Die Berliner Buch-Arena ist eröffnet

Bei bestem Berlinwetter – also durch Wind zu viel kalt in der Sonne und bei Wolken und Nieselregen zu viel warm weil schwül – eröffnete heute Vormittag um 10:00 Uhr die mittlerweile 8. BUCHBERLIN in der ARENA Berlin ihre Pforten. Natürlich waren auch wir für eine ausgiebige Stippvisite vor Ort und freuten uns, neben guter Stimmung und einem bunten Publikum, mit manchen Buchschaffenden ins Gespräch zu kommen.

Etwas, das übrigens allen Besucher*innen der Buchmesse bei den rund 300 ausstellenden Verlagen, Autor*innen, Selfpublisher*innen und Lektor*innen leicht fallen dürfte: Nicht nur sind die Zugangsbarrieren an den meisten der Tische in den nach Orten aus diversen Publikationen benannten Straßen gering, auch ist die Lust am Austausch zumindest an diesem ersten Tag enorm ausgeprägt.

Straßen und Orte, die die Fantasie beflügeln

Dabei ist in manchen Straßen wie beispielsweise der Winkelgasse und King’s Landing (ok… eigentlich keine Straße, aber wir wollen mal nicht sooo sein) die thematische Ausrichtung sehr deutlich; also viel Fantasy, Dark Romance, ein wenig Mystery. Von letzterem findet sich ebenfalls so manches in der Baker Street und in Rocky Beach (eigentlich auch keine… ach lassen wir das), wie auch einige Krimis. Übrigens finden sich auch einige Kinderbücher in der weitläufigen Halle.

Dabei fällt uns insbesondere im diesweltlichen Spannungsbereich eine anregende Mischung aus eher seichter Unterhaltung, Wahrer-Hintergrund-Geschichten und sehr ernsten, teils historischen Stoffen ins Auge. Apropos Spannung: Die Die-Drei-???-Autorinnen Cally Stronk und Christian Friedrich bieten ein eigens entwickeltes Live-Escape-Adventure namens „Sherlock Homalone und die Jagd nach dem ABC-Killer“ an. Ob Sherlock und Hercule Poirot hier wohl mal gemeinsam einen Cognac heben? Wer weiß, rausfinden könnt ihr das an beiden Tagen zu verschiedenen Terminen.

Persönlicher Kontakt für Fans und Co.

Ebenso finden zahlreiche Lesungen in drei unterschiedlichen Räumen statt. Ein mögliches Highlight liegt nun schon in der Vergangenheit: Georgie Severin hat heute Mittag aus ihrem queeren Gesellschaftsroman Operation >>Forever K<< gelesen, der im Sommer im MAIN Verlag erschienen ist. Darin geht es um vier schwule Männer, die in ihrer Kölner-WG ein Zimmer an die heterosexuelle K vermieten, was zu so einigen Umbrüchen und Veränderungen führt. Ein Auszug wurde laut Verlagsangaben mit großem Erfolg beim litfest homochrom Cologne 2021 gelesen.

Der Ku’damm auf der BUCHBERLIN mit Blick u. a. auf den MAIN Verlag // Foto: © the little queer review

Den MAIN Verlag findet ihr wie viele, viele andere queere Verlage und Selfpublisher:innen wenig überraschend am Ku’damm. Gerade für Fans ergeben sich hier (und natürlich auch den anderen Straßen, Gassen und Orten) wunderbare Gelegenheiten. So warfen wir gerade einen Blick auf die Titel von Bastian Süden, als dort ein begeisterter Leser, der vom Autoren wiedererkannt wurde, ein Buch erstand und sich signieren ließ.

Tagebücher, Pornodrehs und Reiseführungen

Und wir haben uns gefreut, dass wir dem Autorenduo Valerie Le Fiery und Frank Böhm, die wir durchaus aus den sozialen Netzwerken kennen, einmal persönlich begegnen konnten und sie uns direkt die schmissig klingende Neuveröffentlichung Das ist Leben – Simons Tagebuch signierten. Wer’s etwas härter mag, wird natürlich auch fündig – so etwa bei dead soft, wo gerade der fünfte Band der F***ing Real-Reihe von Svea Lundberg erschienen ist; doch auch hier gibt es softere Titel und die Möglichkeit die Autor*innen zu treffen. Haben wir aus dem Augenwinkel nicht auch Matthias Franck gesehen?

