Von Nora Eckert
Ein junger Transmann wurde in Münster während des dortigen CSD brutal geschlagen und erlag nun seinen Verletzungen. Er kam zwei Frauen zu Hilfe, die von einem ebenfalls jungen Mann beleidigt wurden. Der Grund für den Angriff: Homophobie. Gewalterfahrungen gehören mehr oder weniger zum Alltag von Schwulen, Lesben und Transmenschen in unserem Land. Die Polizeistatistik spricht da eine eindeutige Sprache mit stetig steigenden Zahlen.
Auch gehört Transfeindlichkeit mittlerweile zum guten Ton in gewissen bürgerlichen Kreisen, die für ein politisches Farbenspektrum von tiefschwarz bis rot-grün stehen, denn längst haben diese den trans*Aktivismus zum Feind erklärt. Sie erklären insbesondere Transfrauen zu einer Bedrohung für cis Frauen, indem sie sich, so die Unterstellung, Zugang zu Frauenräumen verschaffen würden, um sexualisierte Gewalt auszuüben. Eine seitjeher diskriminierte und bedrohte Minderheit wird seit einiger Zeit dämonisiert und zu Tätern umgedeutet. Man mag es nicht glauben, aber es ist publizierte Realität. Der Schlachtruf jener Kreise lautet: biologisches Geschlecht. Es gebe nur Frau und Mann. Trans* kommt da nicht vor, wird sprachlich konsequent ausradiert.
Wahrscheinlich brauchte der homophobe Schläger von Münster gar nicht den neuesten Stand dieser aufschäumenden Kriegserklärungen, um auf das blind einzuschlagen, was er hasst. Und wenn er doch all die Anfeindungen und Unterstellungen zur Kenntnis nahm, dann konnte er auf jeden Fall lernen, dass Respekt so ungefähr das letzte ist, was man queeren Menschen entgegenbringt. Denn das schwingt bei allen Anfeindungen stets mit: die Infragestellung des Menschseins.
In dieser so harmlos nach Biologieunterricht klingenden Sprache vom biologischen Geschlecht schwingt ein aggressiver Ton mit – als ob man Transmenschen ins Gesicht schreien würde: Euch gibt es nicht. Hier wird Sprache zum Instrument der Entmenschlichung – es beginnt mit beleidigenden Worten, geht über zu verbalen Aggressionen und landet bei Hassreden, die als Recht auf freie Meinungsäußerung ausgegeben werden. So gesehen, konnten Worte immer schon umbringen – und oft genug fanden und finden sich welche, die Worte in Taten umsetzen.
Nora Eckert ist Publizistin und Vorstand bei TransInterQueer e. V. und Teil der Queer Media Society
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