„Like ice in the sunshine“ heißt es in dem berühmten Langnese-Werbelied. Es schmilzt dahin und sollte besser in der Kälte aufbewahrt werden. Das gilt nicht nur für Rehragout oder potentielle Mordopfer, sondern sogar für unseren gesamten Planeten. Die Erde wärmt sich immer mehr auf, Regionen wie Spitzbergen tauen auf und die Menschen, Pflanzen und Tiere dort müssen hiermit umzugehen lernen.
Wie bedeutsam die Kryosphäre, also die Gesamtheit der vereisten Teile der Welt, für das Leben und das Klima auf der Erde ist, dürfte vielen allerdings nicht bewusst sein. An diesem Punkt setzt Esther Gonstalla an, die in Das Eis Buch – Alles, was man wissen muss, in 50 Grafiken sehr charmant illustriert, wieso wir uns mehr Gedanken über die kältesten Regionen der Welt machen sollten.
Ice Ice Baby
Sie lässt in ihrem im oekom verlag erschienenen Buch zwar Speiseeis und Gefrierbrand aus, beleuchtet aber eine Reihe von anderen Aspekten, die mit großflächigem, bisher dauerhaftem Eis zu tun haben. In sechs Kapiteln widmet sie sich verschiedenen Arten von Eiswelten, Eisschilden, dem Verhältnis und Zusammenspiel zwischen Meer und Eis, dem Permafrost, Gletschern sowie dem Zusammenleben von Mensch und Eis.
Der Textanteil ist dabei zwar außerordentlich gering – er besteht im Wesentlichen aus Untertiteln oder Bemerkungen zu Grafiken. Denn, das zeichnet Das Eis Buch aus, es lebt ganz besonders von seinen Grafiken, die Gonstalla für den Zweck des Buchs angefertigt hat und uns die Welt des Eises näherbringen. Dafür hat sie eine Reihe von (am Ende sauber zusammengestellten) wissenschaftlichen Studien gewälzt und zitiert. Die wichtigsten Fakten und Ergebnisse bilden die Basis für ihre zumeist sehr aussagekräftigen Illustrationen.
Viel Information auf wenig Raum
Hier sind wir allerdings bei einem der wenigen, kleineren Kritikpunkte: Manche Darstellungen sind sogar so aussagekräftig und voll mit Informationen beladen, dass mensch gar nicht weiß, wo er oder sie anfangen soll zu lesen. Häufig gibt es einen logischen Startpunkt (zum Beispiel 1., a), oben links oder ein Kreisdiagramm). Bei manchen Grafiken aber auch nicht und ein paar sind aber dochso komplex, dass eine kurze „Einstiegshilfe“ durchaus sinnvoll wäre. Umgekehrt führt das natürlich auch dazu, dass sich die Betrachterinnen und Betrachter noch einmal intensiver mit den Darstellungen auseinandersetzen (müssen), um deren vollen Inhalt und die Zusammenhänge zu erfassen. Diesen „Makel“ kann man also durchaus zu einem Vorteil umdeuten.
Häufig hängen die Grafiken zusammen, illustrieren zum Beispiel Parallelen in der Arktis und der Antarktis und können gemeinsam und vergleichend gelesen werden. In aller Regel (Ausnahmen siehe oben) sind die Grafiken aber dank der kurzen Texte und Bemerkungen Gonstallas mit etwas logischem Grundverständnis recht gut nachvollziehbar. Sowohl für Kinder mit entsprechendem Vorwissen als auch für bereits erwachsene Interessierte bietet Esther Gonstallas Buch eine breite und informative Zusammenstellung von Fakten und Zusammenhängen.
Das Eis ist heiß
Eingestreut sind immer wieder Statements von Forscherinnen und Forschern renommierter Einrichtungen, die die gesamte Tragweite des schmelzenden Eises und der Konsequenzen hieraus erkennen lassen. Ähnlich wie bei Ashkat Rathis Buch Klima ist für alle da (unsere Besprechung folgt alsbald) ergibt sich somit ein vielschichtiges Bild, das die Bedeutung von Schnee, polarem Eis, Gletschern und Permafrost für Mensch, Tier, Pflanzen und das Klima bestens illustriert.
So banal und einseitig mensch Schnee und Eis finden mag – dass zumindest Schnee alles andere als einseitig ist, haben wir erst vor kurzem in Nancy Campbells Buch 50 Wörter für Schnee gesehen – sie sind es auf gar keinen Fall. Esther Gonstalla illustriert in ihrem Eis Buch mehr als anschaulich und eindrücklich, welche Bedeutung Eis für unser Leben hat und wie sehr es durch die Klimakrise Schaden nimmt.
Am 20. Januar ist der Penguin Awareness Day, der uns darauf aufmerksam machen soll, wie sehr Pinguine vom Klimawandel in Mitleidenschaft gezogen werden und unter dem schmelzenden Eis in der Antarktis leiden. Auch darauf geht Das Eis Buch ein, wenn auch nur am Rande. Es sei aber auch darüber hinaus generationenübergreifend empfohlen.
HMS
Esther Gonstalla: Das Eis Buch – Alles, was man wissen muss, in 50 Grafiken; 1. Auflage, Oktober 2021; Hardcover, gebunden; 112 Seiten mit 50 Grafiken; 29,3 x 21,5 cm; ISBN: 978-3-96238-287-2; oekom verlag; 24,00 €; auch als eBook erhältlich
Unser Schaffen für the little queer review macht neben viel Freude auch viel Arbeit. Und es kostet uns wortwörtlich Geld, denn weder Hosting noch ein Großteil der Bildnutzung oder dieses neuländische Internet sind für umme. Von unserer Arbeitszeit ganz zu schweigen. Wenn ihr uns also neben Ideen und Feedback gern noch anderweitig unterstützen möchtet, dann könnt ihr das hier via Paypal, via hier via Ko-Fi oder durch ein Steady-Abo tun – oder ihr schaut in unseren Shop. Vielen Dank!
Comments