Hilary Duff) // Foto: © Patrick Wymore/Hulu

In einem Uber, der Sophie zu ihrem Tinder-Date Ian (Daniel Augustin) bringen soll, treffen sie auf den Barbetreiber Sid (charmant: Suraj Sharma, God Friended Me) und dessen besten Freund und Mitbewohner Jesse (hach: Chris Lowell, Private Practice, GLOW, Inventing Anna). Sid wird ein Buddy und Jesse ein potenzielles Love Interest für Sophie. Dazu stoßen noch der Brite Charlie (Tom Ainsley, The Royals), der auch die weiche Seite in Valentina wecken soll sowie die lesbische, gerade von ihrer Frau geschiedene Adoptivschwester Jesses, Ellen (Tien Tran, Q-Force, Candyman). Natürlich gibt es noch reichlich Gast- und Nebencharaktere, wie die von Queen B Leighton Meester gespielte Meredith, die Jesse zu Beginn von How I Met Your Father unterhaltsam das Herz bricht, Sophies Mutter Lori, die natürlich ihr komplettes Gegenteil ist und die Schauspielerin Paget Brewster als soliden Wirbelwind gibt oder Josh Peck als ein weiteres Love Interest von Sophie.

Spleenig und angenehm seicht

Im Gegensatz zur Ursprungsserie gibt es hier also schon einmal Queerness im Grundkonzept (die auch durchaus immer mal Raum einnimmt), die Hauptdarsteller*innen sind nicht ausschließlich weiß und natürlich spielt Technik eine wichtige Rolle (auch da wirkte HIMYM wie eine 90er-Nummer). Ebenso ist der Ton an mancher Stelle ein Stück weit ernster, wenn natürlich auch beinahe jeder Dialog auf Pointe, Zuspitzung, Missverständnis und Aussöhnung angelegt ist. Aber es ist eben auch eine Sitcom und sie funktioniert im selbst abgesteckten Terrain. Allein das Gespann Sophie-Valentina bringt Freude, erinnert ein wenig an Gabi und Sofia aus Young & Hungry, eine weitere Comedy, die auch seicht aber in dieser Hinsicht wunderbar war.

Ellen (Tien Tran), Valentina (Francia Raisa), und Charlie (Tom Ainsley) // Foto: © Patrick Wymore/Hulu

Ebenso funktioniert über die zehn Episoden umfassende erste Staffel das Konzept der Störfaktoren recht gut, schließlich sollen wir nicht prompt zum Vater kommen. Das Ensemble braucht ein wenig, um zu funktionieren, dann läuft es aber. Wer Hillary Duff und ihren spleenigen Schwung und/oder Chris Lowells verschmitzt-unsicheren Style mag, ist hier ohnehin gut aufgehoben und bekommt bestenfalls, was sie oder er erwartet. Ist doch eben alles eine Frage der entsprechenden Haltung. Und für Fans von HIMYM gibt es gar den einen oder anderen Gastauftritt (wenn auch nicht immer ganz geschmeidig). Etwas, das in der gerade in den USA gestarteten zweiten Staffel fortgeführt wird. 

How I Met Your Father ist also kein Gold, aber doch sehr feine Bronze mit Silberstich und das passt. Es müssen — und sollen — ja nicht immer gleich Brooklyn Nine-Nine, Broad City, Veep oder The Good Fight (ja, das ist in Teilen auch eine Workplace-Comedy) sein. So ist’s auch mal gut. 

AS

PS: Apropos diverse Serien: In der Edition Olms Zürich ist vor nicht allzu langer Zeit ein recht feiner Serienführer erschienen. Streams für dich. 1000 TV-Serien für jede Stimmung — hierin kann Vergessenes wiederentdeckt, können Klassiker-Schätze erstmals gehoben und Übersehenes erkundet werden. Hat was (leider auch diverse Rechtschreibfehler; eine Besprechung kommt)!

How I Met Your Father ist seit dem 8. Juni 2022 auf Disney+ verfügbar und wird ab dem 13. Februar jeweils montags um 20:15 Uhr auf ProSieben ausgestrahlt und ist eine Woche zuvor auf Joyn verfügbar. 

How I Met Your Father – Staffel 1; USA 2022; Idee: Isaac Aptaker, Elizabeth Berger; Regie: Pamela Fryman, Kimberly McCullough, Morenike Joela Evans, Phill Lewis, Kelly Park, Lynda Tarryk; Drehbuch: Isaac Aptkaker, Elizabeth Berger, Carter Bays, Craig Thomas, Emily Spivey, Dan Levy, Amelie Gilette, Christopher Encell, Donald Diego, Karen Joseph Adcock, Ria Sardana, Jeremy Roth, Ama Quao, Ally Thibault; Kamera: Gary Baum; Musik: Jeff Cardoni; Darsteller*innen: Hilary Duff, Chris Lowell, Tom Ainsley, Francia Raisa, Suraj Sharma, Tien Tran, Kim Catrall, Stony Blyden, Josh Peck, Daniel Augustin, Leighton Meester, Tessa Auberjonois, Paget Brewster, Dan Bucatinsky, Cobie Smulders, Kyle MacLachlan, u. v. a.; zehn Folgen à ca. 23 Minuten

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