„Pffft.“

„Du hast echt Eier hier einfach so aufzukreuzen.“ Was sich anhört, als wäre es der synchronisierten Fassung von Fast & Furious 10 entliehen, kommt von Oma Irma. Oder Großtante Klothilde. Oder Kollegin Brunhilde. Whatever, Diggi. Es steht jedenfalls auf einem Foto im Band Auf der Suche nach Trouble von Max Kersting. Und der verwendet ja lediglich Bilder, die im Kontext eines direkten Verwandt- oder Freundschaftsverhältnisses entstanden sind. Das lässt sich allein den Giraffen- und Pinguinfotografien entnehmen.

„Viel Spaß da“

Im Gegensatz zu manchen Motiven ist es bei Kersting wohl nicht so, dass er „[d]ie beste Idee seines Lebens“ vergessen hätte. Eher scheint er zumindest den Weg zu dieser besten Idee mit seinen hingekrakelten, heiter-düsteren Bemerkungen zu pflastern, auf dass mensch eines Tages eine psychologisch fundierte Biografie über diesen so aufmerksamen wie zwar wohl nicht bösartigen, aber doch hier und da mistigen Kreativen schreiben kann. Könnte. 

© Max Kersting/Eichborn Verlag

Der im Eichborn Verlag erschienene Fotoband setzt sich aus bekannten Arbeiten Kerstings und manch neuen Motiven zusammen. Die (selbst-)ironische Mischung macht’s. Schließlich will mensch sich nicht zu sehr selbst feiern. Wenn der Cowboy nur verkatert ist und sein Gewehr ablegen sollte, denkt der Autor dieser Zeilen doch auch direkt an Folge 17 der ersten Staffel der Dynasty-Neuauflage. Eine Fallon zerschießt hier eine Wohnzimmerhalle — frei von Kater, wenn wohl auch nicht nüchtern. Großartig. 

„Packt mal mit an“

Ergibt wenig Sinn? Sei’s drum, ihr Fuckers. Der schon mit dem Wort „Trouble“ im Titel den Ton vorgebende Band lädt eben dazu ein, eigene Assoziationen zu entwickeln. Einige der Bilder auf den Doppelseiten stehen in einem direkten Kontext, andere sind freier, lassen sich aber zusammenbringen. Manche wirken einfach sehr random, was auch fein ist. Geht mal vor die Tür, da passiert wenig, das wirklich in Einklang miteinander zu bringen wäre.

Wenn’s bei „Ich liebe euch. Tu ich wirklich“ zwei Blicke braucht, um zu sehen, dass die Fotos vintage und nicht aktuell sind und da keiner ein Smartphone in der Hand hält — solide geil. Wenn eine nur kleine Panikattacke dem Unwillen eine Rede zu halten gegenübergestellt wird oder die eine ihren Mann verlassen und die andere für Xanax dankbar ist, ist das schon großes Sprach-Bild-Kino. Zeitlos, etwas kritisch, dabei unterhaltsam. Alles was der Tatort sein will.

„(Peinliche Stille)“

Ein Bild wie „Dahinten habe ich hingekackt“ beschreibt außerdem sehr gut, wie es sich anfühlt mit manchen Menschen in ihre Heimat oder so zu fahren. Zu jeder Ecke haben die was zu sagen. Okay, thank you. Aber es interessiert mich nur bedingt, wo Du Dir mal einen Splitter geholt hast. Edouard Louis schreibt ganze Bücher drüber — und sie werden nicht besser. Inzwischen führt er gar Gespräche mit dem BDS-Freund Ken Loach… ein Schelm, wer glaubt dieser würde eines Tages des Anderen Lebenssplitter verfilmen.

© Max Kersting/Eichborn Verlag

„Sie fand die Meinung äußerst interessant und dumm“, so nämlich. Was bleibt? Erbsensuppe, die Lit ist (wer bei uns schon mal zu Gast sein durfte, kennt nur gute Eintöpfe und so), Kartoffeln sind vegan, nicht alle Schwäne formen Herzen, Chemtrails, Cowboys sind auch nur Kerle in unbequemen Jeans, wir sind alle zum Leben verurteilt und Pinguine wären bessere Vermieter, weil sie Gruppendynamik mit Konfliktlösungspotenzial kennen. 

Max Kerstings Buch Auf der Suche nach Trouble fühl ich also voll und wenn der mal mit dem Felix Bork und mir Pommes essen gehen will, then I can’t complain, if rather not on a plane, let’s do it on a train.

AS

Max Kersting: Auf der Suche nach Trouble; September 2022; 160 Seiten, durchgehend illustriert; Hardcover, gebunden; ISBN 978-3-8479-0128-0; Eichborn Verlag; 16,00 €

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