Eingesperrt im Leben

Von den Königinnen zu den Knackis: In München wird nach einem Mord an einem Insassen in der Justizvollzugsanstalt Landshut ermittelt. Und trotz entschleunigter Erzählweise, gibt der Tatort: Das Wunderkind inhaltlich und schauspielerisch ordentlich Gas.

Im Hintergrund sehen Georg (Lasse Myhr) und Viola Seiffert (Sarah Bauerett) Ferdinand (Phileas Heyblom) hinterher, der von seinem Vater Dieter Scholz (Carlo Ljubek) abgeholt wird. // Bild: BR/Sappralot Productions GmbH/Hendrik Heiden

Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) müssen nach besagtem Mord ihr Büro mit Hilfe des unlängst zum Oberkommissar beförderten Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) in die JVA verlegen, um von dort mit Unterstützung des Vollzugsbeamten Claussen (Felix Hellmann) zwischen den Fronten zweier verfeindeter Gefängnisgruppen zu ermitteln. Deren Anführer sind getrieben durch Machtspiele, Selbstjustiz und korrupte Geschäfte und erschweren den Polizisten die Aufklärung des Mordes massiv. Als der zeitgleich freikommende Musterhäftling Scholz (Carlo Ljubek), der endlich wieder mit seinem musisch hochbegabten Sohn Ferdinand (Phileas Heyblom) zusammenleben möchte, ins Visier der Ermittler gerät, überschlagen sich die Ereignisse für Leitmayr und Batic. Ist der Junge in Gefahr?

Weiß, aber nicht weise

So viel zur Ausgangslage. Es entspinnt sich eine Geschichte um derbe Männlichkeit, ein nicht wirklich sauber funktionierendes Justizsystem, Gewalt und Gegengewalt, Drogen, Rassismus, persönlichen und professionellen Frust. Für Leitmayr wird es dabei noch persönlicher und wir bekommen (kurz vorm Ruhestand) noch mehr Einblicke in das Innenleben des launischen Ermittlers. (Apropos: Wir vermuten ja, dass der Hammermann Kalli als Nachfolger der beiden weißhaarigen Münchener Kommissare aufgebaut wird und der Tatort München dann mit ihm fortgesetzt werden könnte.)

Der Gefangene Ahmet Yilmaz (Yasin Boynuince) erlebt unmittelbar, wie der neue Insasse Kevin Schneider (Alexander Martschewski) im Speisesaal von Roland Gumbert (Ralph Herforth) bedroht wird und Panik bekommt // Bild: BR/Sappralot Productions GmbH/Hendrik Heiden

Allerdings, das muss gesagt sein, ist Leitmayr – und da erinnert er an die Kölner Kollegen – hier auf eine Art desillusioniert, die ein waches und nicht vorverurteilendes Agieren nahezu unmöglich macht. Hoffen wir mal, dass sich das wieder legt, denn Kommissare, die jeden für schuldig halten, sind auch irgendwie ungeil.

Unterm Strich aber ist der Tatort: Das Wunderkind von Autor und Regisseur Thomas Stiller eine sehr gute, spannende und emotionale Nummer. Dies nicht zuletzt auch dank guter Recherche zum Gefängnisalltag sowie einer eindrucksvollen Leistung von Jule Ronstedt, die die wunderbar unsymapthische JVA-Angestellte Anja Bremmer spielt.

AS

Nachdem Kriminalhauptkommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec) angegriffen wurde, kommt ihm JVA-Beamtin Anja Bremmer (Jule Ronstedt) zu Hilfe. // Bild: BR/Sappralot Productions GmbH/Hendrik Heiden

Tatort: Das Wunderkind ist am Sonntag, 2. Februar 2024, um 20:15 Uhr im Ersten und um 21:45 Uhr auf one zu sehen; anschließend für sechs Monate in der ARD-Mediathek verfügbar.

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