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Zum dritten Mal gibt es Queeres in Kürze mit Queer Abgesahnt #3. Dieses mal trauern wir um Steve Bronski, freuen uns mit Julian Morris, sind skeptisch mit Josh Cavallo, reisen mit Hape Kerkeling, feiern mit Kanada und Chile weitere Schritte gegen Homo und Queerfeindlichkeit, ärgern uns über selbige in der Nürnberger Zeitung und haben natürlich ein wenig Serien und Filme geschaut und Bücher gelesen. Los geht’s.
Abschied ohne Einwilligung
Traurig stimmte uns kürzlich die Nachricht vom Tod Steve Bronskis, dem Mitgründer und Keyboarder der britischen Synthie-Pop-Band Bronski Beat. Und nicht nur uns – sein früherer Bandkollege Jimmy Sommerville postet auf Twitter ein Foto, das die beiden und den dritten Bandkollegen, Larry Steinbachek, zeigt und schrieb dazu: „Es ist traurig zu hören, dass Steve Bronski gestorben ist. Er war ein talentierter und sehr melodiöser Mann. Die Arbeit mit ihm an Songs und dem einen Song, der unser Leben verändert und so viele andere Leben berührt hat, war eine lustige und spannende Zeit. Danke für die Melodie, Steve. Jimmy x“.
Bronski, der mit bürgerlichem Namen Steven William Forrest hieß, Sommerviel und Steinbachek (der bereits 2016 an Krebs starb) gründeten Bronski Beat 1983 und gleich ihre erste Single wurde ein großer Hit, der bis heute bewegender und eingängiger Kult ist: „Smalltown Boy“ Der Song handelt von einem jungen schwulen Mann, der aus Furcht vor Homophobie von zu Hause wegläuft, wurde in zahlreichen TV-Serien und Filmen verwendet und ist aus dem (queeren) popkulturellen Gedächtnis kaum mehr wegzudenken. Auch ihr Debütalbum – in Anspielung auf das Schutzalter für homosexuelle Handlungen „The Age of Consent“ betitelt – lohnt sich nach wie vor anzuhören.
Julian ❤️ Landon
In der Kategorie Coming out gibt es auch was Neues: Der 38-jährige Schauspieler Julian Morris (u. a. Pretty Little Liars, Schön bis in den Tod) veröffentlichte auf Instagram mehrere Fotos, die ihn und seinen Partner Landon Ross zeigen. Mit dem Post zelebrierte er und dankte seinem Partner für die mittlerweile 18 Jahre währende Beziehung. Wow! Er schreibt: „18 Jahre zusammen und es waren die besten, denn sie waren mit dir. Ich liebe dich @landonross ❤️“
Ross, ein Künstler, seinerseits postete ebenfalls einige Bilder mit der Caption: „Der Beginn unseren 19. Jahres ist das Beste am Leben. Ich liebe dich.“ Überhaupt tauchten die beiden schon lange immer wieder gemeinsam im Instagram-Feed des jeweils anderen auf, daher wurde schon länger spekuliert, die zwei könnten ein Paar sein. Morris hielt sich in Bezug auf sein Privatleben jedoch in Interviews und Kommentare zurück. Wir freuen uns, so übrigens auch Charlie Carver.
Lieber nicht nach Katar?
Geoutet hatte sich Ende Oktober der australische Fussballspieler Josh Cavallo, wie wir auch in unserem Queer Abgesahnt #2 berichteten. Im November sprach er im Podcast „Today in Focus“ des britischen Guardian über seine Beweggründe, sich zu outen und was er so für die kommenden Zeit auf dem Zettel hat. Ebenfalls sprach er über die anstehende Fußball-WM 2022 in Katar, einem Staat der nicht gerade für seine exzessiven Menschenrechte bekannt ist.
Im Podcast sagte der 22-jährige Cavallo: „Ich habe gelesen, dass es für Schwule die Todesstrafe Katar gibt, das macht mir große Angst und ich würde deshalb nicht wirklich nach Katar reisen wollen“, was ihn traurig mache, schließlich sei es einer der größten Erfolge für sein Land bei der WM zu spielen.
„Zu wissen, dass das aber in einem Land stattfinden würde, das Homosexuelle nicht unterstützt, und es uns so einem Risiko aussetzt, macht mir Angst. […] Es ist 2021. Jeder verdient, er selbst zu sein.“ Die Frage allerdings ist für ihn noch theoretisch, denn (noch) ist er nicht Teil des WM-Kaders der australischen Fußballnationalmannschaft.
