Nordische Zuflucht

Im Rahmen der Woche unabhängiger Buchhandlungen möchten wir euch gern eine ganze besondere vorstellen: Pankebuch in Pankow (BÄM!). Im Rahmen dessen haben wir einen spätsommerlichen Besuch verschriftlicht. Viel Freude!

Stell dir vor, du wanderst durch einen dichten Wald in Norwegen oder Schweden. Nadelbäume um dich herum, der Duft von Tannenzapfen mischt sich mit einer herbstlichen Morgenfrische, das weiche Moos federt deinen Gang und der Morgentau benetzt langsam dein Schuhwerk. Die morgendliche Sonne bricht durch die Bäume und ein Specht hämmert in der Ferne ein Loch in einen Baum.

So romantisch bis idyllisch verkitscht ist es bei der Buchhandlung Pankebuch im Norden von Berlin nicht, aber Wohlfühlatmosphäre finden wir auch hier vor, als wir den Laden an einem Freitagnachmittag im August betreten. Neben uns im Laden ist eine Kundin, die durch einen der Büchertische stöbert. Wir aber werden von Petra mit offenen Armen empfangen, sie hatte uns bereits erwartet.

Die Drei Damen von der Panke (v. l. n. r.): Petra, Kathleen, Katrin // © Marlene Gawrisch Photography

Petra ist eine der drei Betreiberinnen des Ladens. Zum Team gehören außerdem die Inhaberin Katrin, die jedoch gerade in Schweden ihren Arbeitsurlaub verbringt, sowie Kathleen, die heute ebenfalls nicht im Laden ist. Petra aber bietet uns direkt eine Sitzgelegenheit in den gemütlichen Korbsesseln an, ein Glas Wasser ist im August selbstverständlich auch immer willkommen.

Nordische Nische

Und ohne große Vorbereitung kommen wir direkt ins Gespräch über Pankebuch. Seit elf Jahren gibt es den Laden in Pankow nun und anders als manch andere inhabergeführte Buchhandlungen – von den großen Ketten gar nicht zu reden– ist Pankebuch etwas Besonderes. Natürlich gibt es hier vielerlei Art Buch, die drei Damen bestellen auf Anfrage auch prinzipiell jede Lektüre und auch so „fachfremde Bücher wie“ Bettina Baltschevs Am Rande der Glückseligkeit oder Franziska Tschinderles Reportagensammlung aus Albanien finden wir auf dem zentralen Büchertisch. Der eindeutige Schwerpunkt liegt dennoch auf Literatur aus den und über die nordischen Länder.

Im ersten Moment mögen wir denken, dass das eine ganz schön kleine Nische sein dürfte, aber es sind ja doch, je nach Zählart, fünf bis sechs Länder: Dänemark, Finnland, Grönland, Island, Norwegen und Schweden. Und wir sind selbst erstaunt, wie viele Titel es doch aus diesen Ländern hierzulande zu erwerben gibt – die meisten in deutscher Sprache. So klein scheint diese Nische also gar nicht zu sein.

Nordische Nachbarschaft

Zurück zum Gespräch mit Petra: Sie selbst sei ein großer Fan Islands, die Inhaberin Katrin Schwedens. Und vor elf Jahren hätten sie nun ihren Gründerinnenmut zusammengenommen und diese Buchhandlung aufgemacht – scheinbar mit Erfolg, denn 2017 und 2018 wurde Pankebuch mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet. Woher ihre Begeisterung für diese beiden Länder jeweils rührt, würden wir gerne wissen, aber irgendwie schweift unser Gespräch doch immer ab und am Ende vergessen wir, Petra diese Frage zu stellen.

Denn wir sind schon längst bei anderen Themen, der nordischen Gastfreundschaft zum Beispiel und der Nachbarschaftshilfe. Dass wir uns herzlich begrüßt fühlten, haben wir bereits erwähnt, aber wie sehr die Buchhandlung in ihren Kiez integriert ist, lernen wir erst während unseres Besuchs. Petra erzählt uns von der Gemeinschaft unter den Anwohnerinnen und Anwohnern, von neuen Bars und Restaurants (natürlich nordisch), die in der Nähe aufgemacht haben und vom Honig aus dem fast unmittelbar angrenzenden Bürgerpark Pankow, den sie auch bei Pankebuch feilbieten.

Nordische Zweieinhalb-Tage-Nebel-Aktion

Immer wieder kommen Kundinnen und Kunden in den Laden und wir merken schnell: Mensch kennt und unterstützt sich hier. Immer wieder wird unser Gespräch unterbrochen, denn natürlich kommen Kundinnen und Kunden und wollen ihre Bücher abholen oder bestellen, aber das ist auf keinen Fall unangenehm oder nervig. Ganz im Gegenteil, kaum eine Kundin oder ein Kunde ist nicht zu einem kurzen Plausch bereit und es ist spannend, auf welch unerwartete Themen wir jeweils kommen.

