Royale Häppchen zum Fest

Beitragsbild, v. l. n. r.: Blauschimmelkäse-Walnuss-Cracker; Cover; Köchin und Autorin Carolyn Robb // Fotos: © DK Verlag/John Kernick, Rezepte: Carolyn Robb

Die Königin ist tot! Lang lebe der Mythos der Krone! Die ist aber auch tot, irgendwie. Jedenfalls ist Peter Morgans opulente Historien-Soap The Crown auf Netflix mit den verbleibenden sechs Folgen der sechsten Staffel am 14. Dezember 2023 zu Ende gegangen. Aber grämet euch nicht: Das royale Feeling kann auch ganz anders Einzug in die heimischen Palästchen halten. Beispielsweise mit Carolyn Robbs Christmas at the Palace – 50 festliche Rezepte aus der Palastküche, das im August im Verlag Dorling Kindersley erschienen ist und nach Royal Teatime bereits ihre zweite Veröffentlichung zu, nun, eben Orten und Rezepten der bzw. für die Royals ist.

Einmal die royale Familie, medium, bitte

Ergibt Sinn, schließlich war die gelernte Köchin dreizehn Jahre lang als königliche Küchenchefin tätig. Das bedeutet, dass sie ihrerzeit unter anderem für die Königlichen Hoheiten, also Queen „Lilibet“ Elizabeth II. und Philip, Duke of Edinburgh, die damaligen Prince und Princess of Wales aka Charles und Diana, sowie deren Söhne, die Prinzen William und Harry, heute Duke of Sussex, buk und kochte.

Scotch Coffee // © DK Verlag/John Kernick, Rezepte: Carolyn Robb

Das dürfte ihr einiges abverlangt haben, was auch erklären könnte, weshalb selbst die einfacheren Häppchen und Gebäcke nicht nur allesamt mit einem Twist daherkommen, sondern eher etwas für geübtere Küchenhände sind. Gut – den Scotch Coffee, Dom Pedro oder den alkoholfreien Apfel-Granatapfel-Punsch sollten die meisten auch ohne Vorkenntnisse bewerkstelligt bekommen.

Fingerfertigkeit und Geduld

Ebenso sind die Teesandwiches, bspw. mit Ziegenkäse und Avocado, Zitrone und Minze oder Truthahnbraten, Cranberry-Sauce, Walnüssen und Kresse oder auch der Klassiker mit Lachs und Gurke keine harten Herausforderungen. Weisse-Schokolade-Tiffin oder die Ziegenkäse-Blätterteigsterne mit halbgetrockneten Tomaten und Pesto erfordern da schon eher Fingerfertigkeit, ein gutes Auge und Geduld.

Victoria Sandwich Cake – sehr, sehr geil! // © DK Verlag/John Kernick, Rezepte: Carolyn Robb

Das sieht beim Victoria Sandwich Cake mit gerösteten Walnüssen und Beeren oder dem Yule Log (einem Kuchen in Baumstammform) mit Pfefferminz-Buttercreme nicht anders aus. Ein schmackhafter Brombeer-Wodka mag hier für Entspannung sorgen und verspricht ein zügiges Erfolgserlebnis. Sollte es dafür noch zu früh sein, seien die Ricotta-Pancakes mit Brombeerkompott und karamellisierten Walnüssen empfohlen.

Süßes für die gierigen Kleinen

Natrlich gibt es auch Leckereien für die Kleinen: Weihnachtskränze aus Lebkuchenmännern, Zuckermäuse (inklusive Zuckerschock!) oder Baiser-Schneeflocken, die mensch sich auch ins Fenster oder an den heidnischen Baum hängen könnte. Etwas affig kommen die Marshmallow-Schneemänner daher, das hätte mein fünfjähriges Ich allerdings womöglich anders bewertet.

Dekorativ und lecker: Weihnachtskränze aus Lebkuchenmännern // © DK Verlag/John Kernick, Rezepte: Carolyn Robb

Sehr fein, aber auch aufwendig, ist das Lebkuchenhaus-Weihnachtsdorf, für das es in Carolyn Robbs Christmas at the Palace die Schablonen gibt (wenn auch in kleinerem Maßstab, also ist selber nachzeichnen angesagt). Wer sich die Arbeit machen möchte, dürfte dafür im Anschluss sicherlich mit den gierig strahlenden Augen des Nachwuchses belohnt werden.