So oder so aber ist an der Überlegung etwas dran – Teile unserer Redaktion etwa lehnen es entschieden ab, in Ländern Urlaub zu machen, in denen Homosexuelle und queere Personen sich juristischer (und/oder religiöser) Verfolgung, oft willkürlicher Behandlung und Strafen ausgesetzt sehen. Das schadet natürlich der Außenwirkung, so gab also der Geschäftsführer des Organisationskomitees der Fußball-WM 2022, Nasser Al Khater, in einem Interview mit der CNN-Journalistin Amanda Davies Ende November zu Protokoll, dass Katar ein offenes und tolerantes Land sei und es sogar erlaubt sei, während der WM 2022 Regenbogenfahnen ins Land zu bringen (Hey, Ungarn!).
Natürlich sei Cavallo willkommen, auch schon vor den Spielen. Niemand solle sich bedroht fühlen, gegenteilige Gedanken seien vor allem die Folge „negativer Berichterstattung in den Medien“, Katar sei schließlich eine Gesellschaft, „wie alle anderen Gesellschaften auf der Welt.“ Als Davies nachhakt und meint, dass doch homosexuelle Menschen im Gefängnis säßen und Homosexualität verboten sei, widerspricht Khater und meint: „Öffentliches Zurschaustellen von Zuneigung ist verpönt, und das gilt für die gesamte Region“, Katar sei ein sittsames Land, das müsse man respektieren.
Das geht noch eine zeitlang hin und her, jedenfalls sollten wir Homos laut Khater wissen, dass uns nichts passieren könne. Außer vermutlich jemand bekommt was mit. Zum Beispiel beim Fahne schwenken oder so… WTF?!
7 Zwergstaaten und ein Hape in der Breite
Auf Reisen ist auch Hape Kerkeling: Im TV läuft auf VOX seit 21.11.2021 seine Sendung Hape und die 7 Zwergstaaten, in denen er eben genau diese besucht. Den Auftakt machte eine Folge zu Malta, die recht gut war, gefolgt von einer eher drögen Nummer zu Liechtenstein, die allerdings mit einer schönen LGBT-Referenz endet. In der dritten Folge ist Hape im Vatikan: Sie ist wieder interessanter, dort trifft er u. a. auf den Vatikan-Experten Andreas Englisch, über dessen Buch Der Pakt gegen den Papst unser Gastrezensent Holger Doetsch schrieb: „Geistiger Dünnschiss, gepresst zwischen zwei Buchdeckeln!“ Bewegt ist Kerkeling beim Besuch des deutschen Friedhofs Campo Santo Teutonico in Italien am Vatikan; etwas sauer mag aufstoßen, dass erst am Schluss auch Kritisches geäußert wird, einzelne Einstreuungen hätten der Folge gut getan.
Die Folgen laufen jeweils sonntags auf VOX und sind anschließend bei RTL+ verfügbar; dort findet ihr auch das Spezial Ein Abend mit Hape, in dem er aus seinem neuen Buch Pfoten vom Tisch liest und anschließend ein Gespräch mit Dunya Hayali führt. Wir meinen: Geschmacksache (wie auch sein neues Album „Mal unter uns…“).
Ku’damm 56 und manche Frage
Apropos Album … und apropos Geschmackssache: Kürzlich besprachen wir den Soundtrack zu Ku’damm 56 – Das Musical und natürlich haben wir auch das Musical um die vier Schöllack-Frauen und ihre Männergeschichten, Selbstbehauptung und ein Leben zwischen Pflicht und Kür gesehen. Wir empfehlen es, haben aber kritische Anmerkungen – nicht nur in der Behandlung verkappter Homosexualität übernimmt sich die Geschichte ein wenig.
Keine Konversionstherapie mehr…
Kanada hat es getan! Nach zwei gescheiterten Anläufen im Lauf des vergangenen Jahres ist nun auch in dem nordamerikanischen Staat die Konversionstherapie verboten. Versuche die sexuelle oder geschlechtliche Identität einer Person durch Verhaltenstherapie und Medikamente zu verändern, sind nun also per Gesetz, das im kommenden Monat in Kraft treten soll, unterbunden. Premierminister und Teilzeit-Feuchttraum Justin Trudeau begrüßte die Entscheidung und versicherte, dass Kanada sich immer für LGBTQ*-Rechte einsetzen werde. Hier sei übrigens auch noch einmal angemerkt, dass der viel gescholtene und soeben aus dem Amt geschiedene Gesundheitsminister Jens Spahn eine entsprechende Initiative hierzulande bereits 2019 dem Bundestag zur Entscheidung vorlegte. Am 12. Juni 2020 wurde das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen erlassen. So ein schlechter Gesundheitsminister kann er also doch nicht gewesen sein.
