Funkelndes (Female-)Empowerment

Manchmal ist es komisch, was doch so an einem vorbeigehen kann. So habe ich beispielsweise erst kurz vor der Deutschlandpremiere am vergangenen Mittwoch im Berliner Admiralspalast von einer der Musical-Sensationen aus Großbritannien der letzten Jahre erfahren. Der Name lautet schlicht SIX und es geht um die sechs Ehefrauen von Tudor-König Henry VIII. (1491 – 1547). Bekanntlich ging der ja eher sehr… unroyal… äh unloyal mit seinen (Ex-)Frauen um.

Ein Phänomen

So heißt es auch direkt im ersten Song „Ex-Wives“:

Damit ist die Reihenfolge der sehr divers repräsentierten Queens, die sich im seit ihrem Start im Jahr 2017 mehrfach preisgekrönten Muscial SIX (u. a. zwei Tony Awards für Best Score und Best Costumes; zwölf Broadway World Theatre Fans‘ Choice Awards; Drama Desk Awards ) von Toby Marlow und Lucy Moss in wunderbar funkelnden Kostümen von Gabriella Slade battlen, auch direkt festgelgt. Catherine of Aragon (sehr stark: Nicole Louise Lewis), Anne Boleyn (Izi Maxwell), Jane Seymour (vielseitig: Erin Caldwell), Anna of Cleves (spitze – stimmlich das Highlight: Kenedy Small), Katherine Howard (etwas blass: Lou Henry) und Catherine Parr (weiteres Highlight: Aoife Haakenson) treten für knapp achtzig Minuten gegeneinander an, um herauszufinden, welche von ihnen es schwerer hatte und doch wichtiger für den launischen König gewesen sein könnte.

© Pamela Raith Photography

Dabei bekommt jede der SIX-Queens neben vielen Gruppennummer (begleitet von einer ausschließlich weiblichen Band aka den Hofdamen) auch ihren jeweils eigenen, besonderen Moment. Da wird es manches Mal beinahe melancholisch, wenn kräftiger Pop(-Rock) auch im Vordergrund steht. Nicht selten mögen Zuschauer*innen an Adele, Taylor Swift, Beyoncé oder Ariana Grande denken. Wenn auch nichts wie ein Abklatsch wirkt, was neben Marlow und Moss sicherlich auch dem für die Orchestrierung verantwortlichen Tom Curran sowie Musical Supervisor Joe Beighton zu verdanken ist.

Rumms, bumms, wumms

Musikalische Highlights sind – ganz subjektiv – neben dem Kracher „Ex-Wives“ zum Start, definitiv noch „Don‘t Lose Your Head“, „Haus of Holbein“, „I Don‘t Need Your Love“ sowie „All You Wanna Do“ und „SIX“. Wenn auch dazu gesagt werden sollte, dass es im Grunde keinen schwachen Song per se gibt. Hin und wieder wäre es schön, mal kurz durchatmen zu können. Es rummst und bummst und wummst und kracht schon sehr viel bei SIX.

© Pamela Raith Photography

Wenn es zwischendurch auch immer wieder sehr feine, hintersinnige kleine Monologe und Dialoge gibt, die die Geschichte nicht nur bereichern, sondern auch für reichlich Schmunzelei bei den Zuschauer*innen sorgen dürften. Vermutlich hat sich so auch das Phänomen des QUEENDOMs entwickelt – eine treue Online-Fangemeinschaft, die sich natürlich auch die Deutschland-Premiere im Admiralspalast nicht entgehen lassen hat. Doch nicht nur durch diese war die Stimmung im beinahe gesamten Saal ein wunderbares Erlebnis. (Neben mir hingegen saß jemand, die… naja, lassen wir das.)

Queer und mit Moral von der Geschicht‘

Sehr fein ist auch der große Queerness-Faktor. Sowohl im Kreativ-Team als auch der Vibe auf der Bühne – ganz klar auch im (teils geladenen) Publikum. (Ja, wenn‘s funkelt ist‘s halt schon schön.) Zudem findet sich am Ende eine bissig-feine Moral von der Geschicht‘. Die mag mancher einer Person gegebenenfalls ein wenig aufgesetzt wirken. Für mich und uns passte sie aber perfekt zum Gesehenen und Gehörte und fügte sich wunderbar ein.

© Pamela Raith Photography

Das Funkeln mit viel Power und Moral, Glitter and Gold kann in Berlin noch bis einschließlich 24. März 2024 erlebt werden. Ab dem 26. März bis zum 07. April 2024 im Deutschen Theater in München und schließlich im Theater 11 in Zürich vom 09. bis 21. April 2024. Es lohnt sich.

Wie schrieb Attitude doch gleich: „Believe the Hype.“ Frei übersetzt: „Musste gesehen haben, Alte*r!“

AS

PS: „Call us the Tudor van Trapps.“ Ha!

PPS: Außerdem haben wir auch der Aftershow-Party die tolle Popkornkonditorei Knalle aus Berlin kennengelernt. Da gibt es so tolle Sorten wie Tonka Kokos, Vanille Karamell oder auch Trüffel Salz (!). Schaut sie euch ruhig mal an – ist wirklich was Besonderes…

PPPS: …ebenso hatten wir trotz aller Partystimmung und Ausgelassenheit das Glück, vom derzeit im Admiralspalast ausstellenden Künstler José Marqués Torrent durch sein Werk geführt zu werden. Auch darauf lohnt sich ein Blick!

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