Volter Kilpis monumentales Epos Im Saal von Alastalo beispielsweise. Ein Buch, das lange unentdeckt blieb und so erst vor kurzem von Stefan Moster aus dem Finnischen ins Deutsche übersetzt und im wunderbaren mare Verlag veröffentlicht wurde. Durch die Nominierung für den Preis der Leipziger Buchmesse wurden wir genau wie viele andere auf dieses Prachtwerk aufmerksam, aber bei Pankebuch steht der Titel wie selbstverständlich im Regal aus finnischem Hartholz. 

Die Regale übrigens, so Petra, hätten sie vor einigen Jahren nach einer großzügigen Schenkung vom Finnland-Institut herbeigeschafft. Bei Pankebuch ersetzten sie mit diesen dann die Billygregale eines bekannten – wie könnte es anders sein – schwedischen Möbelhauses, mit denen Katrin und Petra damals angefangen hatten, und verwandelten mit der Hilfe von großartigen Freunden ihren Laden innerhalb von zwei Tagen und einer Nacht von weiß in grün.

Nordische Wand

Egal, zurück zu Volter Kilpi: Wir kommen mit einem älteren Kunden unerwartet ins Gespräch. Er ist im Vorstand eines Vereins der Freunde Finnlands und mit jenem Stefan Moster offenbar wohlbekannt. Den Saal von Alastalo habe er auch gelesen, durch die ersten 150 Seiten habe er sich mit sturer Beharrlichkeit arbeiten müssen, aber als er etwa bei Seite 700 war, hatte er sich gewünscht, dass dieses Epos niemals ende. Spannend wie sich diese Einschätzung mit der unserer Gastrezensentin Nora Eckert deckt.

Die Nordwand (was nicht bedeutet, dass sich nicht überall nordische Bücher finden ließen – Die Löwin und Im Saal von Alastalo bspw. standen an der gegenüberliegenden Wand). Und wer genau hinschaut, entdeckt Jonas Eikas (famoses) Buch Nach der Sonne – nicht der einzige Titel mit queeren Inhalten bei Pankebuch // Foto: © the little queer review

Es ist nur eines von vielen Gesprächen, die wir an diesem Nachmittag ganz ungezwungen mit den Kundinnen und Kunden von Pankebuch führen können. Petra kommt immer wieder zu uns und wir sprechen über den Laden und ihre Motivation, so manches Buch oder allgemein über das Leben in Berlin. Und wenn sie Kundschaft hat, dann schlendern wir wie selbstverständlich die „Nordwand“ entlang, das große Regal mit sauber nach Ländern sortierter und schier unerschöpflicher Literatur des Nordens.

Nordisches Nebeneinander

Aufmerksam wurden wir auf Pankebuch durch die eine oder andere Buchvorstellung in den Nordischen Botschaften in Berlin. Fünf Länder haben sich hier – wohl einmalig auf der Welt – zusammengetan und betreiben ein gemeinsames Botschaftsgelände quasi direkt zwischen Tiergarten und CDU-Zentrale in Berlin. Pankebuch wiederum ist die offizielle Partnerbuchhandlung dieser Botschaften und bei quasi jeder Buchvorstellung mit einem Büchertisch dort vertreten. Die Kooperation ist in dem Sinne einmalig, so auch nur in dieser Matrix denkbar, aber gleichzeitig der Findigkeit und dem Geschäftssinn des Teams um Inhaberin Katrin zu verdanken.

Dazu gehören auch regelmäßige Lesungen und Buchpremieren von Büchern aus den nordischen Ländern. Und da die meisten Autorinnen und Autoren konsequenterweise nicht aus Berlin stammen, gibt es eine entsprechende Unterstützung bei der Reiseplanung oder Unterkunft in der ebenfalls vorhandenen Autor*innenwohnung bei Katrin, Kathleen und Petra gleich inklusive. Auch das erfordert Einsatz und Koordination, zeugt aber vom Engagement der drei Frauen für ihre Buchhandlung und ihre Leidenschaft.

Nach gefühlt einer Stunde in dem kleinen Laden im Souterrain dieses Altbaus verlassen wir Pankebuch mit einer Reihe von positiven Eindrücken. Wir dachten, dass wir unsere Fragen zu dieser ganz besonderen kleinen Buchhandlung beantwortet bekämen, aber stattdessen haben wir noch so viele mehr. Ein Besuch in dem Laden ist jeden Fall für alle Buchbegeisterten mehr als lohnenswert.

Eure queer-reviewer

Hier findet ihr die Homepage von Pankebuch, hier deren Instagram-Account (folgen empfohlen) und auf Facebook sind sie auch.

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