Reads like Young Adult Spirit

„Liebes Uuuuuniversum – ist das aaaaalles, was du kannst?“, trällert es im mittlerweile auf Deutschlandtournee befindlichen Musical Ku’damm 56. Dort war es eher Enttäuschung, in manch anderen Fällen ist das Universum jedoch die unberechenbare Unbekannte, die Menschen unversehens in Situationen bringt, auf die sie nicht vorbereitet sind und die nicht selten auch wenig komfortabel sein mögen.

Das haben die beiden Hauptcharaktere Ben und Arthur in Becky Albertallis und Adam Silveras Was ist mit uns? oft leidlich erfahren müssen – und trotz aller Widrigkeiten am Ende dennoch zusammengefunden. In der Fortsetzung des Jugendbuches, das unter dem Titel Auf das mit uns in der Übersetzung von Christel Kröning und Hanna Christine Fliedner bereits 2022 im Arctis Verlag erschienen ist, sehen sich die beiden Protagonisten erneut den Kapriolen des Universums ausgesetzt.

Fernbeziehung ist nicht für jede*n was

Zwei Jahre nach Was ist mit uns? sind Arthur und Ben 18 beziehungsweise 19 Jahre alt. Während Ben noch immer bei seinen Eltern in New York lebt, hat es Arthur fürs Studium von Georgia nach Connecticut verschlagen. Für ein Praktikum soll er nun aber erneut einen Sommer im Big Apple verbringen. So weit, so gut. Allerdings erfahren wir gleich zu Beginn von Auf das mit uns, dass das mit der Fernbeziehung vor zwei Jahren nicht geklappt hat und sich beide aus den Augen verloren haben.

Arthur hat jetzt eine Beziehung mit einem jungen Mann namens Mikey, Ben etwas Undefiniertes mit einem Mario. Als Arthur jedoch wieder in der Stadt ist, brechen nach und nach die alten Gefühle durch, was die Beziehungen der beiden jungen Männer vor eine harte Probe stellt. Sind sie tatsächlich schon übereinander hinweg, wie sie sich selbst und ihren jeweiligen Freunden und Bekannten immer wieder Glauben machen wollen?

Wir sind reifer – oder?

Bereits nach wenigen Seiten sind wir wieder voll in der Welt von Arthur und Ben gefangen. Arthur, der alles zerdenkende Praktikant eines bekannten, queeren Broadway-Theaterregisseurs, ist sich seiner Gefühle gegenüber Mikey eigentlich einigermaßen sicher, bis Ben erstaunlich schnell vor einem uns nicht unbekannten Postamt wieder vor ihm steht. Und Ben wiederum scheint eigentlich glücklich mit Mario zu sein, der ihn im Verlauf des Buches in ganz andere Welten zu entführen versucht.

Wie bereits im ersten Band verzaubern Becky Albertalli und Adam Silvera uns mit der Magie von Der Zorn der Zauberer, äh Auf das mit uns. Viele von uns dürften sehnsüchtig an ihre eigenen, etwas unbeholfenen Versuche von Liebe und Beziehung im Teenageralter zurückdenken. Mensch merkt Ben und Arthur zwar an, dass sie um ein paar Jahre gealtert sind, aber viele ihrer charmanten und schmeichelhaften Unsicherheiten sind immer noch da. Die Charaktere hat das Autorenduo also sehr gut und glaubhaft fortentwickelt.

Queerness reloaded

Dazu kommt, dass sie – ebenfalls ähnlich wie im ersten Band – immer wieder schöne Reminiszenzen an das queere Leben einbauen. Wir erleben eine Episode auf der Pride-Parade, queere Ikonen geben sich in Randnotizen wieder die Klinke in die Hand und auch Themen wie Homofeindlichkeit werden zumindest angerissen, selbst wenn manchmal etwas ungesagt bleiben könnte.

Der zweite Band ließe sich prinzipiell sogar ohne Kenntnis des ersten lesen, denn es werden viele Hintergründe gut in Nebensätzen oder kurzen Erläuterungen erklärt. Sinnvoller ist es aber wohl dennoch, zuerst Was ist mit uns? zu lesen – nicht zuletzt, weil es einfach ein gutes Buch für junge und nicht mehr ganz so junge Leserinnen und Leser ist.

Wir sind reifer.

Allerdings liegen auch bei mir rund zwei Jahre zwischen der Lektüre beider Bücher und damit zwei Jahre, in denen ich mich auch selbst weiterentwickelt habe. Das heißt in Bezug auf Auf das mit uns, dass das Buch zwar immer noch sehr gut zu lesen war und mir auch durchaus Freude bereitet hat. Gleichzeitig weiß ich nicht, ob es an mir liegt, dass ich manche Verhaltensweisen oder Attribute jetzt einfach anders hinterfrage.

So süß die Geschichte an vielen Stellen nämlich sein mag, oft wundere ich mich doch über die Naivität, die de Hauptcharaktere an den Tag legen. Klar bin ich nicht der Maßstab der Seriosität, aber manchmal legen Ben, Arthur und Co. gefühlt sehr viel Unbeholfenheit an den Tag. Andererseits schreibe ich hier aus der Perspektive eines Mannes Mitte 30 über ein Buch, das Jugendliche beziehungsweise junge Erwachsene und deren social-media-getränkte Realität zum Gegenstand hat. Vielleicht liegt meine Distanz also zumindest in Teilen hierin begründet.

Auch wer mit Eifer sucht, findet keine Eifersucht

Ein Aspekt brilliert jedoch durch permanente und eigentlich unglaubwürdige Abwesenheit: Eifersucht. Eifersucht ist eines der menschlichsten Gefühle und wer sie noch nie verspürt hat, werfe die erste Hotdog-Krawatte. Arthur und Ben jedenfalls lernen auch den Partner des jeweils anderen kennen und freuen sich lange Zeit über das Glück des jeweiligen Pärchens.

Gleichzeitig aber merken sie, wie in ihnen die Gefühle füreinander wieder keimen. Dass das mit einer gehörigen Portion Eifersucht einhergeht, dürfte eigentlich klar sein, wird aber nur an einer entscheidenden Stelle kurz angedeutet. Ansonsten ist Eifersucht kein Thema in diesem Buch. Das ist in einer idealtypischen Welt vielleicht so, in der Realität – zumal in einer, die postpubertäre Erwachsene zum Gegenstand hat – scheint das doch eher unrealistisch. Das ist leider ein bisschen zu viel Schmalz und Feelgood und das wurde beispielsweise in dem Film Something Like Summer deutlich besser umgesetzt.

Gleichzeitig ist Auf das mit uns von Becky Albertalli und Adam Silvera aber ein sehr gutes und fesselndes Jugendbuch, das nochmal mehr Queerness und Diversität bietet als schon der Vorgänger Was ist mit uns? ganz in der Tradition von Love, Simon und Love, Victor bekommen wir hier eine Young-Adult-Geschichte präsentiert, die uns in ihren Bann zieht und gut unterhält. Das Universum meint es gut mit uns, dass es uns dieses Buch beschert hat.

HMS

Becky Albertalli, Adam Silvera: Auf das mit uns; August 2022; Aus dem Englischen von Hanna Fliedner, Christel Kröning; Hardcover, gebunden; 384 Seiten; SBN 78-3-03880-061-3; Arctis Verlag; 19,00 €

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