Beitragsbild: Unser Buchcover steht im so genannten Sandbunker auf dem altehrwürdigen Old Course St Andrews, Schottland — dem wohl ältesten Golfplatz der Welt (jedenfalls laut Royal and Ancient Golf Club of St Andrews).
Ein Satz, den wir zu oft nicht hören wollen und sollten. Dem als Ratschlag jedoch in Sportarten wie beispielsweise Tennis und Golf unbedingt gefolgt werden sollte. Ebenso jener, den Kopf nicht (!!!) zu bewegen, den wir sonst womöglich nur bei einem Zahnärztinbesuch zu hören bekommen, der aber essenziell ist für ein gutes Golfspiel. Insbesondere in der Rückschwung-Phase — hier den Kopf zu drehen, weil beispielsweise eine Krawatte oder ein Schal ins Gesicht flattert, wird dafür sorgen, den Schlag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu verhauen.
Fingerübung mit Schwung
Zu finden sind diese und weit mehr hilfreiche, manches Mal zum Schmunzeln anregende und doch nicht selten zeitlose Spielweise-Und-Wiese-Hinweise im kürzlich im DuMont Verlag erschienen Büchlein Unschlagbar gut golfen. Wertvolle Insidertipps aus dem Jahr 1925, dessen Titel schon verrät, dass es sich wohl um eine Wiederauflage handelt. Ursprünglich 1925 unter dem Titel Don’ts for Golfers in London veröffentlicht, entdeckte Bloomsbury das Buch wieder und brachte es 2020 erneut auf den Markt. Zwei Jahre später folgt nun DuMont in schmissigster Übersetzung von Annika Klapper.
Hinzugefügt wurden dem Ursprungstext in zehn Kapiteln von Sandy Green nun ein Vorwort des walisischen Profigolfers und vormals Weltranglisten-Erstem Ian „Woosie“ Woosnam, sowie teils recht eindrückliche Bilder größtenteils längst vergangener Golfzeiten samt putziger Bildunterschriften. So taugt Unschlagbar gut golfen als feines Geschenk für versierte Spieler*innen, die auch einmal mit leichter Ironie auf ihr Lieblingsspiel blicken können, wie auch jene, die sich gern dem Golf als sportiver Freizeitaktivität widmen und dabei neben theoretischen Kenntnissen auch manch launige Einlassung mitnehmen wollen.
Freund oder Feind?
Weniger geeignet dürfte das Büchlein für Anti-Golfer*innen sein, für jene, die den Sport, den mensch laut dem legendären Golfer Bobby Jones (1902 — 1971) „auf einem fünfzehn Zentimeter breiten Feld spielt — der Entfernung zwischen unseren Ohren“, ablehnen, hingegen nicht. Denn, „Sie werden Nicht-Golfer niemals bekehren, wenn Sie sie mit endlosen Ausführungen zum altehrwürdigen Spiel langweilen.“ Nun ist der vorliegende Band eher charmant als langweilig, dürfte von jenen, die das Spiel, bei dem „Geist und Muskeln zusammenarbeiten müssen“, aber nicht mögen wohl doch eher in die Ecke getoppt werden.
Immerhin haben die meisten Menschen ein recht deutliches, nicht selten klischeehaftes Bild von den vermeintlich typischen Golfspieler*innen vor Augen. Das muss an dieser Stelle nun nicht weiter ausgeführt werden, da ich vermute, jede*r Leser*in weiß gerade sehr genau, was ich meine. So ging es uns übrigens auch auf der Frankfurter Buchmesse 2022, als bei einer Programmdurchsicht das Buch mit den Worten „das ist sicher nichts für euch“ übersprungen wurde…
Taktisch und taktvoll
„Moooooment!“, hieß es da von unserer Seite. Einer spielte lange Jahre, der andere zumindest während seiner Studienzeit im, genau wie das Golfspiel selbst, altehrwürdigen schottischen St Andrews (das übrigens immer, immer, immer ohne Punkt hinter dem „St“ geschrieben wird, eine Bildunterschrift in Unschlagbar gut golfen macht diesen punktuellen Fehler, der sicherlich mindestens zu Platzverbot auf dem Old Course führen dürfte). „Aber ihr seht gar nicht so aus…“ wurde erwartungsgemäß erwidert. Wir sind nicht die einzigen, denen nicht angesehen wird, dass sie gern manches Mal den Golfschläger schwangen oder schwingen, bei Eisen weder unbedingt sofort an Baustellen oder Hausarbeiten denken und bei Holz nicht ausschließlich an Waldrodung und Heizen.