Buch und Beutel // Foto: © the little queer review

Sehr persönlich sind auch die Literarischen Reiseführungen, die ab 11:30 Uhr jeweils im Stundentakt zu verschiedenen Kategorien mitgemacht werden können. Während unseres Besuchs schienen sie jedenfalls auf solide Resonanz zu stoßen. Natürlich empfehlen wir euch auch über die eigenen Lieblingsthemen hinaus euren Blick durch die gesamte Halle schweifen zu lassen. Finden sich doch vor allem am Alexanderplatz (wer hätt’s gedacht ) und auf dem Jakobsweg noch ganz feine Verlage und Titel.

Preisträger*innen im Eldorado Berlin Alexanderplatz

Holpriger Reiseweg… Dit is och Berlin, wa?! // Foto: © the little queer review

So trefft ihr am erstgenannten Ort unter anderem den Orlanda Verlag, der nicht nur in diesem Jahr erneut mit den Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet wurde, sondern auch die komplette Tambudzai-Roman-Trilogie der Preisträgerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2021, Tsitsi Dangarembga, verlegt und bei dem gerade erst der dritte Band Ausländer der Exil-Trilogie von LGBTQ*-Aktivist Barbaros Altuğ erschienen ist.

Direkt nebenan findet ihr den Satyr Verlag und seinen Verleger Volker Surmann; dass es hier manch eine Perle gibt, dürfte kaum extra erwähnt werden müssen. Wiederum nebenan ist der Siebenhaar Verlag angesiedelt, bei dem im Winter der von Marc Lippuner in der Reihe Berlin im Querschnitt herausgegebene Band Eldorado“ Berlin. Exkursionen zum anderen Ufer erscheinen wird – dass wir diesen Titel besprechen werden, ist natürlich klar.

Allein diese drei Verlage passen im Grunde doch ganz gut zum Alexanderplatz, wo immer einer gepfefferten Mischung an Typen, Ideen und Ausformungen derselben begegnet werden kann (ein wenig verwundert es dabei, dass der wunderbare Kanon Verlag am Ku’damm und nicht hier platziert ist, aber schön diesen zu sehen, ist es allemal).

Nicht alles auf dem Jakobsweg ist beschwerlich

Zu guter letzt haben wir uns auf den Jakobsweg begeben (übrigens dabei immer mal die Sonnenallee an der Stirnseite besucht, aus der wir jedoch nicht ganz schlau geworden sind, was dann auch wieder sehr real ist…) und freuten uns dort sehr über eine Begegnung mit w_orten & meer, die wir euch unbedingt ans Herz legen wollen (wie auch unsere demnächst kommenden Besprechungen zu goodbye gender von Rae Spoon und Ivan Coyote und exit gender von Lann Hornscheidt und Lio Oppenländer).

Interessierte Besucher*innen auf der BUCHBERLIN 2022 // Foto: © the little queer review/Logo: BUCHBERLIN

Außerdem sind wir auf die Berliner Tiere, einen „kleine[n] Guide für Naturbanausen und Stadtkinder“ von Gestalterin, Illustratorin und Autorin Marie Parakenings gestoßen. Erschienen ist der Titel im Kulturverlag Kadmos Berlin, genau wie auch die Hamburger und Kölner Tiere. Außerdem finden sich hier solch spannend und im besten Sinne abseitig klingende Bücher wie Aussterben. Eine radikale Geschichte von Ashley Dawson oder auch Putzen als Passion. Ein philosophischer Universalreiniger für klare Verhältnisse von Nicole C. Karafyllis.

Wachsamkeit und Offenheit dürfen Hand in Hand gehen

Als Schlussbemerkung sei noch angefügt, dass sich natürlich auch manch ein Verlag mit Titeln finden lässt, die mensch als kritisch ansehen darf; insofern sei allen Besuchern auch ein wachsames Auge in puncto Wischi-Waschi-Ideologien ans Herz gelegt. Außerdem bedauern wird es, dass der Börsenverein Berlin-Brandenburg nicht vertreten ist, gerade wo es nun auch in die heiße Phase des Berliner Verlagspreises geht, den wir in diesem Jahr offiziell begleiten.

Mehr Raum für mehr Buch // Foto: © the little queer review

Ebenso vermissten wir schmerzlich den von Ilona Bubeck und dem BOEVBB-Vorstandsbeisitzer Jim Baker gegründeten Querverlag, den fantastischen Berenberg wie auch Guggolz oder August Verlag, ebenso den zu Salzgeber gehörenden Albino Verlag, um nur einige wenige zu nennen. Etwas Platz für Tische und Gedanken wäre jedenfalls noch gewesen. 

Die BUCHBERLIN ist am Samstag, 17. September 2022, bis 18:00 Uhr geöffnet und am Sonntag von 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr; das Tagesticket kostet 10,00 Euro. Alle Infos und Programme zur Messe, deren Schirmherr Kultursenator Klaus Lederer (DIE LINKE) ist, findet ihr hier

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