Mutig und überladen

Da entscheidet sich also ein Model, Social-Media-Star und Teilzeit-Schauspieler einen Film zu schreiben und auch direkt noch Regie zu führen. Ego! Was soll daraus werden? Nun… eine durchaus brauchbare Nummer.

Jack und sein Freund Tom leben in einer Art Hostel in New York, sind aber im Grunde obdachlos. Tom ist vor seinem Vater davongelaufen und noch keine achtzehn Jahre alt, Jack hingegen seit „heute“ schon und verdient das Geld für die beiden als Stricher. Hier mal ein Blowjob, dort mal ein Brustnuckeln. Dann trifft Jack – liebevoll auch Captain Jackoff genannt – auf Ken. Der hat ein eher freundschaftliches, beinahe väterliches Interesse an ihm und bietet Jack an ihn für ein paar Tage und tausend Dollar nach Miami mitzunehmen. Jack ahnt, dass sich hier die Möglichkeit ergibt, mehrere Probleme auf einmal zu lösen. Doch Ken ist nicht ganz der Mann, der zu sein er behauptet und Jack kämpft mit seiner bipolaren Persönlichkeitsstörung.

Jack (Conor Donnelly) & Tom (Sean Ormond) / © PRO-FUN MEDIA

Max Emerson hat sich direkt mal eines durchaus ernsten Themas angenommen: der Prostitution homosexueller Jugendlicher. Speziell eines Jugendlichen, gerade 18-jährig gewordenen. Dazu kommen HIV, das Verstoßenwordensein von der Familie, eine mehr oder weniger verkappte Homosexualität, was Glaube anrichten kann und dazu etwas Porno. 

Hooked wird von Beginn an von einer leicht melancholischen Stimmung getragen, trotz einiger Scherze und heiterer Unternehmungen am Anfang. Man merkt, dass sich hier etwas ausspielen wird. So ist es dann auch. Nach und nach entfaltet sich die brüchige Struktur Jacks, der zuerst eher sprunghaft und ein wenig drüber wirkt, bis wir dann seine Borderline-Persönlichkeit zur Gänze kennenlernen und noch einmal darüber nachdenken können, ob wir ihn richtig eingeschätzt haben.

So führt diese Persönlichkeitsstörung auch dazu, dass Jack sich Optionen verbaut und allzu schnell eine Anti-Haltung an den Tag legt. Wo er hätte aufrichtige Hilfe erfahren können, lehnt er sie ab und sucht sie sich woanders, weil er das, wie er glaubt, alleine schafft. Was ihn letztlich in eine entsetzliche Situation führt.

Ken (Terrance Murphy) findet wider Erwarten schnell Gefallen an Jack. / © PRO-FUN MEDIA

Ken ist ebenso ein spannender Charakter, ein verheirateter Mann, der sich im Laufe des Films mit seiner Einstellung, seinem Glauben und seinen „Bedürfnissen“ auseinandersetzen muss. Hier wird ein spannendes Thema  – Religion & Homosexualität – angekratzt, aber nicht wirklich konsequent behandelt. Doch gibt es einige sehr solide und stark gespielte Szenen zwischen ihm und seiner Ehefrau Jess.

Am Ende des recht mutigen, aber etwas überladenen, Films steht nicht nur die Frage was aus einzelnen Personen werden wird, sondern auch, was wir daraus mitnehmen sollten. Nun… vielleicht, dass wir ein wenig weniger blind durch die Gegend laufen sollten. 

Finanzieren konnte Emerson den Film übrigens durch eine Social-Media-Kampagne und er erfuhr große Unterstützung für seine Zusage, 50 % der durch Hooked generierten Gewinne an LGBTQ*-Obdachlosenheime zu spenden.

Fazit: Ein mutiger, durchaus interessanter und sehenswerter Film, der mit ein, zwei Wendungen zu überraschen vermag. Leider etwas nachlässig in der Darstellung einzelner Konflikt-Motivationen.

AS

© PRO-FUN MEDIA

Hooked; USA 2017; Regie & Drehbuch: Max Emerson; Musik: Tom Goss; Darsteller: Conor Donnally, Sean Ormond, Jared Sandler, Terrance Murphy, Laura Austin, Steve Hayes, ; FSK: 16; Laufzeit: ca. 92 Minuten; erhältlich auf DVD, als VoD und Download

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Beitragsbild: © by PRO-FUN MEDIA

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