„Es gab dieses dringende Gefühl der Verbundenheit“

„Ich kann als Erwachsene machen, was ich will.“ — „Ich war schon ein paar Mal erwachsen. Das geht nicht.“

Diese zwei Sätze stammen nicht etwa aus einem Gespräch, das wir mit der 1992 im schweizerischen Liestal geborenen Schauspielerin Lia von Blarer geführt haben, sondern aus dem Film YOUTH TOPIA. Dieser soll noch (und endlich) in diesem Jahr in unsere Kinos kommen und nach einem eindrücklichen Trailer, können wir das ehrlich gesagt kaum mehr abwarten. 

Lia von Blarer fotografiert von © Vero Bielinski

Doch haben wir kürzlich unsere 5 Fragen an… Lia richten können und wie so oft haben wir Antworten bekommen, die so vielfältig, wie nachdenklich stimmend und an anderer Stelle erquicklich sind. Was sehr gut zu Lia von Blarer passt, die wir ohne Zögern und Pathos gern Charakterdarstellerin nennen wollen. Schließlich war sie einer der wesentlichen Gründe, warum die Serie Eldorado KaDeWe — Jetzt ist unsere Zeit sich von manch anderen Epochen-Umbruchs-Serien ausnimmt.

Queerness darf nicht unsichtbar gemacht werden

Doch spielt sie, die nach ihrem Abitur in Berlin, in Rostock und Paris Schauspiel studierte, nicht nur in TV und Film sowie am Theater, sondern ist auch darüber hinaus kreativ und engagiert gut unterwegs. Zunächst einmal wird von der ARD in diesem Jahr die Impro-Serie Tod den Lebenden veröffentlicht. Regie führt Tom Lass (den ihr letzte Nacht erst in den Notes of Berlin sehen konntet) und Drehbuch schreibt … Lia von Blarer. Huzzah! Besetzt ist sie recht goldig, unter anderem mit Odine Johne (Lauchhamer, Deadlines) und Julius Feldmeier (Das Boot, All You Need, Bonn — Alte Freunde, neue Feinde). Worum es geht? Das behalten wir erstmal für uns — dazu an anderer Stelle mehr. 

Aus Hurry Up and Wait – v. l. n. r.: Lia von Blarer, Joel Basman, Valerie Stoll, Damian Thüne // Foto: © Lia von Blarer

Außerdem hat sie gemeinsam mit ihrer Eldorado KaDeWe-Kollegin Valerie Stoll den durchaus recht beeindruckenden Bild-/AnalogFotoband Hurry Up and Wait herausgebracht, der im November 2022 im geschätzten Verlag Kettler erschienen ist. Kurz zum Hintergrund: Ein großer Teil der Mini-Serie von Rosa-Kind Julia von Heinz wurde in Budapest gedreht. Im selben Zeitraum verabschiedete die rechtskonservative ungarische Regierungspartei Fidesz unter dem für seine Korruptionszuneigung bekannten Viktor Orbán ein Gesetz, das die Darstellung von Homosexualität gegenüber Minderjährigen verbietet. Queerness soll also im (öffentlichen) Raum unsichtbar gemacht werden (ja, wirklich, kein Märchen).

„Ich sehe mich nicht in der Lage, die politischen Umstände Ungarns unkommentiert zu lassen“, wird Lia dazu zitiert. So wurde also der Entschluss gefasst, diesem „politischen Zustand eine künstlerische und aktivistische Stimme entgegenzusetzen.“ Hurry Up and Wait ist das Ergebnis. Hierin „stellen die beiden Schauspielerinnen mit Hilfe von Fotografien und Texten queere Fiktion queerer Realität gegenüber.“ Mit dem Buchverkauf wird außerdem die Arbeit von Budapest Pride unterstützt. 

Mit mehr zum Band dürft ihr bei uns Ende des Monats rechnen. Nun rechnet aber erst einmal mit wunderbaren Antworten auf fünf so einfache wie doch nicht immer leicht zu beantwortende Fragen. Viel Freude! 

Welches Buch hat Dich zuletzt geprägt oder berührt?

Lia von Blarer: Das glückliche Tal von Annemarie Schwarzenbach. Das Buch traf mich wie ein tödlicher Schuss. Ich kann schwer in Worte fassen, was genau es war, das mich dermaßen berührte. Es gab dieses dringende Gefühl der Verbundenheit und ich wusste: Davon gibt es kein Zurück.

Welcher Film/welche Serie ist Dir deutlich in Erinnerung?

Lia von Blarer: Alex van Warmerdam’s Borgman — ein Film, den ich immer wieder nicht ganz zu fassen bekomme, der sich aber tief eingegraben hat. Ähnlich geht’s mir mit der Serie Severance, die ich gerade begonnen habe.

Gibt es auch was an Musik?

Lia von Blarer: Das Ich liebe dichAlbum von Dino Brandão, Faber und Sophie Hunger.

Was kommt Schönes auf den Teller, und was auf gar keinen Fall?

Lia von Blarer: So was Winterliches wie Kartoffel-Karotten Püree wäre gut. Letztens überkam es mich und ich habe aus einer Laune heraus in so einer pseudo chicen Bude eine vegane Currywurst gegessen. Das werde ich so bald nicht wiederholen.

Ein letzter Gedanke, der nicht fehlen darf?

Lia von Blarer schaut genau hin // Foto: © Joachim Gern

Lia von Blarer: Dieser: „Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Informationen, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung.“ — von Roger Willemsen

📷🏳️‍🌈🖋

Zwei Anmerkungen von uns: Das erwähnte Buch von Annemarie Schwarzenbach ist wie einige weitere von ihr beim Schweizer Lenos Verlag erschienen. Dort erschien im vergangenen Frühjahr auch das Buch Der letzte Syrer von Omar Youssef Soulemaine (übersetzt aus dem Französischen von Christiane Kayser) — das haben wir noch nicht besprochen, es sei aber hiermit empfohlen! 

Zweitens hat Lia von Blarer, die ihr hier auf Instagram findet, uns auf das o. g. Album von von Dino Brandão, Faber und Sophie Hunger gestoßen, das wir seither mehr als einmal haben laufen lassen. Macht das auch!

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