„It´s a wonderful knife“ – Wundervolles Fest!

Von Alexander Schütz

Weihnachten, die Zeit in der es auch in filmischer Hinsicht oft ganz besonders „nice“ zugeht. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, Der kleine Lord und Tatsächlich Liebe sorgen für romantische, nostalgische Wärme in festlich beleuchteten Wohnzimmern. Außerdem sorgen sie dafür, dass ich den Raum verlasse, denn obwohl ich Kitsch für gewöhnlich nicht abgeneigt bin, bilden diese drei Filme für mich die unheilige Dreifaltigkeit der Weihnacht. Gebt mir stattdessen „naughty“, lasst das Blut leise rieseln, lasst Santa die Axt auspacken, gebt mir Weihnachtshorror.

Mit schöner Regelmäßigkeit wird mir jedes Jahr dieser Wunsch erfüllt und man trifft mich dann freudig im Kino an. Dieses Jahr trieb mich It´s a wonderful knife in eine Sondervorstellung, um die Adventszeit gebührend einzuläuten.

Psssst…. // © capelight pictures OHG

Die Kamera fliegt von oben der idyllischen Kleinstadt Angel Falls entgegen. Die Straßen sind geschmückt, die Häuser beleuchtet, Glöckchen klingen, es ist Heiligabend. Die Teenagerin Winnie Carruthers feiert mit der Familie, bevor es schließlich zu einer Party mit Gleichaltrigen geht. In der Location angekommen, geht es dort weihnachtlich weiter: es wird gelacht, getrunken, getanzt und dann, plötzlich, auch geschrien. Mehrere der Feiernden werden brutal ermordet. Winnie kann den Killer töten, doch das Trauma wegen des Tods ihrer besten Freundin bleibt.

Ein Jahr später, wieder ist es wenig überraschend Heiligabend, trifft sich die Carruthers Familie erneut, doch Festtagstimmung will sich zumindest bei Winnie nicht einstellen. Es kommt zum großen Krach und die junge Frau wünscht sich niemals geboren worden zu sein. Kaum ausgesprochen wird sie von wunderbar kitschigen (seht ihr, ich mag es doch) CGI-Sternchen umwirbelt und siehe da, ihr Wunsch wurde erhört. Dumm nur, dass niemand, inklusive Freund*innen und Familie, sie mehr erkennt. Noch dümmer: Somit hat sie den Killer im Engelkostüm niemals aufgehalten und dieser trachtet Winnie bald erneut nach dem Leben.

Uhm – hoppala // © capelight pictures OHG

Wer noch nicht anhand des Titels erkennen konnte welcher übergroße Weihnachts-Klassiker des US-Kinos hier als Horrorkomödie neuinterpretiert wird, kann das sicher spätestens nach der Inhaltsangabe. It´s a wonderful life (dt.: Ist das Leben nicht schön?) aus dem Jahr 1946 schickte einen Mann mittleren Alters auf einen Selbstfindungstrip, hier wurde passend zum Genre eine blonde Teenagerin daraus. Diese hat übrigens eine beachtliche Ähnlichkeit mit Drew Barrymores Figur in Scream, was auch nicht das einzige Easter Egg für den geneigten Horrorfilmfan bleibt. Die wilde Mischung aus Slasher, Komödie, Teeniehorror, Fantasy und Weihnachtsfilm hält sich im Grundgerüst sehr genau an das Ausgangsmaterial, gönnt sich aber gleichzeitig so viele sympathische Neuerungen, Anspielungen und Zitate, dass der Film wirklich zu keiner Sekunde langweilig wird.

