#newlove-IslaBonita 

Beitragsbild: Unser Autor und ein Blick in Richtung Horizont // Foto: © Frank Hebenstreit

Urlaub machen, da wo die ganzen Senioren überwintern? Ernsthaft? Aber ja doch. La Palma bietet auch und gerade im Winter, was mensch zu Hause meist nicht bekommt: laue Temperaturen, Sonne (zumindest immer irgendwo auf der Insel), ansehnliche Natur und großartige Panoramen.

Als queeren Hotspot hat sich die Community ja bereits eine andere Kanarische Insel ausgesucht und da dürfen die ganzen Feierwilligen auch gern hinfliegen. Wer sich jedoch eine ruhigere kanarische Urlaubsinsel aussuchen möchte, auf der es queere Möglichkeiten gibt, diese aber eben nicht im Vordergrund stehen, liegt mit La Palma richtig. Hier hat’s nicht so viel Sand und Ödnis wie auf Fuerteventura oder Lanzarote aber auch nicht so viel Trubel wie auf Granni und ist touristisch noch nicht so erschlossen wie Teneriffa.

Was es hat: Freundliche hilfsbereite Menschen, die Palmeros. Und die waren in den letzten Jahren schon eher gebeutelt, denn nach Corona brach keine Erleichterung, sondern ein Vulkan aus. Über 3000 Häuser versanken in den Lava-Fluten, die schlussendlich südlich des kleinen Örtchens Tazacorte ins Meer stürzten. Dass kaum ein Mensch bei der Katastrophe sein Leben verlor, grenzt an ein Wunder, ist sicherlich aber auch das Ergebnis einer exzellenten Vorbereitung. Aber schließlich lebt mensch dort ja auch auf einer Vulkaninsel, deren letzte Aktivität auch nicht so lange her war.

Wir hatten das Glück von Freunden für die Insel begeistert worden zu sein, die heutzutage im Winter knapp 5 Monate im Südwesten der Insel leben und schon seit 30 Jahren immer wieder herkommen. Da war für uns keine Vorbereitung vonnöten. Aber es empfiehlt sich doch, das eine oder andere an Recherche, damit der Urlaub nicht im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fällt.

Voller Liebe: Unser Autor Frank und Ehemann Sascha // Bilder: © Frank Hebenstreit

Obwohl der öffentliche Personenverkehr recht gut organisiert scheint, empfiehlt es sich nach dem Flug die Insel mit einem Mietwagen zu erkunden. So liegt allem die Ungezwungenheit zugrunde, dass mensch jederzeit dahin fahren kann, wo die Sonne scheint, denn das tut sie nicht überall auf der Insel zu jeder Zeit. Kurvenreiche Straßen verlocken mit Ausblicken, für die mensch gern einfach mal anhält, weil mensch zum genießen oder Fotografieren beide Hände frei haben sollte. Über ein gut ausgebautes Straßennetz kommt mensch um die Insel herum, über den einen oder anderen Tunnel auch gern mal mitten durch.

Die Insel-Hauptstadt Santa Cruz de La Palma bietet neben einer wunderbaren Altstadt, Flughafen und Hafen etwas Besonderes: einen Aufzug des Lichts. Mit diesem Glasaufzug kann jede Person kostenfrei in die höher gelegenen Viertel der Altstadt fahren, was ich wirklich jedem uneingeschränkten Fußgänger ans Herz lege. Von da oben aus gemütlich in die Altstadt laufen und einfach den Geist der vergangenen Jahrhunderte auf sich wirken lassen. Vorbei an den berühmten Balkonen dann zum Auto laufen und auf der Heimfahrt einfach zum Essen irgendwo ran fahren und spanisch genießen.

Ob im Wallfahrtsort Las Nieves unter einem lauschigen Blätterdach oder nördlicher an der rauen Küste von La Fajana, ein Café con leche geht immer. Wenn die Wetterbedingungen es zulassen, steht entspannenden Schwimmrunden in den Meeresschwimmbecken nichts im Wege. Zahlreiche Bodegas der Insel bieten Weine für jeden Geschmack, die exklusiv auf La Palma produziert werden. Einfach auch hier mal ranfahren und probieren. Die bereits im Januar beginnende Mandelblüte tut ein Übriges, um die Touren farbenfroh und freundlich erscheinen zu lassen. Irgendwas zum Gucken gibt es immer.