Apropos Hausarbeiten: Dass es natürlich auch manch einen scheinbar aus der Zeit gefallenen und stark elitär anmutenden Hinweis gibt, ist so naheliegend wie erhellend und erheiternd. So etwa jenen aus dem Kapitel acht, „Im Clubhaus“, an einem regnerischen Tag nicht in die Umkleidekabine zu stiefeln, ohne vorher den Schlamm von den Stiefeln gekratzt zu haben. „Ihrem eigenen Hauspersonal gegenüber wären Sie rücksichtsvoller. Warum sollten Sie gegenüber dem Personal des Clubs weniger aufmerksam sein?“
Genießen und nachdenken
Eine gute Frage und nach allem, was wir über Allüren wissen, scheint es eigentlich doch beinahe zeitgemäß. Genau wie jener Tipp, nicht zu vergessen, dass der Golfclub eine gesellschaftliche Institution sei und keinerlei Form von Überheblichkeit angebracht wäre: „Ist jemand als Mitglied zugelassen worden, dann hat er jedes Recht dazu, die Privilegien des Clubs zu genießen.“ Ergänzt um einen Bildunterschrift-Hinweis, den Club doch zu wechseln, sollten veraltete Regeln besagen, „dass Frauen zu bestimmten Bereichen des Clubhauses keinen Zugang haben“.
So sei auch von meiner/unserer Seite angemerkt, dass Golf mitnichten der elitäre und snobistische Sport ist, für den er gern gehalten wird. Sicherlich ist eine solide Ausrüstung nicht ganz günstig, Mitgliedschaften kosten natürlich Geld und so weiter und so fort. Nun muss nicht jede*r die oder der sich interessiert, erst einmal losgehen und sich ein volles Schlägerset samt Tasche und Bällen und Co. besorgen.
Anfänge kosten erst einmal so gut wie nichts; Schläger und derlei können geliehen werden, es gibt Clubverbünde, genau wie als Gast gespielt werden kann. Natürlich werden in Training und Platzreife investiert. Golf ist aber nicht Scientology, so wird also kein Mensch abgezockt und wundert sich dann, wieso sie oder er auf einmal arm und allein auf weiter Flur steht. Zumal diverse Sportarten mit manch einer Investition verbunden sind; beim Fußball kostet allein schon das aufrichtige Fan-Sein einiges an Geld und Nerven.
Strategie und Spaß
Welche Anziehungskraft Golf aber eben hat, wie vielseitig dieser Spielspaß ist und auch wie sozial nicht nur ein Match, sondern die gesamte Sportart ist, auch das verdeutlichen die unterhaltsamen Tipps in Unschlagbar gut golfen. Viele davon sind in Kapiteln wie „Der Golfschlag“, „Putten“ (die gern unterschätzte Königsdisziplin), „Fehler“ oder „Schläger“ in der Tat nützlich, geben gute Einblicke in Spiel (nicht traurig sein, wenn es mal nicht so läuft, besser in die Analyse gehen) und Training (auch mit ungeliebten Schlägern muss geübt werden, sonst entwickelt sich nichts weiter). Ebenso lassen sich manche Begriffe erfahren, die insbesondere interessierten Neulingen nützlich sein dürften.
Zwar gibt es kein Glossar (das Buch wendet sich eben auch an Spieler*innen), doch kann es sicherlich Freude bringen, manches zu ecosiern. Ob das nun Schlägernamen (aber auch hier kurz Verwirrung: „Cleek“? Heute nicht mehr geläufig, am ehesten entspricht dem wohl das Eisen Nr. 1), Schlagarten, Bezeichnungen und Verhaltenstipps auf dem Feld aka Green, Fairway und Rough oder Hinweise zu Körperhaltung, -bewegung und Golfschwung sind.
So lässt sich also sagen, dass Unschlagbar gut golfen ein kleines Fest sowohl in Hinblick auf Sport, Geschichte und Humor (allein die Anekdote im Vorwort!) für alle sein dürfte, die dieser wirklich wunderbaren Aktivität nicht feindlich gesinnt sind. In diesem Sinne also vor allem an jene von euch, die ein wenig skeptisch sind: Habt keine Angst vor diesem Büchlein. Und sollte es die einzige Investition sein, die ihr jemals in puncto Golf tätigt, ist es eine, die sich lohnt.
AS
PS: „Irritieren Sie Ihren Gegner nicht, indem sie knallige Farben tragen. Ihn mit einem bunten Pullover oder verstörend grellen Golfsocken abzulenken, bedeutet, sich auf perfide Weise einen Vorteil zu verschaffen.“
Sandy Green: Unschlagbar gut golfen. Wertvolle Insidertipps aus dem Jahr 1925; mit einem Vorwort von Ian Woosnam und aus dem Englischen übersetzt von Annika Klapper; Februar 2023; 96 Seiten, 30 s/w-Abbildungen; Hardcover, gebunden mit Struktureinband und farbigem Vorsatzpapier; ISBN: 978-3-8321-6927-5; DuMont Buchverlag; 18,00 €
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