Tolles Duo: Alkohol und Nüsse

Apropos Dorf und Palace: Dieser Teil findet sich im Abschnitt zum Schloss Windsor, wo, wie wir im Buch erfahren, Queen Victoria und Prince Albert traditionell Weihnachten verbrachten. Zuvor besuchen wir Sandringham House, für Drinks geht es nach Edinburgh Castle, das so eigentlich nicht von den Royals genutzt wird, sondern wenn, dann das nahegelegene Holyrood House. So auch der Name einer Destillerie dort. Allerdings wird auch auf Edinburgh Castle ein zehnjähriger Single-Malt-Whisky hergestellt, wie Robb zu berichten weiß.

Sellerie-Cremesuppe mit gerösteten Haselnüssen // © DK Verlag/John Kernick, Rezepte: Carolyn Robb

So gibt es weitere feine, kleine Anekdoten etwa zu essbaren Geschenken (Hampton Court Palace) wie einem Weisse-Schokolade-Fudge mit Himbeeren und Macadamianüssen, die Liebe Queen Victorias zu Macarons zum Nachmittagstee (Osborne House) und wieso es bedauerlich ist, dass Sellerie in Großbritannien erst ab 1700 und nicht schon während der Tudor-Zeit gegessen wurde (St. James‘s Palace). In dem Kapitel finden wir übrigens zwei sehr feine Sellerie-Rezepte: Eine Cremesuppe mit gerösteten Haselnüssen (ja, für Nussallergiker ist Christmas at the Palace nichts, sagt schon die Scharf-Süße Nuss-Knabbermischung) und ein Gemüsepäckchen im Speckmantel. Abschmecken lässt sich all das mit den selbsthergestellten aromatisierten Meersalzen

Feines Buch für Küchen-Kenner*innen und Royal-Fans

Neben feinen, wenn wie erwähnt auch teils kniffligen, Rezepten findet sich also nettes Angeber*innen-Wissen zu den Royals und von ihnen frequentierten Orten samt Fotografien derselben (wenn auch Balmoral sträflicherweise fehlt, in die Royal Teatime hatte es der Lieblingsort der 2022 verstorbenen Queen noch geschafft). Dazu werden die meisten und zumeist gut erläuterten Rezepte von einem kurzen Text eingeleitet, der über Hintergrund und Besonderheit der Speise aufklärt. Diverse „Profi-Tipps“ zum Verfeinern, Haltbarmachen und Perfektionieren sowie ein sehr gut sortiertes Register runden das Buch ab.

Passt zu jeder Jahreszeit: Tipsy Tart mit Früchten, „auch Cape Brandy Tart genannt, ist ein traditionelles südafrikanisches Dessert und trotz des Namens eigentlich mehr ein Pudding als eine Tarte“, berichtet Carolyn Robb im Abschnitt Blenheim Palace // © DK Verlag/John Kernick, Rezepte: Carolyn Robb

So ist dieses Weihnachten im Palast also für Liebhaber*innen des blaublütigen Stils, Fans von Serien wie The Crown oder Victoria und Menschen, die es gern verspielt auf dem Teller mögen, eine absolute Empfehlung. Angemerkt sei allerdings, dass Backwerk den überwiegenden Teil ausmacht und deftigere Speisen eher in Häppchenform daherkommen. Den royalen Weihnachtsbraten entdeckt mensch in Christmas at the Palace nicht. Doch wer weiß, womöglich gibt es Braten ja zu Easter at the Palace…

AS

Eine Leseprobe findet ihr hier.

Carolyn Robb, John Kernick (Fotografie): Christmas at the Palace – 50 festliche Rezepte aus der Palastküche; August 2023; Aus dem Englischen von Daniela Schmid; 160 Seiten, über 100 Fotos; Hardcover, gebunden; Format: 17,8 x 22,3 cm; ISBN: 978-3-8310-4786-4; Dorling Kindersley Verlag; 19,95 €

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