…dafür gleichgeschlechtliche Ehe
Noch eine weitere gute Nachricht: In Chile sind nun Eheschließungen zwischen Menschen des gleichen Geschlechts erlaubt. Mit 82 Ja-Stimmen (20 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen) billigte die Abgeordnetenkammer der ziemlich konservativen Republik Chile das Gesetz. Die eingetragene Lebenspartnerschaft gab es dort bereits seit dem Jahr 2015.
Rolando Jimenez von der Bewegung für Integration und homosexuelle Befreiung (Movilh) sagte zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe, die laut der Nachrichtenagentur AP eine große Mehrheit der Chileninnen und Chilenen unterstütze: „Es ist kaum zu glauben, dass wir heute diesen Schritt machen.“ Über ein Jahrzehnt kämpften Menschen, wie auch die Bewegung Movilh, für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe.
Die Ministerin für soziale Entwicklung, Karla Rubilar, wird wie folgt zitiert: „Heute ist ein historischer Tag, denn unser Land hat die gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Anerkennung, dass Liebe Liebe ist.“
Am 19. Dezember wählen die Chileninnen und Chilenen in der Stichwahl einen neuen Präsidenten. Leider haben sie nur noch die Auswahl zwischen einem Kandidaten der Ultrarechten sowie einem äußerst weit links stehenden Kandidaten. Mäßigung ist in dem südamerikanischen Land also eher nicht zu erwarten.
Diese vermaledeiten Queers!
Ebenfalls wenig gemäßigt: Neulich morgens im Bett wurde gehustet und geprustet, als in der Deutschlandfunk-Presseschau folgender Auszug aus der Nürnberger Zeitung zu hören war: „Legales Kiffen, allerlei ‚Diversity‘-Pflichten, viel Gewese um ‚queeres Leben‘ und ‚Regenbogenfamilien‘. Für – Zitat – ‚Normalbürger‘ ist nicht viel drin. Wer einer regulären Beschäftigung nachgeht, keiner Randgruppe angehört und vielleicht gar in einer unbunten Vater-Mutter-Kind-Familie lebt, hat wenig zu erwarten. Hat die künftige Regierung die ‚Normalos‘ überhaupt auf dem Radar? Ja: Die Kosten für den linken Gesellschaftsumbau und die ungeordnete ‚Alles-fürs-Klima‘-Politik dürfen sie freilich schon tragen.“
Der kommentierende Redakteur Florian Heider bezieht sich offensichtlich auf den Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP und lässt neben Vorurteilen, die sich nicht mal aus der Angela Merkel in ihren Anfangsjahren umgebenden Männerriege in Ralph Bollmanns ausführlicher Biografie herauslesen lassen, auch unsinnigen Scheinargumenten und Unterstellungen freien Lauf, wie unser lieber Jonas Waldoff meint.
Coming Home, Coming Out und Coming Back
Es wird winterlich-weihnachtlich und egal ob allein, zu zweit, als Throuple oder in der WG: Ein wenig humorvoller und charmanter Kitsch schadet sicherlich nicht. Wir empfehlen aktuell Single All The Way auf Netflix.
Ebenfalls auf Netflix gibt es nun die Doku-Serie Coming Out Colton, in der es um den Ex-Bachlorette-Kandidaten und Ex-Bachelor Colton Underwood geht, der sich im April diesen Jahres als schwul geoutet hat. In der sechsteiligen Dokumentation begibt sich „der ehemalige Profi-Footballspieler und ‚Bachelor‘-Star Colton Underwood auf eine Selbstfindungsreise [in Begleitung von Gus Kenworthy, Anm. d. Red.] , bei der er sich zu seiner Homosexualität bekennt, sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt und seinen Platz in der LGBTQ-Community einnimmt“, so Netflix. Unsere Besprechung folgt.
Gerade gestartet ist bei Sky Deutschland die Fortsetzung von Sex and the City namens And Just Like That…, ohne die famose Kim Cattrall (die wir dafür bald im Queer as Folk-Reboot sehen dürfen) als Samantha und wie es scheint (und wir vermutet hatten), werden wir uns noch zügig von einem weiteren wesentlichen Charakter verabschieden müssen. Dafür ist unter anderem die bisexuelle, nichtbinäre Sara Ramirez an Bord. Wir sichten gerade die ersten Folgen. Hier eine gute Einstimmung auf den Vibe der Stadt New York.