Besonders amüsant fand ich, dass die für mich spannendste Szene aus dem gesamten Scream-Franchise ganz herrlich wiederholt wird. Highlight sind bei diesem Genre natürlich die Kills und obwohl der Slasher-Anteil nicht so groß ist wie erwartet, sind diese doch ganz wunderbar unbesinnlich ausgefallen. Da wird mit dem, wirklich wunderschönen, Messer gestochen und geschlitzt und natürlich darf die zweckentfremdete Zuckerstange auch nicht fehlen. Ganz toll anzusehen ist außerdem das Design der Maske: Vollkommen glatt, weiß, fast wie Eis, glänzt sie im komplett weißen (!) Kostüm, schön.

Shut up?! // © capelight pictures OHG

Dass die Kills so gut wirken, ist natürlich immer auch das Verdienst der Darsteller*innen und deren Figuren, denn wenn man diese mag, schmerzt das Ableben umso mehr. Auch hier haben alle ganze Arbeit geleistet. Jane Widdop ist ein grundsympathisches Final Girl, Joel McHale zeigt, dass er auch als Daddy überzeugt, der mit Selbstbräuner eingeriebene Justin Long ist am gruseligsten und Genre-Liebling Katharine Isabelle (Ginger Snaps, American Mary) ist das goldene Sternchen auf diesem illustren Tannenbaum.

Sie alle agieren mit sichtbarer Spielfreude, besonders Isabelle als trinkfreudige, lesbische Tante sorgt für viele Lacher und viel Herz. Überhaupt ist hier alles erfreulich divers. Der Bruder ist schwul, die Tanten sind lesbisch und am Schluss findet sich ein unerwartetes Paar und es wird geküsst. Schließlich befinden wirt uns ja immer noch in einem Weihnachtsfilm.

Love some daddy issues // © capelight pictures OHG

Diese Diversität verdanken wir zum Großteil Drehbuchautor Michael Kennedy, der auch schon Freaky zu einem herrlich verrückten Spaß machte und das hier fortsetzt. Neben all dem Blut und Geschrei ist It´s a wonderful knife nämlich im Kern auch eine sehr schöne, fast schon rührende Geschichte über Freundschaft und (Wahl-)Familie. Wenn es am Ende dann natürlich doch so richtig schön kitschig wird und man sich fragt, wer hier wohl wen rettete, geht einem die Mördergrube, die man Herz nennt, auf.

It´s a wonderful knife ist ein blendend unterhaltender WeihnachtsComedySlasher, der das Rad nicht neu erfindet, aber aus vielen bekannten und liebgewonnenen Versatzstücken ein wunderbar anzuschauendes Ganzes zaubert. Blutig, spannend, lustig, romantisch, mit Glitzer und Schnee obendrauf. Wenn ihr also genug von Zaubernüssen, singenden Kindern und Hugh Grant habt, ab ins Kino. Da kann Weihnachten ja jetzt kommen.

Und weil Weihnachten die Zeit des Gebens ist, folgen hier noch fünf weitere Feiertagsfilme, die alles andere als eine stille Nacht garantieren:

Tödliche Weihnachten: Geena Davis zeigt als Weihnachtsfrau mit Amnesie den bösen Jungs, wo der Hammer hängt.

Silent Night (2012): Das Remake des Kultklassikers schreit in jeder Szene „Grindhouse“! Sehr, sehr laut.

Black Christmas (2006): Süßer die Schreie nie klingen als in diesem Remake. Ein großer Spaß!

Better watch out: Kevin allein zu Haus für Große und einer der besten #metoo-Filme. Zu gleichen Teilen spaßig und bitter.

Gremlins: Zurecht Kult. Wenn die kleinen Monster die garstige Alte durchs Dach katapultieren und dabei ihr Liedchen krächzen, dann ist Weihnachten.

Unser Gastautor Alexander Schütz wurde 1985 geboren und ist gelernter Buchhändler – und Horror-Enthusiast in jeder Form. Auf Instagram betreibt er die Kanäle bookhouse_boy_from_twin_peaks und lets_scare_alex_to_death

It‘s a wonderful knife – seit 23. November 2023 im Kino; seit 7. Dezember 2023 digital verfügbar und ab 14. Dezember 2023 auch als DVD und Co.

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