Zugegeben: Was Cosy-Krimi-Sachen angeht, bin ich ein unbeschriebenes Blatt. Oder war es jedenfalls bis vor Kurzem, als ich – auch aufgrund einer gewisen (True-Crime-)Podcast-Müdigkeit – nach einem Hörspiel suchte, das mich während einer größeren Putz- und Sortierorgie begleiten könnte. Da wies der WDR auf einen zweiteiligen Hörspiel-Krimi hin, der dazu auch noch mit Mord und Wischmopp betitelt war. Passt doch wie Arsch auf Putzeimer dachte ich mir da…
Alles Bauchgefühl
…und in der Tat passte dieser erste Fall für Pamela Schlonski mit ihrer Ruhrpott-Schnauze ganz wunderbar zu Tätigkeit und Stimmung – und bot dazu gar noch einiges an Spannung, was so oder so nicht von soooo vielen Krimis oder so genannten, nur auf Brutalität ausgelegten „Thrillern“ gesagt werden kann. Bei Cosy geht‘s aber eben nicht um Cruel. Eine Leiche muss es aber dennoch geben.
Und so findet Pamela Schlonski (Sandra Borgmann, Tatort: Es lebe der König!, Der König von Palma), die im Pott gemeinsam mit ihrer besten Freundin Ahsen (Pinar Erincin, Tatort: Finsternis, Tatort: Love is Pain – famos!) in Hattingen die Reinigungsfirma „Sauberzauber“ betreibt, eines Morgens – glücklicherweise nicht an einem Montag – in einem Fotoklub ebendiese. Nach dem ersten Schock und einer ersten Befragung durch den Polizisten Thilo Schmidt (Felix Frenken) und ersten Kriminalhauptkommissar Lennard Vogt (Arnd Klawitter, Sløborn, Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer) erwacht in Frau Schlonski schnell der Ermittlerinnengeist.
Denn nicht nur ist einer Putzkraft nichts Menschliches fremd, wie sie selber sagt, auch ist ihr genauer Blick dem von Ermittelnden nicht unähnhlich. So macht sich die alleinerziehende Mutter also gemeinsam mit der krimierfahrenen Ahsen, dem Kioskbesitzer und Vegankoch Totti (Sönke Möhring, Blackout, Der König von Palma) und ihrer instagramaffinen Tochter Leia (Juliette Madeleine Jozwiak, Böhmermanns perfekte Weihnachten), „wie die bei Star Wars, wissen se“, daran die Ermittlungen auf ihre ihr eigene, unkonventionelle und sicherlich nicht regel- und gesetzeskonforme Weise zu unterstützen. Für das eher unterkühlte Nordlicht Vogt ist die Schlonski mit ihrer großen Klappe und dem ebenso großen Herzen eine Herausforderung.
Inhaltliche Substanz mit einem Schuss Queerness
Eine hilfreiche dazu, wie sich im Lauf der knapp zweistündigen, von Claudia Johanna Leist fein inszenierten Ermittlungen herausstellen soll (und uns natürlich nicht wirklich überrascht). Überraschend dafür die wunderbar schlagfertige Chemie zwischen Schlonski und Vogt, die vielen falschen Fährten, die gelegt werden, und die es durchaus nötig machten, doch einmal kurz zu pausieren, ein wenig zurückzugehen und noch einmal genauer hinzuhören.
Ebenso manch hintergründige Einlassung der so lebenserfahrenen wie -frohen Pamela Schlonski, viele Anspielungen, diverse Nebenfiguren (wie die famos Tante Christa, gesprochen von Isabel Trimborn), Queerness, unter anderem in Form des Kollegen Schmidt, exzellent passende Musik (Komposition: Julia Klomfass) eine gewisse Kunstsinnigkeit, … Quasi ein Cosy-Krimi mit Substanz, die sich nicht beim ersten Tropfen Gedankenwasser auflöst, um mal im Putzsprech zu bleiben.
Ein kleiner Spoiler
Wenn auch gesagt werden muss, dass mir die erste Hälfte deutlich besser gefiel, zumindest was die Verknüpfung von Ermittlung und Schmissigkeit angeht. Da finden sich im zweiten Teil doch einige Längen.
„Sie sollten sich wirklich nicht in die Ermittlungsarbeiten einmischen.“ – „Ja, wat soll ich denn machen? Mir die Ohren zuhalten?“
Obschon es schlussendlich einen mit Tochter Leia und Instagram verknüpften Kniff gibt, der der ermittelenden Reinigungschefin (im Gegensatz zu jener bei Ferdinand Schmalz hier durch und durch gut) den passenden Einfall gibt, der zu dem oder der Täter*in führen soll. Ebenso ist wohl nicht zu viel verraten, wenn ich angebe, dass es am Ende natürlich heißt: Ende gut, alles gut (außer halt für‘s Opfer, aber is‘ halt so).
Sauber mit Chance auf Fortsetzung
Das Hörspiel basiert auf dem im Februar 2022 im Ullstein Verlag erschienen gleichnamigen Buch von Mirjam Munter. Das wiederum ist das kongenial verschleierte Pseudonym von Mirjam Müntefering, die vielen nicht nur als Autorin diverser Bücher (auch lesbischer wie Unversehrt, das 2022 im tollen Ulrike Helmer Verlag neu aufgelegt wurde) und Tochter von Ex-SPD-Politiker Franz Müntefering bekannt sein dürfte, sondern natürlich auch als Betreiberin einer Hundeschule in Hattingen. Außerdem ist sie vor einigen Jahren aufgrund deren Umgangs mit Homosexualität aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten, wie übrigens auch unser Herausgeber vor einiger Zeit. Das aber alles nur am Rande.
Wer also gemütliche, aber nicht von Anspruch befreite Krimikost schätzt, dabei ebenso gern schmunzelt wie beim Whodunnit miträt, ist mit Mord und Wischmopp genau an der richtigen Adresse. Im Februar 2023 ist übrigens der zweite Teil der Reihe unter dem Titel Der tote Weckmann – Pamela Schlonski ermittelt erschienen – vielleicht dürfen wir uns ja auf ein weiteres Krimi-Hörspiel freuen.
AS
Mord und Wischmopp: Erster Teil lief am 01. September 2023 auf WDR 3 und wird am heutigen Samstag, 02. September 2023, um 17:04 Uhr erneut im WDR 5 übertragen; Teil 2: 08. September 2023, 19:04 Uhr auf WDR 3. Das Hörspiel steht ab dem 26. September 2023 zum Download zur Verfügung.
Mord und Wischmopp; Kriminalhörspiel basierend auf dem Roman Mord und Wischmopp – Der erste Fall für Pamela Schlonski von Mirjam Munter; Regie: Claudia Johanna Leist; Komposition: Julia Klomfass; Redaktion: Christina Hänsel, Hannah Georgi; Technische Realisierung: Steffen Jahn, Matthias Fischenich, Jens Peter Hamacher; Regieassistenz: Julia Kiefer; Sprecher*innen: Sandra Borgmann, Pinar Erincin, Sönke Möhring, Arnd Klawitter, Juliette Madeleine Jozwiak, Felix Frenken, Isabel Trimborn, Paul Faßnacht, Michael Wittenborn, Susanne Pätzold, Johanna Gastdorf, Björn Jung, u. v. a.
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