„Irgendwas zum Gucken gibt es immer.“ – Stimmt. // Bilder: © Frank Hebenstreit

Im Südwesten der Insel erhebt sich nun der neue Vulkan Cumbre Vieja, der nicht nur 200 Höhenmeter aufgesattelt hat. Das riesenhafte Lavafeld zu seinen Füßen kann mensch erst aus der Ferne begreifen. Neben den Häusern hat er auch Existenzen vernichtet. Mehre Ortschaften liegen nun fast komplett unter Tonnen von Lava. An den Rändern des Lavastroms stehen Häuser, die es so gerade eben geschafft haben, oder eben auch gerade nicht. Mit beeindruckenden Bildern wartet dieses Naturspektakel auch noch im Nachhinein auf. Ganze Urlaubs- und Küstenorte wie Puerto Naos oder La Bombilla sind gesperrt, wegen des Austritts von Gasen. Berichte von Vögeln, die in die Gegend flogen und dann betäubt vom Himmel fielen und starben, hört mensch nicht nur an einer Stelle.

Der Schaden nach dem Vulkanausbruch im September 2021 auf La Palma ist unübersehbar… // Foto: © Frank Hebenstreit

Etwas ganz Besonderes ist „die Piste“. Eine provisorische Straße über das Lavafeld verbindet den Südwesten mit dem Rest der westlichen Insel. Hier sieht mensch erst recht, mit welcher Rasanz und welch ungebrochenem Willen mit den Folgen umzugehen die Palmeros an die Neugestaltung Ihrer Insel herangehen. Manche Fortschritte konnte man von einem Tag auf den anderen sehen, wie z. B. die Installation der solarbetriebenen Straßenbeleuchtung. Größere Entwicklungen zeichneten sich ab und erstaunten dann nach Tagen in ihrem Gesamtumfang.

Mit jedem Atemzug dieser Insel merkt mensch, dass sie nunmal vom Tourismus lebt und sich anschickt das zurückzuholen, was zwei Jahre Corona und dann noch der Vulkanausbruch ihr genommen haben. Florierenden und bitte auch nachhaltigen Tourismus.

…genauso wenig wie der stete Wiederaufbau // Foto: © Frank Hebenstreit

Mitten auf der Insel lockt El Paso mit einer Vielzahl von Unterkünften. Da der Ort jedoch auch recht hoch liegt kann es schon mal sein, dass sich die Wolken im Laufe des Tages ansammeln und dort sowie in der nahegelegenen Caldera abregnen. Wenn das so ein, zwei Tage passiert — sicherlich nicht schlimm. Zwölf von vierzehn Tagen können da das sonnenhungrige Gemüt allerdings strapazieren.

Die höchste Sonnengarantie im Winter besteht im kleinen Örtchen Tazacorte, das mit allen Annehmlichkeiten aufwarten kann. Schnuckelige Altstadt, kleine Cafés, eine wunderbare Terrasse von der aus das Meer beruhigend daliegt und jeder abendliche Sonnenuntergang zelebriert werden kann. An dieser Stelle liegen auch die beiden ganz offensichtlichen queeren Treffpunkte, die mir auffielen, die Bar Flamingo und mein Lieblingsspot, das La Marmota (das Murmeltier). Beide haben offen eine Regenbogenfahne draußen hängen und signalisieren so einen unkomplizierten Umgang miteinander, der einfach nur wunderbar ist. Ob Männer– oder Frauenpaar, völlig egal, hier ist mensch nur einer von vielen. Bei einem wunderbaren Gin Tonic (für die das La Marmota übrigens schon seit über 20 Jahren legendär ist) oder einfach nur einem Wasser lässt sich das Leben in der atlantischen Sonne wunderbar genießen und die Zeit darf dahinplätschern.

Ganz besonders eingenommen hat mich die Geschichte um die Ladys, die das La Marmota wohl aus der Taufe gehoben haben. Die beiden Frauen haben nicht nur den Laden mit Leidenschaft aufgebaut, sondern hier einen wirkliches Juwel der Gastronomie geschaffen. Da ich die Geschichte nun aber nur vom Hörensagen kenne, reiße ich das nur an. Wer selbst hinreist, mag die Ohren aufhalten und hört sie dann vielleicht selbst.

Bilder: © Frank Hebenstreit

Ich lehne mich dankbar für die Zeit auf der Insel und mit unsere Freunden in meinem Flugzeugsitz nach hinten und weiß: Hier wollen wir wieder hin. Und eine Gewissheit, die haben wir: Dann wird die Insel gaaaanz anders aussehen.

Wir sind sehr gespannt.

Frank Hebenstreit 

Nachtrag: Dieser Artikel ist durch keine Kooperation zustande gekommen, es wurden alle Auslagen vom Autor selbst aufgewendet. Das Fremdenverkehrsamt von La Palma hat leider auf keine Nachfrage nach queerem Urlaub geantwortet. Mit guter Recherche lässt sich aber sicher der kommende Sommerurlaub oder die perfekte Überwinterung gut organisieren.

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