„Jedes Kilowatt zählt“

Ende März in Deutschland, der Frühling ist quasi da und die Vorhersagen, dass wir in eine Gasmangellage geraten könnten, haben sich glücklicherweise nicht bestätigt. Im Gegenteil, die deutschen Speicher sind noch zu knapp zwei Dritteln gefüllt. Das liegt auch – das muss trotz aller fragwürdigen Reisen nach Katar anerkannt werden – daran, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck so gut es ging alternative Gaslieferanten zu Russland gewinnen konnte und gleichzeitig der letzte Rest an Laufzeit aus den verbleibenden deutschen Atommeilern herausgequetscht wird und wurde.

Das jedoch darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Energiepreise exorbitant hoch sind, die Kohlekraftwerke auf Hochtouren laufen und wir mir jedem Gramm fossiler Brennstoffe, den wir für Strom und Wärme verheizen, die Klimakrise weiter vorantreiben. Sowohl aus finanzieller als auch aus ökologischer Perspektive sollten wir also nicht davon ablassen, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Und hier ist ausnahmslos jede und jeder von uns gefragt. Ausnahmslos.

Sparen im Alltag

Tipps hierfür gibt es nicht nur vom grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Winfried Kretschmann, sondern auch in so manchen Ratgebern. Einer davon wurde vom oekom e. V. sowie dem Mitbegründer des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e. V.) Maximilian Gege veröffentlicht. Energiesparen leicht gemacht – Von Heizen bis Stromsparen: Über 100 überraschende Alltagstipps erschien im Sommer 2022 im oekom Verlag, hat aber auch in der zu Ende gehenden Heizperiode nichts an Aktualität verloren.

In sechs Kapiteln zuzüglich einer kurzen Einführung durch Gege samt einiger Statistiken zum Energieverbrauch der Privathaushalte und zu Stromsparpotenzialen werden uns verschiedene Möglichkeiten der Energieeinsparung vorgestellt. Von Gebäuden und allgemeinen Möglichkeiten der Beheizung der eigenen vier Wände über kluges Agieren in der Küche oder im Badezimmer wird eine Reihe von Alltagsbereichen abgedeckt. In Zeiten von Homeoffice und Streaming gehen die Macherinnen und Macher außerdem auf die kluge Nutzung digitaler Geräte und Anwendungen und allgemein smarten Lösungen für Wohnung und Haus ein. Ein kurzer Exkurs in nachhaltige Finanzanlagen beschließt dieses schmale Büchlein von weniger als 100 Seiten.

Besser geht immer

In all diesen Bereichen dürften die meisten von uns noch irgendwo Optimierungspotenzial besitzen. Sei es die Verwendung von Energiesparlampen, die Dämmung des Hauses oder der Wohnung oder so banale Dinge wie wassersparende Duschköpfe, die Haare an der Luft statt mit dem Fön zu trocknen oder die Nutzung von Deckeln für den Topf, viele der Tipps, die die Autorinnen und Autoren hier aufführen, dürften im Alltag alles andere als schwierig umsetzbar sein.

Natürlich gibt es auch Punkte, die zu größeren Investitionen anregen. Ein Passivhaus beispielsweise kann nicht jede und jeder spontan bauen oder kaufen und auch bei einem neuen Kühlschrank oder einer energiesparenden Waschmaschine müssen viele vermutlich erst einmal gucken, wie sie dies finanzieren können.

Transparenz schaffen

Aber um die mögliche Ersparnis in Euro und dem Treibhausgas Kohlendioxid für die Leserinnen und Leser kenntlich zu machen, gibt es am Ende fast aller Kapitel eine Übersichtstabelle, die die Chancen dieser einfachen Maßnahmen kompakt für verschiedene Haushaltsgrößen darstellt. Inwieweit diese Darstellungen und Einsparpotenziale der Realität entsprechen, hängt vermutlich sowohl von den Energiepreisen als auch vom bisherigen Verbrauch ab, aber auf jeden Fall haben die Leserinnen und Leser hier eine Möglichkeit, das Potential beispielsweise beim Austausch des Kühlschranks einzusehen und gegen die vorerst anfallenden Kosten abzuwägen.

Das ist nämlich das Wichtigste bei diesem Thema: die Schaffung von Transparenz. Viele Menschen dürften nicht wissen, wie viel Strom und Wärmeenergie sie in ihrem Alltag vollkommen ohne oder nur mit geringen Einschränkungen einsparen könnten. Dieser kleine Ratgeber schafft die Transparenz, die hierfür notwendig ist. Dabei fällt es auch nur gering ins Gewicht, dass die Aufmachung eher in Richtung Lehrbuch oder Informationsbroschüre der Verbraucherzentralen geht. Form follows function gilt auch hier.

Was ist mit Mobilität?

Was allerdings etwas negativ auffällt, ist, dass ein Bereich unseres Alltags vollkommen zu fehlen scheint: Mobilität. Gerade im Verkehr, auf dem Weg zur Arbeit, ins Restaurant, in die Kita oder wohin auch immer verbrauchen wir viel Energie in Form von Treibstoff (und vielleicht eines Tages e-Fuels), wenn das Auto genutzt wird. Und gerade auf dem Land ist das ein wesentlicher Faktor.

Natürlich ist es trivial, dass die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder des Fahrrads mit einem niedrigeren Verbrauch an Treibstoff einhergeht, aber dennoch gäbe es auch hier Möglichkeiten, noch einmal Einsparpotenziale aufzuzeigen – immerhin sind auch die meisten anderen genannten Einspartipps in gewisser Weise trivial. Und selbst, wenn es nur darum geht, kleinere Autos oder solche mit alternativen Antrieben anzupreisen, hier hat die Herausgeberschaft eine große Lücke zugelassen. Auch wenn Deutschland laut Zahlen aus dieser Woche die Klimaziele für 2022 erreicht hat, gerade beim Verkehr hat die Bundesrepublik im vergangenen Jahr die Zielmarken deutlich gerissen (ein Gruß geht an die FDP und Volker Wissing).

Sparen ist für alle da

Das jedoch schmälert nicht die mehr als 100 Tipps, die Maximilian Gege und die Herausgeberinnen und Herausgeber von Energiesparen leicht gemacht geben. Wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, unsere Abhängigkeit von Ressourcenimporten zu mindern. Am besten geht dies über den Verbrauch.

Und der beste Verbrauch ist der, der gar nicht erst anfällt. Gege und der oekom e. V. haben ein paar einfache, aber wirksame Tipps zusammengestellt, mit denen erst einmal kein oder wenig Komfortverlust verbunden ist, die im Alltag aber viel bringen können. Und wenn wir zusätzlich anfangen, auch ein wenig über unseren Konsum nachzudenken und ihn, wo nicht unbedingt erforderlich, auch beginnen einzuschränken, dann tun wir etwas für unseren Geldbeutel und für den Erhalt der Erde gleichermaßen. Gerade wenn wir wieder in den Frühling und Sommer gehen, besteht durchaus die Gefahr, dass mancher Sparwillen wieder etwas abnehmen könnte…

HMS

Eine Leseprobe findet ihr hier.

Maximilian Gege (Hrsg.): Energiesparen leicht gemacht. Von Heizen bis Stromsparen: Über 100 überraschende Alltagstipps; Oktober 2022; 96 Seiten; Softcover; ISBN 978-3-96238-407-4; oekom verlag; 12,00 €

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