Wir haben uns überlegt, den diesjährigen kalendarischen Pride Month mit einer kleinen Besonderheit zu beenden und statt eines Trailers oder eines weiteren Kommentars zu den vielen Unmöglichkeiten großer Player während dieser Zeit, nicht nur ganz versöhnlich, sondern auch mal putzig und dabei doch vielfältig zu enden: Kürzlich ist im Coppenrath Verlag das Bilderbuch Mein Schatten ist PINK von Scott Stuart erschienen. Der junge Vater aus Melbourne kam durch seinen damals dreijährigen Sohn Colin darauf, ein Bilderbuch über Diversität, Gleichberechtigung und Identität zu kreieren, nachdem dieser traurig aus dem Kindergarten nach Hause kam…
„Wir passen nicht rein“
…denn dem großen Fan von Eiskönigin Elsa aus Frozen (wir verstehen Dich Colin – wer will nicht ein bisschen Elsa sein und einfach mal etwas loslassen?!) ist im Kindergarten gesagt worden, dass Elsa und Kleider nur etwas für Mädchen und nicht für Jungs seien. So entstand bei Illustrator und Autor Scott Stuart die Idee zu Mein Schatten ist PINK – der Geschichte eines kleinen Jungen, der an seinem ersten Schultag sein über alles geliebtes Kleid anzieht und dafür prompt Ärger in der Schule erfährt als alle ihn anstarren, aber keiner ihn anspricht.
Traurig kommt er nach Hause, war er doch schon im Vorfeld besorgt, weil sein Schatten eben pink ist und glitzert und nicht blau, wie der der anderen Jungen oder der seines großen und starken Vaters. Der namenlose Junge fühlte sich also schon zuvor nicht zugehörig, wünschte sich einfach, wie die anderen zu sein. So zeigt das wirklich frisch und witzig-vermittelbar illustrierte Buch deutlich auf, wie sich Kinder schon früh mit ihrer Identität auseinanderzusetzen haben. Oftmals eben gezwungenermaßen, da sie sehr früh erste Ausgrenzungserfahrungen zu machen haben.
Selbst wenn es nur die indirekten und auf Erwartungen basierenden Ausgrenzungen sind, dass Jungen eben die blauen Teller auf dem Geburtstag bekommen und nicht den Glitzer-Kugelschreiber benutzen sollen, oder Mädchen eben Pferde und nicht Pferdestärke zu schätzen haben. Geschlechterklischees und tradierte (aka reaktionäre) Rollenbilder werden so immer wieder nicht nur von Generation zu Generation, sondern auch innerhalb verschiedener und gleicher Altersklassen einer Generation weitergegeben. Wie eine ungeschrieben festgeschriebene Fortführung von Empfindungs-, Gefühls- und Identitätsverboten. Übrigens auch etwas, wovon wir uns in der LGBTIQ*-Community nicht gänzlich freisprechen können.
„Anders ist gut“
Mein Schatten ist PINK wendet sich davon ab und dafür der Akzeptanz zu: Du bist, wer Du bist und das ist sehr, sehr gut so. So erfährt der Junge im Buch dann auch die Unterstützung seines blauschattigen Vaters, der ihm sagt: „Das ist nicht nur ein Schatten, das bist wirklich DU!“ Und zeigt ihm Bilder von Verwandten, die auch alle ihre oft unsichtbaren sie aber definierenden Schatten haben.
Das Faszinierende an dem Büchlein ist, dass es auch uns hier sofort beeindruckt und emotional absolut erreicht hat. Das mag sicherlich auch an der berührenden Entstehungsgeschichte liegen, ist vor allem aber neben den kraftvollen Illustrationen der inhaltlich aufs Wesentliche konzentrierten Geschichte geschuldet, die in ihrer wirkungsvollen Kernaussage sehr viele unterschiedliche Punkte, also Ausgrenzungen, berührt.
Scott Stuart hat mit Mein Schatten ist PINK also nicht nur etwas für seinen Sohn Colin, sondern ebenso für viele andere Kinder und ganz, ganz sicher auch für so manche Eltern getan. Der lebendigen Zeichnungen und der einnehmenden und lehrreichen, Toleranz und Akzeptanz fördernden Geschichte wegen sei es auch weit über den ohnehin bunten Pride Month empfohlen. Und hier bei the little queer review ist PRIDE ohnedies dauerhaft großgeschrieben.
PS: Ja, ja, nun war es doch so ein wenig ein queer-gesellschaftlicher Kommentar. Naja… 🤷🏽♂️
Scott Stuart: Mein Schatten ist pink; Übersetzt von Kristina Schaefer; 1. Auflage, Juni 2021; Hardcover mit Leinenrücken; 40 Seiten; Format: 22 x 25 cm; ISBN: 78-3-649-63996-1; Coppenrath Verlag; 15,00 €
Unser Schaffen für the little queer review macht neben viel Freude auch viel Arbeit. Und es kostet uns wortwörtlich Geld, denn weder Hosting noch ein Großteil der Bildnutzung oder dieses neuländische Internet sind für umme. Von unserer Arbeitszeit ganz zu schweigen. Wenn ihr uns also neben Ideen und Feedback gern noch anderweitig unterstützen möchtet, dann könnt ihr das hier via Paypal, via hier via Ko-Fi oder durch ein Steady-Abo tun – oder ihr schaut in unseren Shop. Vielen Dank!
Comments