Seit heute gibt es außerdem die größtenteils entkitschte Neuerzählung der Sissi-Geschichte in Form der Serie Sisi auf RTL+ mit Newcomerin Dominique Devenport als Sisi und Jannik Schümann als Kaiser Franz Joseph. Wir haben die ersten zwei Folgen gesehen und sind recht angetan, auch von der Starpower im Cast (von ein, zwei eher hölzernen Darstellungen mal abgesehen) und den tollen Bildern. Dass effektiv noch nicht wirklich viel passiert ist und die Dialoge sich zwar kitsch- aber auch größtenteils anspruchsfrei geben, störte bei der auf Reize angelegten Umsetzung bisher noch nicht. Eine ausführliche Besprechung folgt nach Sichtung aller sechs Folgen.
Überraschung!
Außerdem stellen wir euch Ende der kommenden Woche einige Buchvorschläge von Verlagen vor: Was meinen die Lektor:innen und Pressefeen und -elfen darf auf keinen Fall unterm Baum fehlen? Nur so viel: Die Auswahl ist bunt und vielseitig, hat uns nicht selten überrascht und uns selber auf die eine oder andere Geschenkidee gebracht.
Bücher über Bücher
Apropos lesen: Gerade am Wickel haben wir u. a. Die Schlampen von Dennis Cooper, Die Eistaucher von Kaska Bryla (erscheint im März 2022 im Residenz Verlag), Die Schönheit des Himmels von Sarah Biasini, Mookie – Weihnachten mit Schwein von Laura Wohnlich, Wild Seas – Die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Ozeane von Thomas Peschak, American Chrismas von Gabriele Frankemölle und Petrina Engelke; und AA Bronson’s House of Shame. Hier – und bei einigen mehr – erwarten euch also bald unsere Betrachtungen. Eine Übersicht zu allen besprochenen belletristischen Büchern findet ihr hier und die zu den Sachbüchern hier.
Zuletzt haben wir u. a. mit viel Begeisterung 100 Boyfriends von Brontez Purnell oder Und die Juden? von David Baddiel und mit weniger Begeisterung aber viel Interesse Liebe im neuen Jahrtausend von Can Xue gelesen. Außerdem einige Bildbände betrachtet, wie den famosen Painted Contacts von William Klein, The Polar Silk Road von Gregor Sailer oder NUDES von Richard Kranzin. Und etwas weniger ungesundes Backen gab es auch – gerade jetzt eine gute Idee!
Bücher über Aids
Apropos lesen #2: Am 1. Dezember war Welt-Aids-Tag, jemand, der sich nicht nur an diesem einem Datum damit auseinandersetzt ist Marlon aka Books are gay as fuck auf seiner gleichnamigen Seite. Dort findet ihr eine recht ausführliche Übersicht zu queerer aidsbezogener Literatur (und einiges mehr, klickt einfach mal rum).
Elliot Page heizt uns ein
Ganz warm (ums Herz, nur ums Herz…) wird uns bei einem Blick auf Elliot Pages Instagram, dort postet der Schauspieler gern Shirtless-Pics, wie jenes postoperative Bild vom Mai 2021 am Pool mit der Bildunterschrift: „Trans bb’s first swim trunks.“ Und nun freute er sich, dass das neue Smartphone funktioniere – und das Fitnessprogramm wohl auch, wie wir meinen. Page hatte Ende vergangenen Jahres öffentlich gemacht, dass er nicht-binär ist und die Fürwörter er/dey nutzen würde.
Ugly but beautiful*
Wer immer uns einen weihnachtlichen Präsentkorb mit Ugly-Glühwein geschickt hat: Danke! Und: Eine Karte dazu wäre cool gewesen, denn wir wissen beim besten Willen nicht, wo der herkommt und wem wir nun dankbar sein dürfen.
*„Broken & Beautiful“ ist ein toller Song von Kelly Clarkson zu dem mäßigen Film Ugly Dolls. Außerdem gibt es von ihr ein ganz feines Weihnachtsalbum: „Wrapped in Red“
Heißer Kuss…
Zu guter Letzt brachte uns diese Geschichte von Sabine Hannakampf bei den Kolleg:innen von Männer* heiß-politisierte Freude.
…und Schluss
Bis zum nächsten Mal! Mit weihnachtlichen Grüßen –
Eure queer-reviewer
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